Faymann kündigt für das Frühjahr ein Sparpaket von bis zu 2 Mrd. € an
Am Mittwoch will die Koalition einen neuen Anlauf für die Schuldenbremse als Verfassungsgesetz. Doch schon längst verhandelt die Koalition über Sparpakete, die zur Erreichung des Defizit-Ziels geschnürt werden müssen.
In ÖSTERREICH kündigt Kanzler Werner Faymann an: „Es wird nicht nur Einsparungen, sondern auch neue Einnahmen geben.“
- Neue Einnahmen: Tatsächlich drängt die SPÖ in den diskreten Gesprächen auf „vermögensteuerliche Elemente“. Konkret will sie den Wertzuwachs von Immobilien besteuern, wenn diese später verkauft werden. Ebenfalls im Gespräch sind eine Reform der Gruppenbesteuerung, die Abschaffung der steuerlichen Absetzbarkeit von Manager-Boni sowie ein Aufschlag auf die Einkommensteuer bei Gagen über 300.000 €/Jahr. Damit wäre das „No-go“ der ÖVP, nämlich eine Substanzbesteuerung, respektiert, glauben die SPÖ-Verhandler.
- Stopp bei den Ausgaben: Gespart werden soll – da sind sich SPÖ und ÖVP einmal einig – bei Förderungen. Wobei die Roten vor allem bei Wirtschafts- und Agrargeldern ansetzen wollen, hier sieht man ein Sparpotenzial von bis zu einer Milliarde Euro. Die ÖVP wiederum hat dem Koalitionspartner ein sogenannten „Six-Pack“ von Sparvorschlägen vorgelegt. Die größten Brocken: Pensionen und ÖBB. Bei der Bahn scheint die SPÖ jetzt einzulenken, Faymann kündigte in einem Radio-Interview sogar an, gewisse Infrastruktur-Projekte zu „überprüfen, ob wir sie uns überhaupt noch leisten können“. Doch die ÖVP will mehr: Schnitte bei den Pensionen (Anhebung des Antrittsalters von 58 auf 62 bis zum Jahr 2020) – und dramatische Einsparungen im Gesundheitssystem.
Der Fahrplan: Faymann will mit seinem Staatssekretär Josef Ostermayer ein Konzept ausarbeiten, bis Februar soll das Paket stehen, im April steht der Beschluss des Finanzrahmens bis 2017 an. Dann soll klar sei, wo wir zur Kasse gebeten werden – und worauf wir künftig werden verzichten müssen.
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ÖSTERREICH: Was bedeuten die Gipfelbeschlüsse für Österreich?
Werner Faymann: Durch das Vorziehen des ESM auf 2012 ist der Schutzschirm stärker. Für uns ist das ein Schutz vor einer Kettenreaktion z. B. durch eine Rezession in Italien.
ÖSTERREICH: Und die strengeren Budgetregeln?
Faymann: Jedes Land hat sich zu einer Schuldenbremse im Verfassungsrang mit einem maximalen strukturellen Defizit von 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung verpflichtet. Wir sogar zu 0,35 Prozent. Bei der Neuverschuldung gelten nach wie vor die 3 Prozent als Grenze. Wenn diese überschritten wird, soll das Defizitverfahren automatisch beginnen. Ich werde alles tun, damit wir schon 2012 aus dem Verfahren herauskommen.
ÖSTERREICH: Braucht es dazu ein Sparpaket?
Faymann: Nicht so sehr für die Reduktion des Defizits auf unter 3 %. Aber wir müssen dem Parlament bis April den Finanzrahmen von 2013 bis 2016 vorlegen. Das wird schon Teil der Schuldenbremse. Insgesamt ergibt das einen Konsolidierungsbedarf von 1,5 bis 2 Milliarden Euro im Jahr. Das werden nicht nur Einsparungen sein, sondern auch neue Einnahmen. 2017 erreichen wir so das strukturelle Defizit von 0,35 Prozent. Und bis 2020 oder 2021 könnten wir den Gesamtschuldenstand in Richtung 60 % des BIP reduzieren.
ÖSTERREICH: Wie wollen Sie die Opposition von der Schuldenbremse überzeugen?
Faymann: Jedes Prozent Zinsaufschlag kostet über Jahre gerechnet mehrere Milliarden Euro. Die Schuldenbremse zeigt den Finanzmärkten, dass wir ernsthaft sparen.
ÖSTERREICH: Sind die Gipfelbeschlüsse ausreichend?
Faymann: In der Eurozone werden Beschlüsse durch 17 Parlamente und mehr als 40 Parteien gefasst. Ich wünsche mir da mehr Tempo.
ÖSTERREICH: Wie?
Faymann: Durch mehr Gemeinsamkeit. Wenn wir dazu aber Kompetenzen bei der Wirtschaftspolitik, bei Steuern, bei Pensionen z. B. an einen EU-Kommissar abgeben, bräuchten wir dafür jedenfalls eine Volksabstimmung in Österreich.
ÖSTERREICH: Jetzt nicht?
Faymann: Nein. Was wäre die Frage? Ob wir die vor 20 Jahren beschlossenen Regeln einhalten sollen? Nichts anders bedeuten die Gipfelbeschlüsse.
ÖSTERREICH: Reicht der Schutzschirm aus EFSF und ESM?
Faymann: Wir wissen nicht, ob Länder wie Spanien oder Italien am freien Markt Staatsanleihen platzieren können. Italien braucht in den kommenden Monaten 300 Milliarden Euro. Ich unterstütze daher eine stärkere Rolle der Zentralbank, etwa beim Kauf von Staatsanleihen. Rettungsmaßnahmen dürfen aber kein Fass ohne Boden sein, daher die Gipfelbeschlüsse. Diese strengen Regeln, die wir auf dem Gipfel beschlossen haben, sind eine Grundvoraussetzung für alle weiteren Maßnahmen zur Stabilisierung der gemeinsamen Währung.
K. Nagele