Neuregelung möglich
Kürzung der Familienbeihilfe möglich
06.05.2010
Eine Neuregelung dürfte aber weder Ausländer noch Österreicher diskriminieren
Die von VP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (V) geforderte geringere Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder wäre nicht per se europarechtswidrig. Davon gehen die Europarechtler Franz Leidenmühler von der Uni-Linz und Franz Marhold von der Uni-Graz aus. Allerdings dürfte die Neuregelung - angedacht ist die Anpassung der Beihilfe an die (oft geringere) Kaufkraft im Ausland - weder in Österreich lebende EU-Bürger noch im Ausland arbeitende Österreicher diskriminieren, betont Leidenmühler. Und das könnte sich in der Praxis möglicherweise schwierig gestalten.
Familienbeihilfe
Marhold meint, dass eine Anpassung der
Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder an die dortige Kaufkraft
nicht von vornherein unzulässig wäre. "Nach meinem Dafürhalten müsste das
vom Sachlichkeitsgebot getragen sein", sagte Marhold. Eine
Vorbildentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gebe es zwar
nicht. Eine geringere Auszahlung werde aber "dort zulässig sein, wo sich die
soziale Bedürftigkeit tatsächlich an den Verhältnissen am Aufenthaltsort
orientiert", meint der Europarechtler.
Diskriminierung
Leidenmühler verweist jedoch darauf, dass eine
derartige Regelung weder in Österreich lebende EU-Bürger noch im Ausland
arbeitende Österreicher diskriminieren dürfte. "Es muss eine
diskriminierungsfreie Regelung sein", betont Leidenmühler. Außerdem könnte
auch eine vorgeblich "diskriminierungsfreie" Regelung unzulässig sein, wenn
sich vor dem EuGH herausstellen sollte, dass in der Praxis vor allem
Ausländer davon betroffen sind. "Das wäre eine klassische materielle
Diskriminierung" und daher unzulässig, so der Linzer Europarechtler. Dass
Lopatka die aktuelle Debatte unter dem Titel einer geringeren
Familienbeihilfe für Ausländer begonnen habe, sei diesbezüglich "sicher
kontraproduktiv", meint Leidenmühler.
Sowohl Marhold als auch Leidenmühler betonen, dass die völlige Streichung der Familienbeihilfe für EU-Bürger nicht in Frage kommt. Dies habe der EuGH bereits mehrmals entschieden. Es sei europarechtlich klar geregelt, dass Arbeitskräften keine sozialrechtlichen Nachteile entstehen dürfen, wenn sie von ihrem Recht Gebrauch machen, in einem anderen EU-Land zu arbeiten, so Leidenmühler.