Nach dem verflixten ersten Jahr muss ein Neustart her. Die Große Koalition verschreibt sich jetzt jedenfalls eine Arbeitstherapie.
Das Urteil der Bevölkerung ist vernichtend: 67 Prozent stellen der streitenden Großen Koalition in einer exklusiv für ÖSTERREICH erstellten Gallup-Umfrage ein schlechtes Zeugnis aus - nur 14 Prozent sind mit Gusenbauer & Co. zufrieden. "Die Ergebnisse sind ein deutliches Zeichen für die Politik", mahnt Gallup-Chef Fritz Karmasin.
Weniger Inszenierung
Die Koalitions-Chefs Alfred Gusenbauer und
Wilhelm Molterer geloben jedenfalls Besserung und haben sich eine
Arbeitstherapie verschrieben: SPÖ und ÖVP gehen gleich zu Beginn des Jahres
getrennt in Klausur - und exakt ein Jahr nach Start der Koalition wird die
Regierung am 10. und 11. Jänner ganz ohne Inszenierung im Wiener Kanzleramt
das Arbeitsjahr beraten.
Sprengkraft
Abgesehen von den sattsam bekannten Stolpersteinen
Gesamtschule und Pflege stehen große Brocken auf dem Programm: So soll die
gesamte Lehrlingsförderung auf neue Beine gestellt werden. Das Thema hat
Sprengkraft, will doch die SPÖ Mittel, die derzeit für ältere Arbeitnehmer
eingesetzt werden, für die Ausbildung der Jungen umleiten. Dazu kommen
Staatsreform und Familienpaket - und schließlich soll die neue
Sexualstraftäter-Kartei eingerichtet werden. Hat die Koalition diese Hürden
überwunden, warten schon Verhandlungen über Budget 2009 und Steuerreform.
Dauer-Wahlkampf
Doch wer glaubt, dass SPÖ und ÖVP das Streiten
verlernen werden, der dürfte sich täuschen: Die Wahlen in Graz (20. Jänner),
Niederösterreich (Frühjahr) und Tirol (Herbst) werfen Schatten auf die
Bundespolitik - und werden das Koalitionsklima weiter trüben.
Chefs in Auslage gestellt
Und natürlich werden SPÖ und ÖVP jede
Chance nützen, sich zu profilieren: Gusenbauer wird versuchen, als
"Fußball-Kanzler" bei der EURO zu brillieren. Und Molterer muss
Führungsqualitäten zeigen, will er sich von Vorgänger Wolfgang Schüssel
freischwimmen. Gusenbauer wird jedenfalls am 15. Jänner anlässlich "1 Jahr
SPÖ-Kanzler" eine Rede halten. Für Molterer wird am 15. Mai die Tradition
seiner Vorgänger Schüssel und Alois Mock - die "Rede zur Lage der Nation" -
wiederbelebt.