Strafrechtsprofessor rechnet mit Staatsanwälten ab: Voreingenommenheit, schlechte Recherche, inkorrekte Textanalyse von Chatnachrichten. „Keine konkrete Verdachtslage gegen Kurz.“
Ex-Kanzler Sebastian Kurz schlägt jetzt mit einem Gutachten gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zurück. Und das 17-seitige Gutachten des renommierten Wiener Strafrechtsprofessors DDr. Peter Lewisch vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien hat es in sich. Denn Lewisch lässt in seiner Analyse zur Anordnung kein gutes Haar an den Staatsanwälten, wirft ihnen Schlampigkeit, mangelnde Beweise und sogar Voreingenommenheit („krassen prosecutorial bias“) vor. Das zeigt einmal mehr: Die falschen Vorwürfe der WKStA gegen ÖSTERREICH brechen immer mehr in sich zusammen.
Gleich zu Beginn rechnet Lewisch beinhart mit den Ausführungen der WKStA ab: Die Anordnung sei an der „Grenze der sprachlichen und sachlichen Verständlichkeit“, „in mehreren Punkten schon in materiell-rechtlicher Analyse fehlerhaft“ und beruhe auf einer „schlichtweg inkorrekten Textanalyse von Chatnachrichten“.
Mutmaßungen und Spekulationen
Laut dem Gutachten „erschöpfen sich die diesbezüglichen Ausführungen der WKStA in Mutmaßungen und Spekulationen.“ Die Vorwürfe „hängen komplett in der Luft“, schreibt Lewisch und spricht dann sogar von einem „Zirkelschluss“ - die WKStA könne nur „das aus dem Sachverhalt herauslesen, was sie zuvor selbst in diesen hineingelesen hat“.
Besonders unangenehm für die Staatsanwälte: Die WKStA habe es laut dem Gutachten verabsäumt, leicht zu recherchierende Kontrollbeweise aufzunehmen. „Dafür hätte sich eine kurze Internetrecherche angeboten“, schreibt der Strafrechtsprofessor in Richtung der Staatsanwälte, die laut ihm nicht einmal im Stande waren, den Sachverhalt fünf Minuten lang vom Schreibtisch aus auf Google nachzuchecken. Lewisch ist ob dieser groben Pannen scheinbar selbst schockiert: „Es erscheint geradezu unbegreiflich, wieso die WKStA in dieser Situation eine solche Beweisaufnahme einfachster Art unterlassen hat. Hätte die WKStA diese Internetrecherche vorgenommen dann hätte sich sofort ergeben, dass ihre zentrale Annahme, wonach das Gespräch mit BM Karmesin Beleg für eine Intervention von Sebastian Kurz kriminellen Inhalts sei, in sich zusammengefallen wäre.“
Keine konkrete Verdachtslage
Die Staatsanwälte würden „Story telling“ betreiben und hätten „im vorliegenden Fall keine prozessuale Kompetenz zur gegenständlichen ,romanhaften Erzählung’.
Das Urteil fällt jedenfalls vernichtend für die WKStA aus: „Auf Grundlage der in der staatsanwaltlichen Anordnung selbst genannten Beweismittel und Überlegungen lässt sich die von der WKStA behauptete konkrete Verdachtslage gegenüber Sebastian Kurz in keiner Weise nachvollziehen. Die Anordnung der WKStA vermag kein einziges Beweisergebnis zu benennen, das die Person des Sebastian Kurz auch nur irgendwie in substantiierter Weise in Verbindung mit möglichen Inkorrektheiten bei der Finanzierung und Abrechnung von Leistungen im Schoße des BMF bringt.“ Von einer konkreten Verdachtslage gegen Kurz könne laut dem Gutachten keine Rede sein. Die WKStA hat jetzt jedenfalls Erklärungsbedarf …