Terrorgefahr
Korinek warnt vor Überwachungsstaat
22.09.2007
Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes warnt im Zusammenhang mit der Terror-Bekämpfung vor einem totalen Überwachungsstaat.
Korinek sagte am Samstag, es bestehe die Gefahr, dass in der Sicherheitsdebatte grundrechtliche Grenzen überschritten würden. Konkrete Gesetzesentwürfe in diese Richtung gebe es aber noch nicht.
Vergleich DDR und Stasi
Korinek zeigte sich über die Debatte um
mehr Sicherheit nach der Verhaftung von Terror-Verdächtigen "beunruhigt". Es
bestehe die Gefahr, dass Grundwerte beiseite geschoben würden und die Grenze
zum Überwachungsstaat überschritten werde. "Ich habe manchmal den Eindruck,
wir werden ähnlich stark überwacht wie seinerzeit die DDR-Bürger von der
Stasi." Der Wunsch nach Sicherheit verdränge die Grundrechte, wie das
Briefgeheimnis, das Fernmeldegeheimnis und den Datenschutz, die seit der
Revolution von 1848 die private Kommunikation schützen. Die Sensibilität für
die Gefahren fehle offenkundig.
Relationen beachten
Für den VfGH-Präsidenten ist zwar der Wunsch
nach Sicherheit "höchst legitim." Man müsse dabei aber die Relationen
beachten. Es könne nicht sein, dass aus dem Sicherheitsbedürfnis heraus
alles erlaubt sei, wie in einem totalitären System. Für jeden Eingriff in
die Grundrechte müsse es eine gesetzliche Ermächtigung geben, es müsse die
Verhältnismäßigkeit gewahrt werden und diese müsse von VfGH überprüft werden
können. Ob die diskutierte Online-Untersuchung von Computern
verfassungskonform sei, könnte vom VfGH erst in einem Verfahren beurteilt
werden.
Islam-Debatte
Zur Islam-Debatte stellte der VfGH-Präsident klar,
dass die anerkannten Religionsgemeinschaften das verfassungsmäßig
garantierte Recht auf eigene Regelung ihre inneren Angelegenheiten haben. In
diese Dinge, wie etwa die Sprache bei Gottesdiensten, dürfe der Staat nicht
eingreifen. Nicht sagen könne er hingegen, ob ein Bauverbot für Minarette
zulässig sei. Bestimmte Regulierungen sein hier sicher zulässig, wo konkret
die Grenzen liegen, müsste aber in einem Verfahren geklärt werden.
Die von Innenminister Günther Platter erst für 2009 in Aussicht genommene Evaluierung des Fremdenrechts kommt für Korinek zu spät. Wenn Schwächen auf der Hand liegen, dass müsse man gleich darüber nachdenken und nicht erst in einem Jahr. Kritik übte der VfGH-Präsident auch neuerlich daran, dass manche Regelungen sehr schwer zu verstehen, "um nicht zu sagen unverständlich" seien. Zu dem auch von ihm geforderten Bleiberecht für integrierte Ausländer betonte Korinek, dass man nicht Einzelfälle generalisieren könne. In ein Gesetz sollte keine Jahreszahl geschrieben werden, ab wievielen Jahren Aufenthalt das Bleiberecht entstehe, oder wenn, dann sollte es nur ein Element in einer Gesamtbetrachtung sein.