ORF-Sommergespräch

Kurz liefert sich Schlagabtausch mit ORF-Moderator

Teilen

Das Sommergespräch wurde für so manchen Zuhörer zur Geduldsprobe.

ÖVP-Obmann Sebastian Kurz pocht auf eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote. Umgesetzt werden soll diese etwa mittels Reduzierung der Förderungen, erklärte er in seinem ersten ORF-"Sommergespräch" am Montagabend. Seine Präferenzen für die neue Regierungskonstellation ließ er dabei offen, zunächst müsse der Wähler entscheiden, so der Außenminister.

Wüstes Duell

Im Laufe des Gesprächs rückten jedoch nicht mehr die Themen, sondern das Gerangel zwischen Kurz und Moderator Tarek Leitner in den Vordergrund. Das Interview wurde anstrengend für die Zuhörer, immer wieder fielen sich die beiden gegenseitig ins Wort. So forderte Kurz mehrere Male "lassen Sie mich ausreden", Leitner konterte mit einer fast oberlehrerhaften Gesprächsführung. Im Endeffekt verließen die beiden Kurz' erstes Sommergespräch genervt.

Doch neben den andauernden Diskussionen konnten schließlich doch einige Themen beantwortet werden:

Kurz drängt auf Steuersenkung

Kurz drängt auf eine Senkung der Steuern- und Abgabenquote von derzeit rund 43 auf unter 40 Prozent. Umgesetzt werden soll diese Steuersenkung von zwölf bis 14 Mrd. Euro, einerseits durch ein stärkeres Wirtschaftswachstum, andererseits soll sichergestellt sein, dass die Ausgaben nicht die Inflation übersteigen. Drittens gelte es, Förderungen zu kürzen, denn: "Wir fördern in Österreich fast alles." Der Politik fehle dabei der Überblick. "Ziel ist es, das bis Ende der Legislaturperiode zu schaffen, am Ende müssen wir auf eine Summe von zwölf bis 14 Milliarden Euro kommen." Nötig sei etwa auch eine Reduzierung der "Flüchtlingsströme" sowie der "Zuwanderung in das Sozialsystem". Bei dem Thema Gegenfinanzierung gerieten Moderator Tarek Leitner und Kurz etwas aneinander, denn Leitner vermisste hier konkrete Aussagen.

Offen ließ Kurz auch die künftige Koalitionsvariante. Jetzt müsse der Wähler entscheiden, wen er stärken will, dann entscheide sich, welche Koalitionen möglich sind. Als er die Partei übernommen habe, sei ihm jedenfalls klar gewesen, dass er unter Rot-Schwarz nicht einen weiteren Neuanfang starten wollte: "Der Glaube war nicht da." "Ich habe erlebt, dass man sich gegenseitig keine Erfolge gegönnt hat", es wäre nicht richtig gewesen, das fortzusetzen, meinte der Parteiobmann. Auch ist er "als überzeugter Demokrat" der Meinung, dass eine Regierungsspitze gewählt sein sollte: "Die letzten Regierungspolitiker, die in Spitzenfunktionen gewählt wurden, waren Faymann und Spindelegger", gab er zu bedenken.

Transparenz bei der Wahlkampffinanzierung

Was die Wahlkampffinanzierung betrifft, steht er zu den derzeitigen Regelungen, zeigte sich aber auch offen für etwaige Änderungen. "Das Problem ist, dass die Regeln von vielen nicht eingehalten werden", betonte er. Kurz verwies darauf, dass bei der ÖVP nun alle Spenden auf der Homepage veröffentlicht werden. Ab dem Wert von 3.500 Euro gebe es keine anonymen Spenden: "Ich lehne ab, wenn das nicht gemacht wird", etwa wenn versucht werde, etwas über Vereinskonstruktionen zu verschleiern, erlaubte er sich eine Spitze in Richtung SPÖ - dies wäre "unehrlich". Dass die ÖVP 2013 das Wahlkampfbudget am stärksten überzogen hat, sei korrekt, räumte Kurz ein, die Partei habe dafür auch Strafe gezahlt. Großspenden verteidigte Kurz, solange sie transparent sind: "Sobald man Spenden transparent macht, ist das ein Zeichen dafür, dass man nichts zu verbergen hat." Über eine Spendenobergrenze könne man gerne sprechen. Kurz meinte weiters, er könnte auch mit weniger Geld für die Parteien leben, denn die aktuelle Parteienförderung sei extrem hoch.

