Aufregung

Koalitions-Krach wegen Lehrer- Unterrichtszeit

28.02.2009

Zu einem veritablen Koalitionsstreit wächst sich die Diskussion um die von Schmied geplante Ausweitung der Lehrer-Unterrichtszeit aus.

Zur Vollversion des Artikels
© dpa
Zur Vollversion des Artikels

Die von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) angekündigte Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung für alle Lehrer ist beim Koalitionspartner auf Kritik gestoßen.

Sagen Sie uns Ihre Meinung!

Kritik von Pröll und Neugebauer
ÖVP-Obmann und Finanzminister Josef Pröll stieß sich im Anschluss an den ÖVP-Bundesparteivorstand vor allem an der Vorgangsweise: "Das ist kein guter Anfang für die Umsetzung des Budgets, via Medien zu diskutieren und nicht mit den Betroffenen." Und der Vorsitzende der Gewerkschaft des Öffentlichen Dienst, Fritz Neugebauer, lehnte die Pläne Schmieds auch inhaltlich kategorisch ab.

Abstimmen: Finden Sie Schmieds Vorschlag gut?

Verantwortung in Ressorts
Jedes Ressort hätte innerhalb des ausverhandelten Globalbudgets absolute Gestaltungsfreiheit und könne politische Schwerpunkte setzen. Die Ausweitung der Unterrichtspflicht sei eine Möglichkeit von Schmied. Diesen Punkt müsse sie selbst - mit den Betroffenen und nicht über sie hinweg - ausdiskutieren.

Stillschweigen nicht gehalten
Er zeigte sich überrascht darüber, dass die Ministerin mit Details an die Öffentlichkeit ging, zumal Stillschweigen vereinbart worden war, so Pröll. Inhaltlich sprach der Vizekanzler nur von einer "singulären Maßnahmen", über die noch zu diskutieren sein werde.

Schmied beruft sich auf "klare Zusage" Prölls
Entgegen den Aussagen von Finanzminister Pröll betonte ein Sprecher Schmieds, dass es "klare Zusagen des Finanzministers gegeben hat, die geplanten strukturellen Maßnahmen wie die Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung mitzutragen". Das sei "explizit abgesprochen" und auch im Protokoll der Budgetverhandlungen vermerkt.

Solidarbeitrag der Lehrer
Die Lehrer sollten mit den zusätzlichen Unterrichtsstunden einen "Solidarbeitrag" in der Wirtschaftskrise leisten, begründete Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) die von ihr geplante Maßnahme. Die Lehrergewerkschaften haben auf die Ankündigung empört reagiert, am kommenden Dienstag soll über gewerkschaftliche Maßnahmen entscheiden werden.

ÖVP geht auf Distanz
Schmied begründete die Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung um zehn Prozent damit, dass nur durch diese "strukturelle Maßnahme" Projekte wie kleinere Klassen - die "Neue Mittelschule" erwähnte Schmied in diesem Zusammenhang nicht - möglich seien, sogar Heizkosten oder Sanierungen könnten durch die zugestandene "leichte Budgetsteigerung" nicht gänzlich finanziert werden. Sie verwies außerdem darauf, dass andere "dienstrechtliche Besonderheiten" wie die vier unterrichtsfreien Monate pro Jahr davon unberührt blieben. Es werde lediglich die Unterrichtsverpflichtung an den internationalen Durchschnitt herangeführt.

Lehrergewerkschaft läuft Sturm
Der von Schmied erwartete Widerstand der Lehrer-Vertreter, die von der Maßnahme erst über die Medien erfuhren, ließ nicht lange auf sich warten. "Entweder Schmied kommt zur Besinnung und nimmt das zurück", sagte der Pflichtschulgewerkschaftsvorsitzende Walter Riegler, "oder es gibt gewerkschaftliche Maßnahmen - und zwar volle Kraft voraus." Auch die Lehrer-Vertreter an Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS) und AHS kündigten Widerstand an.

"Die Ministerin vernichtet mit einem Federstrich 10.000 Arbeitsplätze, weil sie nicht mit dem Budget auskommt", kritisierte Riegler. Besonders erbost zeigte er sich darüber, dass laut Schmied zwei zusätzliche Unterrichtsstunden innerhalb der 40 Wochenstunden erledigt werden könnten. Sie impliziere damit, "dass sie 60.000 faule Hunde als Lehrer beschäftigt". Eva Scholik sieht in der Unterrichtszeitausweitung eine Trotzreaktion Schmieds, die "Projekte aufgestellt hat, die ein Heidengeld kosten wie die Neue Mittelschule", aber nun mit einem geringeren Budget auskommen müsse. Gary Fuchsbauer von der BMHS-Gewerkschaft wies darauf hin, dass die Belastung der Lehrer schon jetzt überdurchschnittlich hoch sei.

"Nicht an Lehrern abputzen"
Der Vorsitzende der Christgewerkschafter und ÖGB-Vizepräsident Norbert Schnedl zeigte sich irritiert darüber, dass Schmied diese Initiative ohne Einbindung von Lehrervertretern ergriffen habe, es müsse mit den Lehrern noch diskutiert werden. Die Ausweitung der Unterrichtsstunden werde so "sicher nicht möglich sein", sagte der oberösterreichische Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer in seiner Funktion als Obmann des Christlichen Lehrervereins für OÖ. Dadurch müssten allein in OÖ im Extremfall 2000 Lehrer gekündigt werden, was vor allem Junglehrer betreffen würde.

Der Grünen-Bildungssprecher Harald Walser sprach von einer gravierenden Verschlechterung für Lehrer, die schon jetzt unter äußerst schwierigen Arbeitsbedingen leiden würden. Die Schulsprecherin der FPÖ, Monika Mühlwerth, kritisierte, dass sich Schmied "wieder einmal an den Lehrern abputzen" wolle. Das Projekt "neue Mittelschule" habe offensichtlich "schon mehr Geld verschlungen, als vorgesehen und Schmied komme nicht mehr mit ihrem Budget aus".

Zustimmung von Elternvertretern
Zustimmung zu der geplanten Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung für alle Lehrer ab kommendem Schuljahr kommt von Elternvertretern: "Wir finden das gut, das liegt auf unserer Linie", sagte der Vorsitzende des Dachverbands der Elternvereine an den Pflichtschulen, Gerald Netzl. Dabei gehe es nicht um Mehrarbeit für das gleiche Geld, sondern "um eine Verschiebung von der Vor- und Nachbereitung hin zum direkten Kontakt mit den Kindern", so Netzl.

Für Ulf Scheriau, Bundesvorsitzender der Elternvereinigungen an mittleren und höheren Schulen meinte, ist eine Ausweitung der Unterrichtsverpflichtung, "verstanden als Anwesenheitszeit der Lehrer an der Schule und reine Umschichtungsmaßnahme innerhalb des Tätigkeitsbereichs, im Hinblick auf ein verbessertes Angebot der Schule zu begrüßen". Keinesfalls dürfe dies aber zu einer Reduzierung des vorhandenen Lehrerstandes führen, "das darf keine Einsparungsmaßnahme sein", so Scheriau.

 

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel