Kritik an Putin-Besuch
Kneissl-Hochzeit wird Staats-Affäre
16.08.2018
Jawort in den Weinbergen, Auftritt von Kosaken – so soll Kneissls Hochzeit laufen.
Wien/Graz/Moskau. Es ist die Sensationshochzeit des Jahres – und sie ist politisch hochbrisant. „Zar“ Wladimir Putin kommt morgen, Samstag, zur Vermählung von Außenministerin Karin Kneissl und ihrem Lebensgefährten Wolfgang Meilinger. ÖSTERREICH recherchierte, wie das Fest laufen soll:
- Gasthaus ab 12 Uhr reserviert. Schauplatz ist das Gasthaus Tscheppe an der südsteirischen Weinstraße. Das Haus von Haubenkoch Heinz Preschan (Spezialität Backhendl) ist ab 12 Uhr Mittag bis circa 20 Uhr reserviert.
- 12 Uhr: Sammeln in Gamlitz. Die Hochzeitsgäste – rund 100 Personen – sammeln sich in Gamlitz, von dort geht es zum Tscheppe. Angesagt ist neben Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die gesamte FPÖ-Regierungsmannschaft mit Vizekanzler HC Strache an der Spitze. Der erklärte den Putin-Besuch in einer SMS an oe24 „mit der hohen Wertschätzung Putins für die Außenministerin“. Strache hat enge Beziehungen zur Putin-Partei Einiges Russland.
- 13.30 Uhr: Putin schwebt ein. Gegen 13.30 Uhr soll Putin ankommen, angeblich per Helikopter aus Graz, wo sein Präsidenten-Jet auf dem Weg nach Berlin parken wird. Die Sicherheitsvorkehrungen sind enorm: Hunderte Polizisten sind im Einsatz (s. u.). In den Weinbergen beim Gasthaus sollen sich Kneissl und Meilinger das Jawort geben.
- Kosaken & vegetarische Kost. Wie ÖSTERREICH aus diplomatischen Kreisen bestätigt wurde, will Putin als Überraschung eine Kosaken-Volksmusikgruppe mitbringen, die auch auftreten soll. Gourmetkoch Preschan hat ein „vorwiegend vegetarisches Menü“ vorbereitet. Motto „moderne steirische Küche, Kren, Apfel, Kernöl“, wie er ÖSTERREICH verriet.
- 15.30 Uhr: Putin reist ab. Spätestens ab 16 Uhr sollte Putins Jet in Graz-Thalerhof abheben – außer, er lässt Angela Merkel warten: Der Russe ist um 18 Uhr mit der deutschen Kanzlerin auf Schloss Meseberg in Brandenburg (nahe Berlin) verabredet. Dort wird der „Zar“ im Barockschloss nächtigen.
(wek, gü)
Hochzeit wird Staatsaffäre
Die Wogen gehen hoch: So schreibt die Außenpolitikexpertin des ukrainischen Parlaments, Hanna Hopko, dass man Österreich jetzt nicht mehr als Vermittler sehen könne. Der grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon (Foto) fordert gar Kneissls Rücktritt: „Ein Despot ist nie privat. Sie verspielt die Reputation des Landes.“ Um Schaden von Österreich abzuwenden, solle sie sofort zurücktreten.
Keine Logik. Auch der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas sieht Putins Besuch kritisch: „Mir ist die Logik und die Absicht, ein so persönliches Fest auf diese Art und Weise politisch zu inszenieren und missbrauchbar zu machen, verschlossen“, sagte er der Tiroler Tageszeitung: „Für mich bleibt eine Hochzeit ein zutiefst privates Ereignis.“
Schutz: Kosten bis zu 40.000 Euro
Mehrere hundert Beamte werden rund um Kneissls Hochzeit im Einsatz sein, um die Sicherheit des russischen Präsidenten Putin zu gewährleisten. Der Russe wird in Graz landen und wahrscheinlich mit dem Helikopter zur steirischen Weinstraße gebracht.
