Faymann-Rücktritt
Kommen jetzt Neuwahlen?
09.05.2016
Führt der Rücktritt Faymanns zu vorgezogenen Wahlen?
Sollten dem Rücktritt von SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann vorgezogene Neuwahlen folgen, würden die Österreicher voraussichtlich Anfang September an die Urnen gerufen. Denn für die Vorbereitung einer Nationalratswahl sind rund drei Monate nach Fixierung des Wahltermines nötig. Dafür bräuchte man zunächst eine Nationalratssitzung sowie Beschlüsse von Ministerrat und Hauptausschuss.
Nationalrat kann Neuwahlen beschließen
Der Nationalrat tritt nächste Woche (Mittwoch bis Freitag) planmäßig zusammen. In diesen drei Tagen könnte ein Neuwahlantrag eingebracht, dem Verfassungsausschuss zugewiesen und dann im Plenum beschlossen werden. Danach müsste die Regierung im Ministerrat offiziell den Wahltermin festlegen - der dann noch vom Hauptausschuss des Nationalrates abgesegnet werden muss. Dies alles könnte in der Woche nach der Bundespräsidenten-Stichwahl (am 22. Mai) geschehen.
Mit Sondersitzungen könnte dieses Procedere auch flotter erledigt werden. Aber auch damit könnte man nur einen Wahltermin mitten in den Sommerferien erreichen - und dies wird üblicherweise vermieden. Vor den Ferien geht sich auf keinen Fall aus: Denn die Wahlbehörden brauchen ab der endgültigen Fixierung der Neuwahl rund drei Monate - zumindest 82 Tage - Zeit für die Vorbereitungen, erläuterte der Leiter der Wahlabteilung im Innenministerium, Robert Stein, der APA.
Führt die Neuaufstellung der SPÖ nicht zu Neuwahlen, hätte ihr neuer Chef und Bundeskanzler mehr als zwei Jahre Zeit sich zu etablieren. Denn regulär steht die Nationalratswahl erst im September 2018 am Programm. Und die Regierung hätte fast zwei Jahre Zeit, ihr derzeit - auch für die ÖVP - schlechtes Standing in der Wählergunst zu verbessern.
Denn heuer steht nur noch die Bundespräsidenten-Stichwahl am 22. Mai am Programm. 2017 sind nur einige Gemeinderatswahlen (Burgenland, Graz, Krems, Waidhofen an der Ybbs) und die ÖH-Wahlen zu schlagen. Landtagswahlen, die Reformambitionen der Bundesregierung meist sehr dämpfen, finden sich erst wieder 2018 am Kalender. Da aber gleich vier: Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Salzburg müssen im Frühjahr vor der regulären Nationalratswahl ihre Landtage küren.
Mitterlehner: Kein Anlass für Neuwahlen
ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner sieht trotz des Rücktritts von Werner Faymann als SPÖ-Chef und Bundeskanzler keinen Grund für Neuwahlen. Er werde nun interimistisch das Amt des Kanzlers übernehmen, sagte er Montagnachmittag vor Journalisten. Der neue SPÖ-Chef sei reine Angelegenheit des Koalitionspartners. Beim neuen Bundeskanzler will die ÖVP aber mitreden.
Er nehme die Entscheidung Faymanns "mit Respekt zur Kenntnis", so Mitterlehner. "Ich übernehme diese Funktion." Von der Vorgangsweise des Kanzlers und vor allem vom Zeitpunkt sei er überrascht worden. Wichtig sei nun im Sinne der Koalition, dass "wir stabil bleiben, was die Arbeit anbelangt". Wichtig sei für die Bundesregierung nun, eine Neuaufstellung bezüglich mehr Wirtschaftsorientierung oder auch weniger Bürokratie. Formale Grundlage für all das werde auf ÖVP-Seite ein Bundesparteivorstand am Dienstagnachmittag sein.
Keine Änderungen soll es aus Sicht Mitterlehners in der Asylpolitik geben. Man habe hier eine gemeinsame Linie in der Bundesregierung erreicht und es gebe nun eine klare gesetzliche Regelung. "Ich gehe davon aus, dass wir diesen Kurs ohne Veränderung fortsetzen".
Angesprochen auf mögliche SPÖ-Nachfolgekandidaten, etwa ÖBB-Chef Christian Kern oder Medien-Manager Gerhard Zeiler, sagte Mitterlehner nur, es mache keinen Sinn, darüber zu spekulieren. Die Rolle des Bundeskanzlers sei jedenfalls nicht irgendeine Rolle. Man wolle sich seitens der ÖVP daher "genau anschauen, wer das in Zukunft machen soll". Möglicherweise sei es ja eine Person, die den Koalitionspakt gar nicht mitverhandelt habe.
Zu möglichen Neuwahlen schon im September merkte er an, er wolle hier nicht spekulieren. Es gehe darum, für Sicherheit für das Land zu sorgen.
FPÖ und NEOS für Neuwahlen
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist indessen davon überzeugt, dass der Rücktritt von Bundeskanzler Werner Faymann nicht "das grundsätzliche Problem der SPÖ" löst. Es sei auch relativ gleichgültig, wer Faymann in seinen Funktionen nachfolge, meinte Strache am Montag in einer Aussendung, denn: "Eine Neudekoration der Auslage ändert nichts am mangelhaften Sortiment."
Ein geordneter Übergang sehe anders aus, in der SPÖ herrsche offenbar das blanke Chaos, glaubt Strache. Es dürfe mehr als bezweifelt werden, ob eine Partei, die dermaßen chaotisch agiere, das Zeug habe, Österreich in Krisenzeiten zu regieren. Und während die SPÖ ihr Verhältnis zur FPÖ diskutiere, setze sie auf die Interimslösung Bürgermeister Michael Häupl, der ein Anhänger von Rot-Grün sei, merkte Strache an.
"Der Rücktritt von Kanzler Werner Faymann ist eine Chance, Österreich zu verändern und das Machtkartell von SPÖVP zu beenden", freute sich NEOS-Chef Matthias Strolz. Angesichts der Probleme bei Bildung, Standortqualität, Unternehmertum und Föderalismus brauche man "keinen Neustart dieser Regierung, wir brauchen den Start einer neuen Regierung", sprach sich Strolz in einer Aussendung für Neuwahlen aus.