Gemeinsame Linie
Koalition einigt sich auf Pensionsreform
01.03.2016
SPÖ und ÖVP verständigen sich auf Maßnahmen im Pensionssystem.
Nachdem die Koalition in der Flüchtlingspolitik eine gemeinsame Linie gefunden hat, ist ihr das fürs Erste auch bei den Pensionen gelungen. Nach langen bis zuletzt mühseligen Verhandlungen hat man sich Montagabend auf ein Pensionspaket geeinigt, das zwar nicht spektakulär ist, aber doch die eine oder andere relevante Maßnahme, vor allem für Frauen, bringt.
Stabiles System
Auf eine wirklich große System-Umstellung konnten oder wollten sich SPÖ und ÖVP nicht verständigen. Das war freilich auch nicht zu erwarten, umso mehr als die Bundespräsidenten-Wahlen anstehen und weder Rote noch Schwarze die älteren Stimmberechtigten verunsichern wollen.
Zudem wurde Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) auch am Montag sowohl vor als auch nach den abschließenden fünfstündigen Verhandlungen nicht müde zu betonen, dass das System stabil sei und dies auch in den kommenden Jahrzehnten bleiben werde. Gegangen sei es daher - wie bei der Regierungsklausur vor elf Monaten vereinbart - nur um eine Weiterentwicklung.
"Gerechtigkeitsmechanismus"
Dass diese für seinen Geschmack noch weiter hätte gehen können, verhehlte Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) nicht. Sein Argument: Mit größeren Schritten hätte man sich weitere Pensionsdebatten für eine längere Zeit erspart. Immerhin bestand am Montag Konsens darüber, dass die Diskussion mit dem nun vereinbarten Paket für die laufende Legislaturperiode beendet sei, müsse man doch einmal schauen, wie sich die beschlossenen Maßnahmen auswirken.
Schellings Prestigeprojekt, der "Gerechtigkeitsmechanismus", schaffte es immerhin in das gemeinsame Papier, das am Dienstag dem Ministerrat präsentiert werden soll. Kernpunkt darin ist, dass bei Abweichungen vom Kostenpfad eine neu aufgestellte Pensionskommission Vorschläge vorlegen soll. Diese müssen dann von der Regierung entweder übernommen werden oder sie überlegt sich selbst etwas: "Fest steht, die Regierung muss handeln", betonte Schelling. Freilich behält das letzte Wort das Parlament und das ohne Zeitvorgabe.
Neue Pensionskommission
Eine Schlüsselrolle soll jedenfalls der neuen Pensionskommission zukommen. Die derzeit tätige hat sich als wenig effizient erwiesen, kein Wunder bei über 30 Mitgliedern mit unterschiedlichsten Interessen. Zuletzt hatte nicht einmal das Gutachten über die Entwicklung der Pensionskosten in der Kommission eine Mehrheit gefunden.
Nunmehr wird das Gremium verschlankt, eine Halbierung der Mitglieder ist das Ziel. Neben den Sozialpartnern sollen heimische und internationale Wirtschaftsforscher bzw. Sozialexperten den Kern der Gruppe bilden.
Keine Erhöhung des Frauenpensionsalters
Bereits abgefahren ist der Zug für eine vorzeitige Erhöhung des Frauenpensionsalters, da sich die SPÖ dagegen erfolgreich quergelegt hat. Damit Frauen dennoch länger im Arbeitsprozess bleiben, wird ihnen nun von 60 bis 63 ein Bonus angeboten. Wer über das gesetzliche Antrittsalter hinaus im Job bleibt, kann sich über eine Halbierung der Pensionsversicherungsbeiträge freuen.
Abgemildert werden sollen auch Nachteile, die Frauen entstehen, die sich länger der Kinderbetreuung widmen. Das Pensionssplitting zwischen den Partnern soll nun pro Kind für sieben Jahre möglich werden, bisher waren es vier. Maximal sind 14 Jahre gestattet. Zudem gibt es die Möglichkeit, Kinderbetreuungszeiten anrechnen zu lassen, um auf die 15 nötigen Jahre für die Mindestpension zu kommen.
Erhöhung der Ausgleichszulage
Vor allem für Niedrigverdiener interessant ist eine Erhöhung dieser Ausgleichszulage (für Alleinstehende) auf 1.000 Euro. Diese kommt allerdings nur dann zur Geltung, wenn die betroffene Person 30 echte Beitragsjahre auf dem Buckel hat. Gut 20.000 Personen sollten profitieren. Für alle Übrigen bleibt es bei den rund 883 Euro.
Die größten Probleme im Pensionssystem machte zuletzt die Invaliditätspension bzw. das Reha-Geld bei den unter 50-Jährigen. Hier wurde ein ganzes Bündel an Maßnahmen, das sich an den Vorschlägen der Sozialpartner orientiert, vereinbart. Unter anderem soll bei Langzeit-Krankenständen schon nach vier Wochen eine Beratung durch die Krankenkasse erfolgen. Zudem soll die Wieder-Integration in den Arbeitsmarkt nach langen Krankenständen verbessert werden. Schließlich ist vorgesehen, eine stärkere Kooperation von Kranken- und Pensionsversicherung sowie vom AMS zu etablieren.
Wohl eher ein Projekt für die nächste Legislaturperiode ist eine weitere oder schnellere Harmonisierung der Pensionssysteme. Zumindest als Ziel gab sie Schelling Montagabend schon einmal aus.