Heute redet Kurz mit SPÖ und FPÖ, morgen mit seinem Wunschpartner Kogler von den Grünen.
Gestern beauftragte Bundespräsident Alexander Van der Bellen ÖVP-Wahlsieger Sebastian Kurz wie angekündigt offiziell mit der Bildung einer Regierung. Kein leichtes Unterfangen.
Ab heute wird der ÖVP-Chef Kurz jedenfalls Sondierungsgespräche mit allen Parteichefs führen – nach Stärke deren Parteien.
- Als Erste ist daher SPÖ-Wahlverliererin Pamela Rendi-Wagner heute um 11 Uhr zu einem Gespräch mit Kurz im Winterpalais des Finanzministeriums geladen. Die Rote will „konstruktiv“ in die Sondierungen gehen. ÖVP-Insider gehen freilich davon aus, dass Kurz ein eher geringes Interesse an einer Koalition mit den Roten hätte.
- Als Zweiter ist FPÖ-Wahlverlierer Norbert Hofer am Dienstag dran. Der Blaue möchte zwar in eine Regierung, in seiner Partei gibt es aber Widerstände dagegen.
Mindestens zwei Wochen Sondierungen geplant
Am Mittwoch kommt Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger in das Winterpalais. Sie würde mit Kurz regieren wollen. Türkis-Pink geht sich aber rechnerisch nicht aus.
Last, but not least ist dann Werner Kogler um 17.30 Uhr der Gast von Kurz. Der grüne Wahlsieger gilt derzeit als Lieblingspartner der ÖVP, berichten mehrere türkise Spitzenleute. Aber allen Beteiligten sei „klar, dass es schwierig“ werde.
Kurz hat denn auch gestern in der Hofburg erklärt, die Koalitionsbildung könne „Monate dauern“.
Um die Fehler von 2003 – damals scheiterten die türkis-grünen Verhandlungen – zu vermeiden, wolle man sich bereits bei den Sondierungen Zeit lassen.
Mindestens zwei Wochen werden diese Gespräche dauern, die nach den Parteicheftreffen anschließend mit Teams fortgesetzt werden.
Sollten sich Türkis und Grün in diesen Abtast-Talks genügend bewegen, werden dann spätestens im November Koalitionsverhandlungen beginnen. Genau beobachten wird das auch Van der Bellen, der 2003 die grünen Gespräche mit der ÖVP angeführt hatte.
Kurz: "Politische Kultur wieder verbessern"
- Sebastian Kurz über Sondierungsgespräche: „Ich werde die Gespräche mit drei konkreten Zielen führen: Die politische Kultur soll nach diesem Wahlkampf wieder eine bessere werden. Ich will über die Zusammenarbeit im Parlament sprechen und wie wir parteiübergreifend vielleicht in Sachfragen einzelne Beschlüsse fassen können. Drittens ist das Ziel natürlich, eine handlungsfähige Regierung zu bilden.“
- Kurz über Aufgaben: „Aus meiner Sicht ist die größte Herausforderung, wie wir bestmöglich mit dem drohenden Wirtschaftsabschwung umgehen. Und ich will den Weg der Steuerentlastung fortsetzen.“
SPÖ zwischen Regierungslust und internem Zwist
Die SPÖ-Spitze um Pamela Rendi-Wagner dürfte laut mehreren roten Beobachtern gerne in eine Regierung ziehen.
In der roten Welt gibt es allerdings auch einigen Widerstand – von mehreren SPÖ-Ländergruppen und der roten Jugend – dagegen. Daher wird SPÖ-Chefin Rendi-Wagner Erbschafts- und Vermögenssteuern „fordern müssen“, so ein roter Stratege.
In die Regierung wollen auch rote Gewerkschafter, um eine weitere „Zerschlagung der Sozialpartner zu verhindern“, so ein Insider.
Grüne wollen auf Profis und Innovation in Talks setzen
Grünen-Bundessprecher Werner Kogler will laut grünen Insidern selbstbewusst, aber kompromissbereit in die Verhandlungen gehen. Er setzt auf Profis in der grünen Welt: Neben seiner Nummer 2, Leonore Gewessler, sollen daher auch Landesräte wie Astrid Rössler und Rudi Anschober in die Sondierungen mit der ÖVP eingebunden werden. Thematisch hofft man auf eine „Klima-, Innovations- und Wirtschaftspartnerschaft“. Leicht werde es aber nicht, so die Grünen.
I. Daniel