Irans Außenminister betonte den guten Willen des Irans im Atomstreit.
Es war punktuell eine orientalische Glitzerwelt in die Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag in Teheran eintauchte. Im teilweise mit Kristall-Stuck aus der Zeitenwende zum 20. Jahrhundert dekorierten Außenministerium traf er seinen Amtskollegen Mohammad Javad Zarif. Dieser unterstrich den guten Willen des Iran im Atomstreit. Das Thema Langstreckenraketen müsse aber ausgeklammert bleiben.
© Dragan Tatic
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Die von den USA aufs Tapet gebrachte Verknüpfung mit dem Verbot einer Bestückung von iranischen Langstreckenraketen mit Nuklearsprengköpfen könne schon deshalb nicht Teil der Verhandlungen sein, argumentierte Zarif, weil der Iran keinerlei atomare Militärpläne hege und diese überhaupt ablehne. "An dem Tag, an dem die Welt ohne Atomwaffen dasteht, wird sie eine bessere Welt sein", war Zarif mit Kurz einer Meinung. Daher sei es auch absurd zu glauben, dass der Iran seine Raketen als Massenvernichtungswaffen nützen wolle. Die Raketen dienten allein zu Verteidigungszwecken. "Und in diese Pläne darf sich niemand einmischen."
Dass konservative Hardliner im Iran ein mögliches Atomabkommen torpedieren könnten, glaubt Zarif nicht: Im Iran gebe es eine gesellschaftliche Vielfalt, meinte der Außenminister, also auch Kräfte, die ein Agreement aus politischen Gründen nicht unterstützen. Könne aber bei den Gesprächen mit den fünf UNO-Vetomächten und Deutschland ein positives Ergebnis zwischen gleichberechtigten Partnern auf Augenhöhe erzielt werden, werde dieses vom "Großteil des iranischen Volkes" unterstützt werden.
Kurz unterstrich - streng beäugt von den Bildnissen des verstorbenen Revolutionsführer Ayatollah Ruhollah Khomeini und dem aktuellen geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei - im abgesehen vom prunkvollen Kristall-Vestibül vor dem Besprechungssaal eher in die Jahre gekommenen Außenministerium die positiven Aspekte eines möglichen Abkommens. Einerseits würde sichergestellt, dass es im Iran keine "Atombombe" gebe, die Region und die Welt damit sicherer werde, und zudem die Aufhebung der von Österreich mitgetragenen Wirtschaftssanktionen anstünden.
Alltag leidet unter Sanktionen
Derzeit leidet der iranische Alltag noch unter den Sanktionen. Einer sehr hohen Inflation stehen geringe Löhne gegenüber. Zuletzt wurden die Benzinpreise stark angehoben. Die Arbeitslosigkeit steigt, ebenso die Zahl der von Armut Betroffenen. Aber auch die Mittelschicht kämpft zunehmend mit Problemen. Viele Iraner können von ihrem Hauptberuf nicht leben, heißt es unter Diplomaten: "Sie sind zu Nebentätigkeiten gezwungen." Bei einer Aufhebung werden aber auch österreichische Unternehmen bereits für Geschäfte parat stehen, versprach der 27-jährige Außenminister.
Am Sonntag stand noch ein Besuch des Österreichischen Kulturforums in Teheran auf dem Programm. Dort wollte Kurz auch mit "Vertretern der Zivilgesellschaft" zusammenkommen. Anfang März hatte es diplomatische Verstimmungen gegeben, weil die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton während ihrer Iran-Reise in Räumlichkeiten der österreichischen Vertretung in Teheran Menschenrechtsaktivistinnen getroffen hatte. Unter ihnen war auch die lange inhaftierte Regimekritikerin Narges Mohammedi, für deren Freilassung die EU sich besonders eingesetzt hatte.
Daraufhin warf die konservative Opposition der Regierung des als gemäßigt geltenden Präsidenten Hassan Rohani vor, die nationale Sicherheit gefährdet zu haben. Das von Konservativen dominierte Parlament zitierte unter anderen Zarif zum Rapport. Dem Außenamtschef wurde vorgeworfen, entweder über das Treffen informiert gewesen oder absolut naiv und unfähig zu sein, europäischen Diplomaten die Einmischung in interne Angelegenheiten zu verwehren.
Kritik der konservativen Kräfte
Die Reform-Politiker Rohani und Zarif agieren stets in dem Spannungsfeld, dass die konservativen Kräfte in der Islamischen Republik ihren Aktivitäten zumindest kritisch gegenüberstehen. Die Letztentscheidungen trifft Ayatollah Khamenei. Er lässt Rohani und Zarif laut politischen Beobachtern zwar bei den internationalen Verhandlungen zum Atomkonflikt weitgehend freie Hand, kaum aber bei internen Angelegenheiten wie Menschenrechtsfragen.
Zu diesen räumten beide Minister "unterschiedliche Ansichten" ein. Aber solche müssten eben auch vernünftig diskutiert werden. Kurz deponierte explizit die "aufgrund unseres Menschenbildes" ablehnende Haltung Österreichs zur Todesstrafe, wie sie im Iran praktiziert wird.
Mit Rohani war ebenso ein Gespräch geplant wie mit Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani, der heute Chef des mächtigen Schlichtungsrates ist. Rafsanjani gilt als politischer Mentor Rohanis. Die beiden Treffen sollen am morgigen Montag stattfinden.
Dichtes Programm
Noch für Sonntag wurden auch noch Besuche bei religiösen Minderheiten, etwa Angehörigen der armenisch-orthodoxen Kirche, anvisiert. Ein ebensolcher in der jüdischen Synagoge in Teheran kam trotz Bemühungen nicht zustande. Kurz unterbreitete Zarif den Vorschlag, den Dialog in Sachen Religions- und Menschenrechtsfragen "zu intensivieren". "In Österreich leben verschiedene Glaubensgemeinschaften so friedlich miteinander, wie wahrscheinlich in keinem anderen Land der Welt." Diese Expertise stelle man gerne zur Verfügung
Die Reise dient auch dazu, einen "potenziellen" Besuch von Bundespräsident Heinz Fischer vorzubereiten. Dieser ist wohl vor allem von der Frage abhängig, ob bei den unter anderem in Wien geführten Atomgesprächen ein positives Abkommen erzielt wird. Ob es dazu kommt, ist laut Diplomatenkreisen derzeit nicht absehbar.