Graz als Vorreiter
Kommt Handyverbot in Öffis?
10.04.2008
Es ist laut und oft lästig. Die Rede ist vom Telefonieren in den Öffis. Graz und Linz erwägen jetzt ein Verbot der Mobiltelefone.
Details vom gerade absolvierten Arztbesuch oder einer verhängnisvollen Liebesnacht, Beziehungsprobleme oder Streitereien mit dem Freund. Wer war selbst nicht schon einmal Zeuge eines solchen Gesprächs in der U-Bahn, Bim oder dem Bus? Und wer hat nicht selbst schon einmal über Details geplaudert, die besser im privaten Bereich geblieben wären?
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"Akustische Verschmutzung"
Der Grazer Bürgermeister Siegfried
Nagl (ÖVP) ist jedenfalls genervt genug, um erstmals das auszusprechen, was
sich viele Österreicher schon lange wünschen: Ein Handy-Verbot in den
öffentlichen Verkehrsmitteln. Er möchte das Verbot im Zuge einer
Lärmoffensive einführen. Und dabei ist er nicht alleine. Kritiker gehen
inzwischen schon so weit, dass sie von "akustischer Verschmutzung" sprechen
und fordern vehement handyfreie Zonen.
"Wir brauchen mehr Ruhe"
In einem Radio-Steiermark-Interview
sagte Nagl, für ihn gäbe es zwei Geißeln der Menschheit, die Abgase und den
Lärm: "Wenn sie heute mit Menschen sprechen, sagen einem die, 'wir brauchen
mehr Ruhe und es gibt sie fast nirgends mehr und im öffentlichen Raum wird
es auch immer weniger'".
Keine persönliche Einschränkung
Die Gefahr einer Einschränkung
der persönlichen Freiheit durch ein Handyverbot in Öffis sieht Nagl nicht:
"Es ist auch eine persönliche Einschränkung wenn ich in Ruhe sitzen will
unter hinter mir jemand laut zu telefonieren beginnt".
Gute Chancen für Graz
Was in Graz möglicherweise sogar
erfolgreich umgesetzt werden könnte (Nagl ist zukünftiger
Aufsichtsratspräsident der in Graz AG umbenannten Stadtwerke und die Grünen
Partner stehen der Problematik nicht negativ gegenüber), wird auch in
anderen Städten Österreichs diskutiert - zumindest in Linz.
Auch Linz könnte mitziehen
Bei der Linz-AG-Linien trudeln immer
mehr Kundenbeschwerden über zu laute Telefonate ein. Derzeit überlegen die
Verkehrsbetriebe in Linz daher ein mögliches Verbot - beschließen wollen sie
jedoch vorerst nichts. Im Mai findet eine Tagung des Fachverbands für
Schienenverkehr statt. Dort wollen die Linzer Verkehrsbetriebe das Thema auf
die Tagesordnung setzen, so der Vorstandsvorsitzende Walter Rathberger zu
oe24.at
Kampagne fix
"Wir wollen eine gemeinsame Vorgangsweise und
starten sicher keinen Alleingang", sagte Rathberger zu der derzeitigen
Diskussion. Falls bei der Tagung keine gemeinsame Lösung gefunden wird,
möchte die Linz-AG aber zumindest eine Kampagne starten. Diese soll laut
Rathberger Durchsagen in den Straßenbahnen sowie Plakatwände umfassen, auf
denen ein "sorgsamer Umgang mit dem Handy-Telefonieren" angepriesen werden
soll.
Wiener Linien dagegen
Aus der Bundeshauptstadt Wien hört man
derzeit eher negative Töne zu einem potentiellen Handy-Verbot. Michael
Zentner, Sprecher der Wiener Linien, meinte kürzlich, dass gemeinsam mit den
Netzbetreibern alles so ausgebaut wurde, dass man auch in den U-Bahnen
problemlos telefonieren kann. Warum also sollte man darauf jetzt wieder
verzichten? "Außerdem fühlen sich die Fahrgäste mit einem Handy sicherer,"
so Johann Ehrengruber zu oe24.at.
Womöglich könnte diese Problematik von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt werden.