Diesmal keine Eurofighter. Als Putin das letzte Mal in Österreich war, sicherten auch vier Eurofighter den Präsidenten – diesmal sei das aber nicht der Fall, so das Bundesheer. Im Einsatz waren damals 1.600 Polizisten und 900 Soldaten. Und so fielen alleine beim Bundesheer 2.413 Überstunden an. Die Gesamtkosten damals: 67.000 Euro kostete der Heeres-, weitere 355.000 Euro der Polizeieinsatz.
Sicherheitsfirma. Kneissl wird für die Hochzeit selbst eine private Sicherheitsfirma engagieren – und diese selbst bezahlen.
(gü, knd)
Karas versteht Logik hinter Putin-Einladung nicht
Auch der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas sieht die Teilnahme von Kreml-Chef Wladimir Putin an der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) kritisch. "Mir ist die Logik und die Absicht, ein so persönliches Fest auf diese Art und Weise politisch zu inszenieren und missbrauchbar zu machen, verschlossen", sagte er der "Tiroler Tageszeitung" (Freitagsausgabe).
"Für mich bleibt eine Hochzeit ein zutiefst persönliches und privates Ereignis mit den engsten Freunden, sodass ich beiden alles Gute wünsche", erklärte Karas weiter. Zuvor hatten der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon, Russland-Experte Gerhard Mangott sowie die Liste Pilz die Einladung des russischen Präsidenten scharf kritisiert.
FPÖ-Pressesprecher Lepuschitz lobt Außenministerin
Heimo Lepuschitz, Leiter der FPÖ-Regierungskommunikation, applaudierte der Außenministerin hingegen auf Twitter wegen der Einladung. "Österreich als Brückenbauer in bester Tradition Bruno Kreiskys", kommentierte er den Besuch. "Bravo @Karin_Kneissl."
Nach massiver Kritik aus der Ukraine betonte das Außenministerium am Donnerstag, dass Putins Teilnahme nichts an der außenpolitischen Positionierung Österreichs ändere. Die Visite gilt nach Angaben des Außenministeriums als Arbeitsbesuch.
Ein Treffen mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der zu den Hochzeitsgästen Kneissls zählt, ist wahrscheinlich. Seinen eigentlichen österreichischen Amtskollegen, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, wird Putin nicht treffen.
"Private Feier und persönlicher Besuch"
"Es ist in erster Linie eine private Feier und ein persönlicher Besuch und daraus ergibt sich keine Änderung der außenpolitischen Positionierung Österreichs", sagte ein Sprecher des Außenministeriums der APA. Die Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im ukrainischen Parlament, Hanna Hopko, hatte zuvor scharfe Kritik an der Hochzeitseinladung für Putin geübt. "Von nun an kann Österreich kein Vermittler in der Ukraine mehr sein", schrieb Hopko auf Twitter. Die Anwesenheit Putins bei der Hochzeit der österreichischen Außenministerin bezeichnete sie als "deutlichen Schlag gegen europäische Werte".
Auch der Grüne EU-Abgeordnete Reimon übte scharfe Kritik an der Einladung. "Ein Despot ist nie privat", teilte Reimon der APA am Donnerstag mit. Schwarz-Blau werde "als verlängerter Arm des russischen Regimes in der Europäischen Union wahrgenommen und verspielt die gute Reputation des Landes". Um Schaden von Österreich abzuwenden, solle Kneissl daher "sofort zurücktreten". "Tut sie das nicht freiwillig, sollte Bundeskanzler Kurz sie dem Bundespräsidenten (Alexander Van der Bellen; Anm.) noch heute zur Entlassung vorschlagen", forderte Reimon. "Wladimir Putin ist der aggressivste außenpolitische Gegner der EU. Da ist es vollkommen inakzeptabel von Kneissl, Putin privat auf ein Fest einzuladen."
Putin-Besuch nachteilig
Der Russland-Experte Gerhard Mangott wertete den Putin-Besuch ebenfalls als "nachteilig" für Österreich. "Der Besuch schürt das Misstrauen, dass das Land ein trojanisches Pferd Russlands in der EU ist", sagte er am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich erfahre die russlandnahe FPÖ "eine deutliche Aufwertung". Putin erhalte die Gelegenheit zu demonstrieren, dass er nicht isoliert sei, sondern in einem EU-Land auch gesellschaftlich hochwillkommen.
