Wütend, giftig: Vor der Wahl der Rechnungshofspitze fliegen koalitionsintern die Fetzen.
Mehr als acht Stunden werden sich heute die Kandidatinnen und Kanditen einem Hearing im Nationalrat stellen. Morgen steht im 28-köpfigen Hauptausschuss dann die Wahl an. Doch schon seit Tagen fliegen die Fetzen: ÖVP-Klubchef Lopatka ist – angeblich ohne Placet von Parteichef Reinhold Mitterlehner – wild entschlossen, eine seiner Kandidatinnen (Helga Berger und Margit Kraker) als neue Rechnungshofpräsidentin durchzusetzen. Notfalls mit Stimmen von FPÖ und dem Team Stronach (TS) und gegen die SPÖ. Diese drei Parteien hätten 15 der 28 Stimmen.
Schieder giftet Lopatka an: »Ein mieses Spiel«
Nach einer ÖSTERREICH-Story, wonach es bereits Absprachen mit FPÖ und TS gebe, platzte dem roten Klubchef Andreas Schieder am Dienstag der Kragen: „Offen gesagt bin ich überrascht, dass der ÖVP-Klubchef in seiner Giftküche sitzt und versucht, Zwietracht zu säen und ein billiges, mieses taktisches Spiel zu spielen.“ Lopatka hatte Absprachen zwar bestritten, will aber Berger oder Kraker auch gegen die SPÖ durchsetzen. „Das wäre kein Koalitionsbruch“, glaubt der ÖVP-Klubobmann, „sonst hätte ja das Hearing überhaupt keinen Sinn.“
Wäre es aber doch: Der Koalitionspakt verpflichtet im Nationalrat zu gemeinsamen Beschlüssen. Schert einer aus, wäre die Koalition beendet. Einziger Ausweg – und damit rechnet die ÖVP: Die Roten stimmen doch für Kraker. Sie ist ÖVP-Mitglied, hat aber keinen FPÖ-Stallgeruch wie Berger. Am Dienstagabend war zu hören, dass die SPÖ um des lieben Friedens willen kapitulieren und tatsächlich Kraker wählen könnte. Eine veritable Demütigung für die Roten.G. Schröder
Muchitsch: »ÖVP zeigt jetzt ihr wahres Gesicht«
ÖSTERREICH: Was würde es für die Koalition bedeuten, wenn die ÖVP mit FPÖ und Team Stronach eine neue Rechnungshofpräsidentin wählt?
Josef Muchitsch: Dann würde die ÖVP ihr wahres Gesicht zeigen.
ÖSTERREICH: Das Ihrer Meinung nach wie aussieht?
Muchitsch: Man sähe dann, dass die ÖVP im Parlament schon lange Mehrheiten gegen uns sucht.
Österreich: Aber was würde das für die Koalition bedeuten? Einen Koalitionsbruch, der zu Neuwahlen führt?
Muchitsch: Wenn das mit Billigung von Mitterlehner passiert, wissen wir, was wir von seiner Ankündigung des Neustarts der Koalition zu halten haben.(gü)