'EU-Infothek' ließ VP in Offensive gehen
Kurz: Fake-Skandal um Ibiza-Gate
17.06.2019Eine angebliche E-Mail-Korrespondenz zwischen Kurz und Blümel soll die ÖVP belasten.
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Eine eilig einberufene Pressekonferenz, ein sichtlich angespannter Ex-Kanzler und angeblich gefälschte E-Mails im Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre: Die ÖVP ging Montagfrüh in die Offensive. Die Details:
E-Mails kamen von Portal EU-Infothek
- Die E-Mails. Am vergangenen Freitag hat ein österreichisches „Investigativmedium“, so Kurz, die ÖVP mit E-Mails belastet, die die Türkisen in die FPÖ-Ibiza-Affäre hineinziehen sollen. Nach ÖSTERREICH-Recherchen handelt es sich dabei um die Website EU-Infothek, die schon bisher „Enthüllungen“ zur Ibiza-Affäre brachte.
- Bei den E-Mails soll es sich um einen Schriftwechsel zwischen Kurz und seinem Vertrauten Gernot Blümel im Februar 2018 handeln. Über den konkreten Inhalt wollen Kurz und ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer nichts verraten.
- Die Fälschung. Ziemlich schnell sei den ÖVP-Granden klar gewesen, dass es sich um „gefälschte“ E-Mails handelte. Das ergab nicht nur eine interne Prüfung, sondern auch ein von der ÖVP in Auftrag gegebenes Gutachten. Allerdings konnten nur Screenshots bzw. PDF-Dokumente sowie technische Daten bewertet werden. Die E-Mails selbst hat die ÖVP nach eigenen Angaben nicht.
- Das Gutachten. Als Beleg für die „plumpe Fälschung“ verteilte die ÖVP das Gutachten des Beratungsunternehmens Deloitte Forensic. Auffällige Ungereimtheit ist ein falsches Datum: Eine E-Mail wurde am Montag, 27. Februar 2018 abgeschickt. Tatsächlich war der Tag ein Dienstag. Dazu wurde die pazifische Zeitzone verwendet. Die IP-Adresse sei nicht der Wiener ÖVP zugeordnet. Und die Adresse könne nur zum Empfang und nicht zur Versendung verwendet werden.
- Die Anzeige. Kurz: „Das ist der Versuch, uns massiv zu diffamieren und unter anderem die ÖVP in die Ibiza-Enthüllungen hineinzuziehen.“ Die ÖVP hat eine Anzeige wegen des Delikts der Täuschung (§ 108 Strafgesetzbuch) eingebracht.
- Der Server. Dann stellte sich aber heraus: In der Deloitte-Stellungnahme heißt es, dass die in den – „gefälschten“ – E-Mails angeführte IP-Adresse (92.51.182.1) auf hosteurope.de und nicht auf wien.oevp.at registriert sei. Der Wiener IT-Unternehmer Michael Eisenriegler wies darauf hin, dass die tatsächliche IP-Adresse der Wiener ÖVP (92.51.182.37) zum selben Adressbereich gehöre. Die ÖVP bestätigte das – hosteurope.de arbeite aber erst seit 2019 für die ÖVP, die „gefälschten“ E-Mails stammten aus 2018.
- FPÖ fordert Taskforce. Die FPÖ will eine gründliche Untersuchung der Causa. Wie Generalsekretär Harald Vilimsky in der "ZiB2" ausführte, sollte rasch eine Taskforce mit Forensikern und Kriminologen gebildet werden.
Kurz und VP-Generalsekretär Karl Nehammer.
EU-Infothek ließ die ÖVP in die Offensive gehen
Die laut ÖVP gefälschten - E-Mails zur Ibiza-Affäre lagen dem Onlinemedium „EU-Infothek“ vor. Wie die ÖVP bestätigte, kam die Anfrage von dieser Plattform, die mehrmals über die Hintergründe des Ibiza-Videos berichtet hatte. . Über den Inhalt der Mails berichten werde man aber erst, wenn eine Fälschung ausgeschlossen werden könne. Herausgeber Gert Schmidt hatte sich bemüht, die Hintergründe des Ibiza-Videos aufzudecken – die EU-Infothek wird seitdem von HC Strache gerne geteilt.
Internet lacht über Segnung von Kurz
Für viele ist die Affäre um die „Fake“- E-Mails der ÖVP Ablenkung von dem Massen-Segnungsgebet für Sebastian Kurz am Sonntag in der Wiener Stadthalle. Dafür muss der ÖVP-Chef nämlich viel Kritik einstecken.
Kurz: "War selbst von Gebet überrascht"
In den sozialen Netzwerken lagen die Reaktionen zwischen Häme und Fassungslosigkeit angesichts der Worte des australischen Missionars Ben Fitzgerald: „Vater, wir danken dir für diesen Mann.“ Doch auch in Kirchenkreisen gab es harte Kritik. Der Präsident der Caritas, Michael Landau, zitierte eine Bibelstelle: „Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu“ – und fügte hinzu: „Von Stadthalle steht da nichts.“ Auch die Diakonie und der evangelische Bischof Michael Bünker warnten vor der politischen Vereinnahmung von Religion. Ex-FPÖ-Minister Herbert Kickl postete spöttisch den Genesis-Song Jesus He Knows Me.
Kurz selbst gab an, von dem Gebet „überrascht“ gewesen zu sein und „starr reagiert zu haben“. Er sei oft bei Religionsgemeinschaften zu Gast.