Die Strategie, das Wahlprogramm Stück für Stück zu präsentieren, verteidigte Kurz. Man habe sich bewusst dafür entschieden, die Inhalte in drei Teilen vorzustellen, damit nicht einzelne Themen groß berichtet werden und andere untergehen. Ein Gesellschaftsthema in der Diskussion betraf die Öffnung der Ehe für alle. Hier steht Kurz weiter zu der Unterscheidung der Begrifflichkeiten von Ehe und Verpartnerung. Beim Thema Ladenöffnung begrüßt der ÖVP-Obmann die Tourismuszonen, ebenso eine Ausweitung in Wien oder den Bundesländern - dort, wo es sinnvoll ist.

Kurz gab an, dass auch er selbst vom Rücktritt seines Vorgängers an der Parteispitze, Reinhold Mitterlehner, überrascht worden sei. Mit der nun neuen Parteifarbe im Wahlkampf, Türkis, habe er aber schon davor gearbeitet, meinte der neue Obmann. Dass er harte Bedingungen für die Übernahme der Obmannschaft gestellt habe, rühre daher, dass er bereits lange miterlebt habe, wie es Parteichefs ergeht. Er habe gesehen, was falsch lief und dies nicht hingenommen. Verantwortung wollte er daher nur unter seinen Bedingungen übernehmen: "Das war hart und viel Veränderung auf einmal", bedankte sich Kurz für das Vertrauen der Partei.

Auf Seite 2 finden Sie den Live-Ticker zum Nachlesen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
 21:59

Vielen Dank fürs Mitlesen!

Der Live-Ticker ist nun beendet.

 21:56

Was ist, wenn der Kanzlertraum platzt?

Ich bleibe mir selbst treu, der Wähler wird am 15. Oktober entscheiden. Sollten wir gewählt werden, werde ich versuchen, ein Maximum an Vorschlägen durchzusetzen. Wenn wir nicht gewählt werden, werde ich das als überzeugter Demokrat zur Kenntnis nehmen. Mein Ziel ist es natürlich, gewählt zu werden, und ich hoffe sehr, dass wir die notwendige Unterstützung bekommen.

 21:53

Soll Schengen am Ende außer Kraft gesetzt werden, damit man weiterhin Binnengrenzen kontrollieren soll?

Die Grenzkontrollen braucht es natürlich solange der Flüchtlingsstrom weiterhin ist. Klares Bekenntnis zu einem Europa nach innen. Solange es keinen Schutz der EU-Außengrenzen gibt, werden wir die Grenzkontrollen im Inneren weiterhin durchführen, auch nach November.

 21:48

Haben Sie die Sorge, dass Demokratie in osteuropäischen Ländern umkehrbar ist?

Demokratie ist etwas, das man schützen und bewahren muss. Das trifft nicht nur auf Ost-Europa zu, sondern auch auf uns. Die Ost-Erweiterung hat meiner Meinung nach dazu geführt, dass sich die Demokratie in diesen Ländern besser entwickelt hat. Die Demokratie ist mit der EU zum Glück deutlich weniger umkehrbar als ohne die EU. Die negativen Entwicklungen gibt es teilweise in Ungarn, teilweise in Polen, die EU hilft uns sicher, mehr Druck auf diese Staaten zu machen.

Ich melde mich auch regelmäßig zu Wort, wenn in diesen Ländern etwas schiefläuft. Ich habe eine sehr klare Meinung zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie etc. und greife nicht nur medial, sondern mit den Partnern aus diesen Ländern zu Wort.

 21:38

Sie wollen die Abgaben- und Schuldenquote drücken. Wo soll man das Geld nicht mehr ausgeben?

