Nach Chat-Affäre

Klagenfurts Vizebürgermeister Philipp Liesnig tritt zurück

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Der Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) ist von seiner Funktion zurückgetreten, wie er am Freitag in einer Aussendung mitteilte.

Als Grund für den Rücktritt nennt Liesnig eine "toxische Atmosphäre" im Rathaus und weniger die kürzlich öffentlich gewordenen parteiinternen Chatverläufe. Die Stadtpolitik befinde sich in einer Situation, "in der in dieser Konstellation keine vernünftige Zusammenarbeit mehr für die Stadt Klagenfurt möglich scheint".

In Klagenfurt hatten vor Kurzem geleakte Chats aus einer SPÖ-internen Gruppe die Runde gemacht, in denen sich teils hochrangige Funktionäre der SPÖ Klagenfurt austauschten - und das teilweise in wüster Manier. Liesnig selbst tat sich dabei unrühmlich hervor, bezeichnete einen FPÖ-Mandatar sogar als "miese Ratte" und den amtierenden Magistratsdirektor Stéphane Binder als "ahnungslos" und "inkompetent". Für die Wortwahl entschuldigte sich Liesnig, verteidigte aber die Intention - die Kritik habe er in abgeschwächter Form immerhin auch öffentlich geäußert.

Kritiker des neu gewählten Bürgermeisters Scheider

Liesnig war im Oktober 2021 als neuer Vizebürgermeister der Landeshauptstadt angelobt worden, er folgte auf Jürgen Pfeiler, der das Amt aus persönlichen Gründen zurückgelegt hatte. Von Anfang an tat er sich als besonders engagierter Kritiker des neu gewählten Bürgermeisters Christian Scheider (Team Kärnten) hervor - auch noch während der gemeinsamen Zeit während des Klagenfurter "Arbeitsübereinkommens" bestehend aus SPÖ, Team Kärnten und ÖVP. So thematisierte Liesnig - laut ihm zu Unrecht erfolgte - Überstundenzahlungen, die auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan riefen, und sprach Scheider sogar die Eignung für das Bürgermeisteramt ab.

Die Streitigkeiten wurden mit der Zeit nicht weniger: Als Scheider den Vertrag mit Magistratsdirektor Peter Jost per Notfallparagraf verlängerte, verstärkte Liesnig den Druck noch weiter. Jost wurde später vom Gemeinderat abberufen, er prozessiert momentan dagegen. Als im Verlauf der Causa Jost Ermittlungen gegen den Kärntner Investigativjournalisten Franz Miklautz bekannt wurden, löste Liesnig das "Arbeitsübereinkommen" ganz auf. Gegen Miklautz war ermittelt worden, weil er üppige Überstundenzahlungen an den Magistratsdirektor thematisiert hatte. Die Ermittlungen wurden rasch eingestellt - Liesnig begründete aber das Ende der Zusammenarbeit damit, dass die Anzeige aus dem Umfeld des Bürgermeisters erfolgt sei, wogegen wiederum der sich wehrte.

Wirbel um Neubesetzung des Magistratsdirektor-Postens

Doch auch Kritik an Liesnig wurde laut - spätestens, als es um die Neubesetzung des Magistratsdirektor-Postens ging. Liesnig wollte den Erstgereihten des Auswahlverfahrens, Jürgen Dumpelnik, so rasch wie möglich ins Amt hieven - Dumpelnik wird nicht nur SPÖ-Nähe nachgesagt, er ist auch persönlich mit Liesnig befreundet. Der Antrag für Dumpelniks Bestellung sorgte allerdings für Aufregung: Dumpelnik hatte behauptet, er kenne den Antrag, in dem es auch um sein Gehalt geht, nicht. Später wurden dann aber die Metadaten des Antragsdokuments publik, in denen Dumpelnik selbst als Autor aufschien.

Grund genug für die inzwischen neu gegründete Projektpartnerschaft aus Team Kärnten, ÖVP und FPÖ, den Magistratsdirektor-Posten neu auszuschreiben - und den Druck auf Liesnig zu verstärken. Die Chat-Affäre, die auch ein höchst ungünstiges Bild auf weite Teile des roten Gemeinderatsklubs wirft, poppte da zur Unzeit auf. In Liesnigs Rücktrittserklärung nimmt diese aber nur einen kleinen Teil ein, er betont, sich dafür entschuldigen zu wollen. Sie seien auch nicht Hauptgrund für seinen Rücktritt - vielmehr sei dieser erfolgt, "um die vorhandene Pattsituation für die Zukunft unserer schönen Stadt aufzulösen".

Liesnig ging zum Angriff über

Zum Abschied ging Liesnig auch noch zum Angriff über. Sein Ziel sei es gewesen, einen neuen Weg einzuschlagen: "Stattdessen findet man in der Stadtpolitik Klagenfurts eine toxische Atmosphäre vor. Kaum einen Tag habe ich erlebt, an dem das gemeinsame Ziel über die trennende Taktik gestellt worden wäre. An Stelle eines Bürgermeisters und eines Stadtsenatsteams, das das Wohl der Stadt im Sinne hat, wurde schnell klar, dass eine kleine Buberl-Partie versucht das ganze Rathaus, die Stadt und damit die Klagenfurterinnen und Klagenfurter in Geiselhaft zu nehmen. Das teilweise mit ungustiösen und teilweise mit illegitimen Methoden." Es sei ihm aber nicht gelungen, "dieses Verständnis von Politik zu durchbrechen".

Anders fiel die Wahrnehmung der anderen Gemeinderatsparteien aus. "Ich begrüße die getroffene Entscheidung im Sinne der Stadt, wünsche Philipp Liesnig für seine persönliche Zukunft dennoch alles Gute", sagte Bürgermeister Scheider in einer Aussendung. Aber: "Ich bedauere die von Liesnig eingeschlagene Linie des Dauerkonflikts zu Lasten der Stadt. Wir waren von Anfang an kooperationsbereit, doch er wollte diesen Weg nicht mitgehen." Nun appelliere er, "dass die SPÖ jetzt wirklich den Weg für eine sachliche Zusammenarbeit für die Stadt Klagenfurt und die Bevölkerung einschlägt".

"Eindruck, Politik würde nur als Spiel angesehen"

ÖVP-Klubobmann Julian Geier sagte zur Rücktrittserklärung: "Unter Liesnigs Ära hatte man oft den Eindruck, die Politik würde nur als Spiel angesehen, in dem es um Jobs für Freunde oder Einfluss für die Partei geht." Die Menschen in Klagenfurt würden sich erwarten, dass für eine positive Entwicklung der Landeshauptstadt gearbeitet wird. "Die kommenden Tage und Wochen werden zeigen, ob es der SPÖ ernst damit ist ihre Verantwortung für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt wieder wahrzunehmen", so Geier.

Und die Stadtparteiobfrau der Grünen, Margit Motschiunig, hält den Rücktritt Liesnigs für einen "wichtigen und richtigen Schritt". Dieser Schritt allein würde jedoch nicht automatisch die "destruktive Blockadehaltung" und die politische "Pattsituation in der Klagenfurter Stadtpolitik" beenden.

Wer Liesnig nachfolgen soll, war vorerst völlig unklar.

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