Keine Einigung
Koalitionsgezerre um die Teuerung
17.08.2008
Dem Gegner nur keinen Erfolg gönnen. Nach diesem Motto bekriegen sich ÖVP und SPÖ derzeit beim Wahlkampfthema Nummer eins, der Teuerung.
SPÖ-Chef Werner Faymann war am Sonntag in ÖSTERREICH vorgeprescht: Es lägen derart viele Vorschläge im Kampf gegen die Teuerung am Tisch, dass jetzt ein gemeinsamer Gipfel sinnvoll wäre. Faymann in ÖSTERREICH: „Wir wollen ein Gesamtpaket schnüren.“
Faymann hat ein Fünf-Punkte-Programm zur Entlastung geschnürt. Und die SPÖ zeigte sich auch bei den jüngsten ÖVP-Vorstößen wie die Einführung einer 13. Familienbeihilfezahlung sowie die Schaffung des kostenfreien Kindergarten-Pflichtbesuchs für Vorschulkinder begeistert – und will das alles möglichst rasch verhandeln.
Doch die ÖVP lässt den roten Kanzlerkandidaten genussvoll anrennen – und lehnt einen gemeinsamen Gipfel ab. Will sie sich doch im Wahlkampf von Faymann und Co. nicht so einfach die Butter vom Brot nehmen lassen.
SPÖ als Kopieranstalt
„Die SPÖ wird schön langsam zur
Kopieranstalt“, wetterte ÖVP-Chef Wilhelm Molterer im
ÖSTERREICH-Sommer-Interview. Und schon vergangene Woche hatte die ÖVP zu
einem eigenen Gipfel gegen die Teuerung geladen. Wirtschaftsminister Martin
Bartenstein will mit den Nationalbankern über die Teuerungsbekämpfung an
sich diskutieren.
Selbst der sonst so auf Konsens bedachte Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl will nicht mit der SPÖ über Entlastungsmaßnahmen reden – er fordert die Roten auf, doch dem dreiteiligen Paket zuzustimmen, das ÖVP-Chef Wilhelm Molterer geschnürt hat. Leitl: „Es gilt doch nur das, was man tatsächlich tut. Reden interessiert die Leute nicht.“
Das ÖVP-Rezept: Tatsächlich liegt mit dem Molterer-Plan ein Paket auf dem Tisch, bei dem die SPÖ in vielen Punkte mit kann: Die Erhöhung der Familienbeihilfe hatten die Roten schon zu Jahresanfang gefordert, auch der Gratis-Kindergarten wird begrüßt. Auch bei der Anhebung des Pflegegeldes und der Förderung für die 24-Stunden-Pflege sind sich SPÖ und ÖVP einig. Nur eine Steuerreform – Punkt 3 des Molterer-Plans – will die ÖVP erst 2010. Und scheut deshalb die öffentliche Debatte über eine raschere Entlastung.
Faymann: 5 Punkte
Wichtigster Plan im SPÖ-Fünf-Punkte-Programm
ist eben die Steuerreform im Jahr 2009 – und zwar mit einem Volumen von bis
zu vier Milliarden Euro. Was die ÖVP weiter stört: Der SPÖ-Shootingstar will
die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel halbieren. Doch auch einem Aufschub der
Mietenanhebung will die ÖVP derzeit nicht zustimmen. Wogegen die Erhöhung
des Pflegegeldes oder ein öffentlicher Gebührenstopp unstrittig wäre. Wäre,
denn es ist Wahlkampf. Und da sollen Entlastungsideen nicht vom politischen
Gegner kommen.