Ein stärkeres Wirtschaftswachstum ist die beste Möglichkeit für mehr Steuereinnahmen. Zweitens: Sicherstellen, dass die Ausgaben in Summe nicht über die Inflation steigen. Wenn wir das schaffen, bringt das schon wieder ein paar Milliarden. Drittens ist jener Bereich, wo man Einsparungen machen kann: Erstens gibt es den Bereich der Förderungen. Die Politik hat teilweise nichteinmal einen Blick darüber, was gefördert wird. Wir haben Doppel- und Dreifach-Förderungen. Wir fördern alles. Aber auch im Bereich der Flüchtlingskosten kann man viel einsparen. Andere Staaten schaffen es auch mit einer niedrigeren Steuerquote. Wenn wir in der Verwaltung sparsamer wären, würde das auch funktionieren. Der Plan ist "ambitioniert, aber schaffbar".

 21:36

Öffnungszeiten am Sonntag

Ich bin dafür, dass man in gewissen Zonen die Tourismuszonen ausweiten kann. Aber der Sonntag soll nicht zu einem Tag werden, an dem generell gehandelt wird. Man sollte das nur dort tun, wo es Sinn macht.

 21:35

Ehe für alle: Wenn es nur an Begrifflichkeiten hängt, warum gestehen Sie es den Menschen nicht zu?

Menschen, denen diese Begriffe wichtig sind, die gibt es auf allen Seiten. In Deutschland wurden viele Schritte zuvor nicht gemacht, die in Österreich schon gemacht wurden. Ich stehe zu dem, was in Österreich gemacht wurde. Es gibt in meiner Sicht keine Diskriminierung mehr, ich halte es durchaus für in Ordnung, wenn man hier in der Begrifflichkeit unterscheidet.

 21:32

Ist in der Flüchtlingskrise das Christliche verloren gegangen?

Ich habe als Außenminister einen internationaleren Blick auf das Ganze. Ich hatte oft den Eindruck, dass die Menschen nicht nur was Gutes tun wollten, sondern auch ihr Gewissen beruhigen wollten. Wir können den Menschen durch Hilfe vor Ort helfen. Wir müssen mehr tun, wir müssen Menschen helfen, die schlechtere Lebensbedingungen haben als wir, aber wir müssen es nachhaltig machen. Mein christlichsozialer Ansatz ist, dass wir das vor Ort tun sollen.

 21:31

Filmausschnitt "Maximilian"

 21:29

Wieviel Christentum steckt noch in der ÖVP?

Zum einen, dass jeder seine Talente für die ganze Gesellschaft einbringen soll, ist ein christlicher Wert. Gleichzeitig ist es notwendig, sich in einem Land gegenseitig zu unterstützen, auch im direkten Umfeld füreinander einzutreten. Österreich ist deshalb so ein tolles Land, weil es sehr viel Ehrenamtliches gibt, weil sehr viel füreinander passiert.

 21:27

Wie hätten Sie die Wahlspenden lieber geregelt?

Ich bin da komplett flexibel. Ich will aber, dass es transparent zugeht. Ich würde nie von jemandem eine Spende annehmen, der sich dadurch erwartet, politisch mitreden zu können.

 21:24

Was war zuerst da, die Position der Partei oder der Wunsch des Großspenders?

Ich beginne bei der Frage, wer spendet uns überhaupt? Über 90 Prozent sind Kleinstspender. Sobald man Spenden transparent macht, ist das doch ein Zeichen dafür, dass man nichts geheim halten will. Was ich problematisch finde ist, wenn Spenden nicht transparent gemacht werden. Ich rede gerne über eine Spenden-Obergrenze. Wenn jemand aber für eine Spenden-Obergrenze eintritt und vom Herrn Haselsteiner gleichzeitig noch mehr Geld annimmt, das halte ich für einen unehrlichen Weg.

 21:20

Hat die ÖVP nicht mindestens soviel Wahlkampf betrieben, wie der SPÖ vorgeworfen wurde?

Da weiß ich nicht bescheid, da kennen Sie die Zahlen wahrscheinlich besser als ich. Ich habe nicht so getan, als wäre nur die andere Seite daran schuld. Es braucht keine Schuldzuweisungen, sie werden mir zustimmen, dass das Auftreten keines war, das gemeinsam war. Ich hatte den Eindruck, dass alle gedanklich schon bei den Wahlen waren.

 21:18

Was hat die Beziehung zur SPÖ so tief zerrüttet?