Ganz privat wird der russische Präsident nicht unterwegs sein. Die Visite sei ein Arbeitsbesuch, bestätigte ein Sprecher des Außenministeriums am Donnerstag der APA. Es gebe "die übliche Sicherheitsbetreuung für den Besuch eines ausländischen Staatsgastes", sagte er auf die Frage, wer die Kosten für die Sicherheitsvorkehrungen trage. "Die russische Seite zahlt sich ihre Kosten selbst", fügte der Sprecher hinzu. Kneissl übernehme die Kosten für die Hochzeitsfeier, "einschließlich der Kosten für die private Sicherheitsfirma".
Liste Pilz übt Kritik
Die Liste Pilz übte scharfe Kritik an der Darstellung des Außenministeriums. "Das wäre wohl die erste Hochzeit, auf der die Braut arbeiten müsste", ätzte Klubobmann Bruno Rossmann am Donnerstag gegenüber der APA. "Wenn ein Kleinunternehmen private Anschaffungen in der Steuererklärung als Betriebsausgaben angibt, grenzt das an Steuerhinterziehung. Für die Regierung gelten aber offenbar andere Regeln", empörte sich der Oppositionspolitiker, der auch die "denkbar schiefe Optik" des Putin-Besuchs monierte. "Wie soll Österreich auf der außenpolitischen Bühne als Vermittler wahrgenommen werden, wenn ein offensichtliches Naheverhältnis zwischen dem russischen Präsidenten und der österreichischen Außenministerin herrscht?"
Um die Sicherheit Putins zu gewährleisten, werden am Samstag Hunderte Polizisten in der Südsteiermark im Einsatz sein. Der Sprecher der Landespolizeidirektion Steiermark, Franz Grundnig, verwies diesbezüglich auf das Sicherheitspolizeigesetz und völkerrechtliche Verpflichtungen. Die Kosten für den Polizeieinsatz müsse das Innenministerium tragen, bestätigte er.
Van der Bellen nicht anwesend
Während Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu den Hochzeitsgästen Kneissls zählt und ein Treffen mit Putin wahrscheinlich scheint, wird der Kreml-Chef seinen eigentlichen österreichischen Amtskollegen, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, nicht treffen. "Der Bundespräsident wird nicht an der Hochzeit teilnehmen", bestätigte der Sprecher des Bundespräsidenten auf APA-Anfrage.
Die Vorbereitungen liefen am Donnerstag auf Hochtouren. Vom Flughafen Graz-Thalerhof hob am frühen Nachmittag eine russische Staatsmaschine in Richtung Russland ab, deren Besatzung offenbar mit den Vorbereitungen der Visite befasst gewesen war.
Putin kommt mit Flugzeug an
Putin wird am Samstag mit einem Flugzeug in Graz ankommen, spekuliert wurde über eine Ankunft um die Mittagszeit. Wie der russische Präsident dann weiter zum Trauungsort in der Südsteiermark gebracht wird, war am Donnerstag noch nicht sicher. Laut der Polizei gab es mehrere Ablauf-Varianten. Auch die Spezialeinheit "Cobra" wird im Einsatz sein. Details des Sicherheitskonzepts wurden nicht verraten, auch die genaue Ankunftszeiten. Die Veranstaltungsorte wurden nicht offiziell kommuniziert. Im Gespräch seien jedoch unter anderem die regional bekannten Gasthöfe Wratschko in Gamlitz und Tscheppe an der Weinstraße, berichteten Medien am Donnerstag.
Fest steht bisher nur, dass Putin die grüne Mark am späten Nachmittag wieder verlassen sollte, wenn er seine nächste Gastgeberin - die deutsche Kanzlerin Angela Merkel - nicht versetzen will. Mit ihr will er um 18.00 Uhr in Meseberg bei Berlin vor die Presse treten.