Im Interview
Kurz: "Kontrollen am Brenner vorbereiten"
09.04.2016
Der Außenminister macht Druck auf Italien.
Im ÖSTERREICH-Interview spricht der Außenminister über Grenzkontrollen, verpflichtende Deutschkurse und Russland-Sanktionen.
ÖSTERREICH: Der Flüchtlingszustrom ist deutlich abgeebbt. Haben wir das Schlimmste überstanden?
Sebastian Kurz: Die Schließung der Westbalkan-Route hatte eine enorme Wirkung. Es kommen jetzt deutlich weniger Flüchtlinge, allerdings kommen noch immer einige über die Mittelmeer-Route. Überstanden haben wir die Flüchtlingskrise noch nicht.
ÖSTERREICH: Muss die Brenner-Grenze geschlossen werden?
Kurz: Wir müssen uns jedenfalls auf Kontrollen am Brenner vorbereiten. Ich hoffe auf ein Einlenken Italiens. Italien muss das Durchwinken beenden, sonst braucht es Grenzkontrollen am Brenner.
ÖSTERREICH: Die Regierung hat ein neues Asyl-Gesetz beschlossen. Haben wir jetzt das schärfste Asyl-Gesetz Europas?
Kurz: Nein, das würde ich nicht so sagen. Aber man darf nicht vergessen: Wir haben im vergangenen Jahr 90.000 Menschen aufgenommen und wir müssen aufpassen, dass wir Österreich nicht überfordern. Daher ist dieses Gesetz wichtig.
ÖSTERREICH: Der Wiener Bürgermeister Häupl wirft Ihnen vor, dass Sie bei der Integrationspolitik in der Flüchtlingskrise versagen.
Kurz: Als ich das Thema der Islam-Kindergärten aufgegriffen habe, habe ich damit gerechnet, dass ich mir den Ärger der Wiener SPÖ zuziehen werde und einige Giftpfeile auf mich abgeschossen werden. Aber ich werde weiter heikle Themen ansprechen. Das Integrations-Thema ist eine massive Herausforderung. Umso mehr freue ich mich, dass wir erst diese Woche einen großen Erfolg verbuchen konnten: Wir haben mit der SPÖ ein Gesetz vereinbart, dass jeder Schüler vor dem Schuleintritt Deutsch können muss. Die SPÖ hat das davor unter dem Vorwand der „Ghetto-Klassen“ blockiert, jetzt aber zugestimmt. Ich verlange, dass das streng umgesetzt wird.
ÖSTERREICH: Sie waren vergangene Woche in Russland. Die EU-Front gegen die Russland-Sanktionen beginnt zu bröckeln. Sollen die Sanktionen aufgehoben werden?
Kurz: Die Sanktionen sind bis Juli beschlossen. Was danach passiert, wird auf europäischer Ebene diskutiert. Ich glaube jedenfalls, dass es wichtig ist, trotz Völkerrechtsverletzungen auf eine Zusammenarbeit mit Russland hinzuarbeiten. (fen)