Es geht nicht um tief zerrüttet, sondern mit dem Rücktritt von Mitterlehner habe ich gesagt, dass ich den 17. Neuzugang nicht machen wollte. Ich habe jahrelang Minimal-Kompromisse erlebt, ich habe erlebt, dass man sich gegenseitig keine Erfolge gegönnt hat, also war ich nicht bereit, das als Vizekanzler fortzusetzen.

Es hätte sich ein Dauerwahlkampf entwickelt, der dem Land nicht gut getan hätte. Der entscheidende Punkt ist, ich bin der Meinung, dass eine Regierungsspitze gewählt sein sollte. Die letzten Regierungspolitiker, die wirklich gewählt wurden, waren Faymann und Spindelegger.

 21:16

Hat eine Weiterarbeit zwischen Rot und Schwarz auch nur die geringste Chance?

Auf Bundesebene versuchen wir nicht, vorher etwas auszudealen, der Wähler muss entscheiden, wen er wählen will. Wir greifen außerdem die anderen nicht an, ich begegne meinem Gegenüber egal von welcher Partei so wertschätzend vor der Kamera wie dahinter.

Eine Weiterarbeit muss man nach der Wahl entscheiden, erst nach der Entscheidung der Wähler kann über mögliche Koalitionen gesprochen werden.

 21:14

Es wird ein Ausschnitt aus "Kaisermühlen Blues" gezeigt

 21:11

Warum legen Sie das Wahlprogramm nicht schon zur Diskussion vor?

Es wird gerade fertiggestellt. Zum einen wurde es bewusst anders erstellt als das früher gemacht wurde. Normalerweise wird es in der Parteizentrale von ein paar Mitarbeitern geschrieben, wir wollten einen anderen Weg gehen. Ich habe mit unzähligen Menschen gesprochen, 10.000 Menschen haben das genutzt in den unterschiedlichen Formaten. Das Programm ist jetzt rund 250 Seiten lang geworden, jetzt soll es in drei Teilen präsentiert werden.

Natürlich sind auch Ansagen zur Migration dabei, und ich will verhindern, dass dann in der Berichterstattung nur ein Teil herausgenommen wird und darüber berichtet wird. Um allen Themen genug Gewicht zu geben, wird das Wahlprogramm in drei Teilen präsentiert.

 21:09

Wie lange haben Sie mit dem konkreten Plan vor dem Rücktritt Mitterlehners daran gedacht?

Die Farbe Türkis war etwas, mit dem ich schon jahrelang gearbeitet habe, ich arbeite mit demselben Team, mit dem ich die letzten zehn Jahre zusammengearbeitet habe. Für mich hat sich nicht so viel geändert wie vielleicht für die ÖVP.

Zu den Bedingungen für die Partei: Ich habe das jetzt alles jahrelang miterlebt. Ich habe soviel miterlebt, dass ich für mich sehr genau gewusst habe, was falsch läuft. Deshalb habe ich klar gemacht, ich mache das nur, wenn ich der sein kann, der die Linie vorgibt. Das war hart, das war sehr viel Veränderung auf einmal, aber ich halte es für den richtigen Weg.

 21:07

Wie lange gibt es das Projekt Liste Sebastian Kurz schon?

Kurz: In den Medien gibt es diese Idee schon lange. Ich habe mich immer wieder damit auseinandergesetzt, unter welchen Bedingungen kann und soll man so etwas machen? Die Überraschung war für mich groß, als Reinhold Mitterlehner zurückgetreten ist. Ich habe erst eine halbe Stunde vor der Pressekonferenz erfahren, dass er zurücktritt. Ich mache ihm da aber keinen Vorwurf. Für mich kam es in der Situation natürlich überraschend.

 21:06

Es geht los!

ORF-Moderator Tarek Leitner begrüßt ÖVP-Chef Sebastian Kurz zu seinem ersten ORF-Sommergespräch.

 21:02

Gleich geht es los. Kurz möchte heute nicht nur über Flüchtlinge und die Mittelmeerroute zu reden, sondern auch neue Inhalte – Standortpolitik, Arbeitsmarkt und Sozialpolitik – vertiefen.

 20:51

Ab 21.05 Uhr stellt sich der ÖVP-Obmann den Fragen von ORF-Anchor Tarek Leitner.

 20:48

Herzlich Willkommen zum oe24.TV-Liveticker

In etwa 15 Minuten beginnt das ORF-Sommergespräch mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz.