Klug gegen Mikl-Leitner
Koalitions-Krach um Grenz-Zaun
05.11.2015
Streit zwischen ÖVP und SPÖ über die Zaun-Pläne von Mikl-Leitner eskaliert.
„Der Zaun dient dazu, die Flüchtlinge zu schützen“, erklärte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (VP) Mittwochabend bei Anne Will im ARD-Talk. Mit der Ankündigung „baulicher Maßnahmen“ an den Grenzübergängen nach Slowenien in Spielfeld und Radkersburg regt Mikl seit letzter Woche auf. In der TV-Runde fand sie zwar im deutschen Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich einen Unterstützer: „Ich weiß gar nicht, was die Dämonisierung von Zäunen soll. Ganz viele Menschen haben Zäune um ihre Häuser.“
Häupl stellt Mikl infrage – Konrad »eine Überlegung«
In der SPÖ regt sich heftiger Widerstand. Verteidigungsminister Gerald Klug kritisierte am Donnerstag den Zaun erneut: „Aus meiner Sicht ist das kein effektives Mittel. Man kann Geld und Personal sinnvoller einsetzen.“ Ein Zaun führe zu keiner Verringerung des Flüchtlingsstroms. Vielmehr würden dann Tausende Flüchtlinge über Autobahnen, Bahngleise und die grüne Grenze nach Österreich kommen.
++ Nachlesen: Konrad als Innenminister "wäre Überlegung" ++
Klug fordert zusätzliche Flüchtlingsübergänge zu Slowenien, um Spielfeld zu entlasten. Polizei und Heer sollen das Umfeld der Übergänge kontrollieren. Doch gerade die Polizei leidet aktuell unter Personalmangel, droht sogar mit Streik (siehe unten).
Häupl-Idee
Unterdessen goss auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl Öl ins Feuer, schlug sogar Flüchtlingskoordinator Chrissitian Konrad als neuen Innenminister vor: In der Organisation des Innenministeriums gebe es „noch viel Luft nach oben“. Christian Konrad leiste hingegen gute Arbeit: „„Er ist nicht Innenminister, aber vielleicht wäre das eine Überlegung.“(küe)
Klug: „Ein Zaun bringt nichts“
ÖSTERREICH: Warum ist ein Zaun Ihrer Ansicht nach nicht sinnvoll?
Gerald Klug: Ein Zaun bringt nichts. Er führt lediglich zu Umgehungen und unkoordinierten Grenzübertritten. Außerdem kostet er viel Geld, bindet viel Personal und es dauert lange, ihn aufzubauen. Es gibt aber eine sinnvolle Alternative, deshalb haben wir dieses Konzept jetzt vorgestellt.
ÖSTERREICH: Das Konzept sieht vor allem eine bessere Organisation vor. Ist das auch eine Kritik am Innenministerium?
Klug: Es ist auf der einen Seite eine wichtige Unterlage, die sich Sicherheitsexperten lange durch den Kopf haben gehen lassen. Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, hier ein Signal zu geben: Es muss zu einer Entlastung von Spielfeld kommen.
ÖSTERREICH: Sie haben beim Wunsch der Ministerin nach einem Zaun von „Symbolpolitik“ gesprochen …
Klug: Es ist mir wichtig, rechtzeitig zu signalisieren, wenn ich der Meinung bin, dass ein Grenzzaun nur mehr zu einer politischen Symbolik mutiert, die letztlich den Erwartungen nicht standhält.
Mikl „Weg von der Welcome-Kultur“
Bei Anne Will stand Österreichs Zaun zu Slowenien im Kreuzfeuer der Kritik.
++ Nachlesen: Mikl-Leitner: "Wir schaffen das nicht" ++
Talk
Im ARD-Talk bei Anne Will teilte Innenministerin Mikl-Leitner gegen Deutschland aus und verteidigte Österreichs Flüchtlingspolitik. Im Internet setzte es Häme:
- Mikl über den Vergleich Österreich-Deutschland: „Wir leiden doppelt: als Transitland und als Zielland. Bei uns kommen auf 1.000 Einwohner 6,5 Asylwerber. In Deutschland sind es nur 3,6.“
- … über Merkels Politik der offenen Grenzen: „Wir müssen wegkommen von der grenzenlosen Willkommenskultur – hin zu einer Politik mit Augenmaß.“
- … über Österreichs Grenzzaun: „Ich lasse mich auf keine Diskussion ein. Lassen Sie die Experten arbeiten, und dann lassen Sie uns entscheiden. […] Ein Zaun ist nichts Schlechtes. Jeder, der ein Haus hat, hat Garten und einen Zaun.“
- … über den Vergleich mit Ungarns Zaunbau: „Das ist gänzlich falsch, weil der Zaun in Ungarn zur Abschottung dient. Österreich will sich nicht abschotten. Der Zaun dient dazu, um hier die Flüchtlinge zu schützen […], um zu einem kontrollierten Zutritt zu kommen.“
- Internet-Reaktionen auf Mikls Auftritt: „Diese Mikl-Leitner ist eine Zynikerin ersten Ranges. Bei ihren ‚baulichen Maßnahmen‘ die Schießscharte nicht vergessen!“ – „Bitte einen Zaun um Mikl-Leitner bauen!“ – „Diese Frau gehört nur auf dem Papier zu uns. Die hat im Lotto ihren Job gewonnen.“