Zu einem veritablen Koalitionsstreit wächst sich die Diskussion um die von Schmied geplante Ausweitung der Lehrer-Unterrichtszeit aus.
Die von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) angekündigte Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung für alle Lehrer ist beim Koalitionspartner auf Kritik gestoßen.
Kritik von Pröll und Neugebauer
ÖVP-Obmann und
Finanzminister Josef Pröll stieß sich im Anschluss an den
ÖVP-Bundesparteivorstand vor allem an der Vorgangsweise: "Das ist
kein guter Anfang für die Umsetzung des Budgets, via Medien zu diskutieren
und nicht mit den Betroffenen." Und der Vorsitzende der Gewerkschaft
des Öffentlichen Dienst, Fritz Neugebauer, lehnte die Pläne Schmieds auch
inhaltlich kategorisch ab.
Verantwortung in Ressorts
Jedes Ressort hätte innerhalb des
ausverhandelten Globalbudgets absolute Gestaltungsfreiheit und könne
politische Schwerpunkte setzen. Die Ausweitung der Unterrichtspflicht sei
eine Möglichkeit von Schmied. Diesen Punkt müsse sie selbst - mit den
Betroffenen und nicht über sie hinweg - ausdiskutieren.
Stillschweigen nicht gehalten
Er zeigte sich überrascht darüber,
dass die Ministerin mit Details an die Öffentlichkeit ging, zumal
Stillschweigen vereinbart worden war, so Pröll. Inhaltlich sprach der
Vizekanzler nur von einer "singulären Maßnahmen", über
die noch zu diskutieren sein werde.
Schmied beruft sich auf "klare Zusage" Prölls
Entgegen
den Aussagen von Finanzminister Pröll betonte ein Sprecher Schmieds, dass es "klare
Zusagen des Finanzministers gegeben hat, die geplanten strukturellen
Maßnahmen wie die Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung mitzutragen".
Das sei "explizit abgesprochen" und auch im Protokoll der
Budgetverhandlungen vermerkt.
Solidarbeitrag der Lehrer
Die Lehrer sollten mit den
zusätzlichen Unterrichtsstunden einen "Solidarbeitrag" in der
Wirtschaftskrise leisten, begründete Unterrichtsministerin Claudia Schmied
(S) die von ihr geplante Maßnahme. Die Lehrergewerkschaften haben auf die
Ankündigung empört reagiert, am kommenden Dienstag soll über
gewerkschaftliche Maßnahmen entscheiden werden.
ÖVP geht auf Distanz
Schmied begründete die Ausweitung der
Unterrichtsverpflichtung um zehn Prozent damit, dass nur durch diese "strukturelle
Maßnahme" Projekte wie kleinere Klassen - die "Neue
Mittelschule" erwähnte Schmied in diesem Zusammenhang nicht - möglich
seien, sogar Heizkosten oder Sanierungen könnten durch die zugestandene "leichte
Budgetsteigerung" nicht gänzlich finanziert werden. Sie verwies
außerdem darauf, dass andere "dienstrechtliche Besonderheiten"
wie die vier unterrichtsfreien Monate pro Jahr davon unberührt blieben. Es
werde lediglich die Unterrichtsverpflichtung an den internationalen
Durchschnitt herangeführt.
Lehrergewerkschaft läuft Sturm
Der von Schmied erwartete
Widerstand der Lehrer-Vertreter, die von der Maßnahme erst über die Medien
erfuhren, ließ nicht lange auf sich warten. "Entweder Schmied
kommt zur Besinnung und nimmt das zurück", sagte der
Pflichtschulgewerkschaftsvorsitzende Walter Riegler, "oder es gibt
gewerkschaftliche Maßnahmen - und zwar volle Kraft voraus." Auch
die Lehrer-Vertreter an Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS)
und AHS kündigten Widerstand an.
"Die Ministerin vernichtet mit einem Federstrich 10.000 Arbeitsplätze, weil sie nicht mit dem Budget auskommt", kritisierte Riegler. Besonders erbost zeigte er sich darüber, dass laut Schmied zwei zusätzliche Unterrichtsstunden innerhalb der 40 Wochenstunden erledigt werden könnten. Sie impliziere damit, "dass sie 60.000 faule Hunde als Lehrer beschäftigt". Eva Scholik sieht in der Unterrichtszeitausweitung eine Trotzreaktion Schmieds, die "Projekte aufgestellt hat, die ein Heidengeld kosten wie die Neue Mittelschule", aber nun mit einem geringeren Budget auskommen müsse. Gary Fuchsbauer von der BMHS-Gewerkschaft wies darauf hin, dass die Belastung der Lehrer schon jetzt überdurchschnittlich hoch sei.
"Nicht an Lehrern abputzen"
Der Vorsitzende der
Christgewerkschafter und ÖGB-Vizepräsident Norbert Schnedl zeigte sich
irritiert darüber, dass Schmied diese Initiative ohne Einbindung von
Lehrervertretern ergriffen habe, es müsse mit den Lehrern noch diskutiert
werden. Die Ausweitung der Unterrichtsstunden werde so "sicher nicht
möglich sein", sagte der oberösterreichische
Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer in seiner Funktion als Obmann des
Christlichen Lehrervereins für OÖ. Dadurch müssten allein in OÖ im
Extremfall 2000 Lehrer gekündigt werden, was vor allem Junglehrer betreffen
würde.
Der Grünen-Bildungssprecher Harald Walser sprach von einer gravierenden Verschlechterung für Lehrer, die schon jetzt unter äußerst schwierigen Arbeitsbedingen leiden würden. Die Schulsprecherin der FPÖ, Monika Mühlwerth, kritisierte, dass sich Schmied "wieder einmal an den Lehrern abputzen" wolle. Das Projekt "neue Mittelschule" habe offensichtlich "schon mehr Geld verschlungen, als vorgesehen und Schmied komme nicht mehr mit ihrem Budget aus".
Zustimmung von Elternvertretern
Zustimmung zu der geplanten
Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung für alle Lehrer ab kommendem
Schuljahr kommt von Elternvertretern: "Wir finden das gut, das liegt
auf unserer Linie", sagte der Vorsitzende des Dachverbands der
Elternvereine an den Pflichtschulen, Gerald Netzl. Dabei gehe es nicht um
Mehrarbeit für das gleiche Geld, sondern "um eine Verschiebung von
der Vor- und Nachbereitung hin zum direkten Kontakt mit den Kindern",
so Netzl.
Für Ulf Scheriau, Bundesvorsitzender der Elternvereinigungen an mittleren und höheren Schulen meinte, ist eine Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung, "verstanden als Anwesenheitszeit der Lehrer an der Schule und reine Umschichtungsmaßnahme innerhalb des Tätigkeitsbereichs, im Hinblick auf ein verbessertes Angebot der Schule zu begrüßen". Keinesfalls dürfe dies aber zu einer Reduzierung des vorhandenen Lehrerstandes führen, "das darf keine Einsparungsmaßnahme sein", so Scheriau.