In kirchlichen Kreisen wird eine neue Krise befürchtet, Wagner selbst ist unbeeindruckt von der Kritik. Unterdessen steigt die Zahl der Kirchenaustritte.
Der Propst des Stiftes Herzogenburg, Maximilian Fürnsinn, kritisiert die Ernennung des neuen Linzer Weihbischofs Gerhard Maria Wagner. "Grundsätzlich ist es nicht sehr sinnvoll, wenn Menschen in solche Ämter berufen werden, die wieder eine gewisse Spaltung oder ein Auseinanderdriften in einer Diözese erzeugen", sagte er in der Serie "Im Gespräch" in der ORF-Nachrichtensendung "Niederösterreich heute".
Rechte Strömungen in der Kirche
Fürnsinn sieht Parallelen
zu früheren Vorgängen in der Diözese St. Pölten: "Wir
wissen, dass dadurch unglaubliche Entwicklungspotenziale für die Kirche
verlorengegangen sind." Der Propst warnte "Im Gespräch"
überdies vor rechten Strömungen in der Kirche. Er sehe Verbindungen zur
Politik: "Hier schließt sich schon ein gewisser Kreis, dass rechte
Gruppen in der Kirche auch immer eine sehr gute Berührung zum rechten Rand
in der Politik haben. Das muss man nüchtern sehen. Ich halte das für ein
Problem."
Verbitterte Katholiken
Das von Katholiken der Diözese St. Pölten
gegründete Forum XXIII "zur Orientierung in Kirche und Gesellschaft"
hielt fest, dass die Vorgangsweise Roms bei der Ernennung des neuen Linzer
Weihbischofs "die Verbitterung vieler Katholiken nicht nur in
Oberösterreich noch verstärkt" habe. Die katholische Kirche
in Österreich leide immer noch an den folgenschweren Auswirkungen von extrem "konservativen"
Bischöfen "wie Groer und Krenn, die der Ortskirche gegen ihren
Willen aufgezwungen wurden und dem Ansehen der Kirche schwer geschadet
haben. Es ist kaum zu glauben, dass Rom aus den damaligen Fehler keine
Lehren gezogen hat", so das Forum XXIII.
Die Bestellung Gerhard Maria Wagners zum Weihbischof von Linz hat in der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ) eine "große Betroffenheit" ausgelöst. "Die Entscheidung von Rom ist für uns nicht nachvollziehbar", erklärte Präsidentin Luitgard Derschmidt. Zwar kenne sie Wagner nicht persönlich, es seien jedoch Äußerungen bekannt, die sie bekümmerten und die aufgrund der Theologie nicht nachvollziehbar seien.
"Laien vor den Kopf gestoßen"
"Es bedrückt
mich, dass die österreichische Kirche in Rom offenbar viel schlechter
dargestellt wird, als sie ist. Ich erlebe die österreichische Kirche als
sehr lebendig. Laien fühlen sich durch die Entscheidung vor den Kopf
gestoßen.", so Derschmidt. "Ein Bischof ist ein Brückenbauer,
kein Spalter - das ist die Aufgabe eines Bischofs. Konflikte zu suchen, das
ist für einen Bischof nicht angemessen", stellte die Präsidentin
der KAÖ außerdem fest.
In einer OGM-Umfrage haben sich 60 Prozent der Befragten dagegen ausgesprochen, dass die Bischofsernennung ein exklusives Recht des Papstes ist. 22 Prozent haben nichts gegen diese "päpstliche Allmacht", berichtete "profil" in einer Vorausmeldung vom Samstag.
Welle von Kirchenaustritten
Die letzten Papst-Entscheidungen
haben für großen Wirbel gesorgt. Nach der umstrittenen Aufhebung der
Exkommunizierung des Holocaust-Leugners Williamson und der Ernennung des
erzkonservativen Weihbischofs Wagner steigt wie erwartet die Zahl der
Kirchenaustritte. Besonders in oberösterreichischen Städten wird ein starker
Anstieg der Austritte verzeichnet, einen deutlichen Anstieg gibt es auch in
Wien und Graz.
Laut Vatikan-Kenner Pater Eberhard von Gemmingen ist die katholische Kirche in ganz Europa nach der umstrittenen Aufhebung des Kirchenbanns über die Piusbruderschaft mit einer Austrittswelle konfrontiert.
Wagner zeigt sich unbeeindruckt
Unbeeindruckt von den Angriffen
auf ihn zeigt sich der neue Linzer Weihbischof Gerhard Maria Wagner im "Kurier"-Interview
(Samstag-Ausgabe). "Das prallt an mir ab", sagt er. Er bekomme
täglich "50 Briefe und 70 Mails von Menschen, die sich freuen und
mich ermutigen", nur "ganz wenige" würden ihn "beschimpfen".
Außerdem sei er "als Weihbischof nicht so wichtig, wie man jetzt tut. Also muss man sich vor mich auch gar nicht so fürchten." Die "Meinung der Welt" und seine Position würden halt "chrashen". Dass man ihn deshalb persönlich angreift, versteht Wagner nicht. Seine Ernennung zum Bischof hätte er auch ablehnen können, "aber wenn der Papst es wünscht, wäre es feig, sich aus dem Staub zu machen, nur weil man die öffentliche Meinung fürchtet".
Keine Angst um Zukunft der Kirche
Dass Menschen auch seinetwegen
aus der Kirche austreten, tut Wagner leid. Aber um die Zukunft der Kirche
hat er keine Angst: "Vielleicht müssen wir erst wieder eine kleine
Gruppe werden, um dann stärker hinaus zu wirken. Und dann werden die Wenigen
mehr bewegen als die Vielen, die sich nicht bewegen."
"Homosexualität ist heilbar"
In einem "profil"-Interview
tritt Wagner - laut Vorausmeldung vom Samstag - für eine Behandlung
Homosexueller ein. Auf die Frage, ob Homosexualität heilbar sei und
Homosexuelle behandelt werden sollten, antwortete er: "Dafür gibt es
genügend Beispiele, nur davon spricht man nicht."