Interview

Kurz: "Merkels Asylpolitik war falsch"

02.10.2016

ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz schießt scharf gegen die Asylpolitik von Merkel.

Zur Vollversion des Artikels

This browser does not support the video element.

Zur Vollversion des Artikels

Mit seiner Kritik an der deutschen Kanzlerin Merkel dominierte Kurz am Wochenende die Schlagzeilen in deutschen Medien: „Diese Politik ist falsch“, sagte Kurz. Am Sonntagabend war der Außenminister dann Talk-Gast bei Anne Will in der ARD. Zuvor gab er oe24.TV und ÖSTERREICH ein ausführliches Interview über das Referendum in Ungarn und Merkels Fehler.

ÖSTERREICH: Anfangs wurde Ungarns Viktor Orbán verteufelt, auch von Österreich. Wie bewerten Sie seine Politik?

Sebastian Kurz: Viktor Orbán hat als einer der ersten EU-Regierungschefs die Notwendigkeit einer ordentlichen Sicherung der EU-Außengrenzen erkannt. Viele, die Viktor Orbán anfangs heftig kritisiert haben, müssen mittlerweile zugeben, dass er damit nicht falsch ­gelegen ist. Wir sollten nun gemeinsam die EU-Außengrenze sichern.

ÖSTERREICH: Welche Auswirkungen hat das Ungarnreferendum auf Österreich?

Kurz: Für Österreich bringt diese Volksbefragung keine große Veränderung. Für die EU zeigt es einmal mehr, dass die Umverteilung in Europa nach Quoten nicht sonderlich realistisch ist. Man hat sich ja als Europäische Union zum Ziel gesetzt, 160.000 Flüchtlinge aus Ita­lien und Griechenland auf ganz Europa zu verteilen. Mittlerweile sind nach über einem Jahr nur einige Tausend verteilt. Das heißt, wir bräuchten mehr als 30 Jahre, um diese 160.000 zu verteilen. 160.000 sind im letzten Jahr aber in einem Monat gekommen. Aus meiner Sicht braucht es nicht die ewige Diskussion über Umverteilung in der EU, die unrealistisch ist.

ÖSTERREICH: Ist die EU-Asylpolitik gescheitert?

Kurz: Ich habe von Anfang an gesagt, dass der Plan der Umverteilung nicht funktionieren wird. Wir sehen, dass nicht nur die Staaten nicht bereit sind, die Flüchtlinge aufzunehmen. Es sind auch die Flüchtlinge gar nicht bereit, in diese Staaten zu gehen. Schauen Sie sich zum Beispiel Rumänien an. Rumänien wurde gezwungen, Platz für einige Tausend Flüchtlinge zu schaffen. Bisher waren aber nur einige Hundert Flüchtlinge bereit, nach Rumänien zu gehen. Die Verteilung scheitert eben auch an den Flüchtlingen. Wir sollten uns lieber auf den Schutz der Außengrenzen fokussieren – hier wollen alle Mitgliedstaaten mitarbeiten.

ÖSTERREICH: Sie kritisieren auch Kanzlerin Merkel?

Kurz: In der Flüchtlingspolitik hatte Merkel prominente Unterstützung aus ganz Europa, auch in Österreich. Ich halte diese Politik für falsch. Wir müssen den Zustrom stoppen. Den stoppen wir aber nicht, wenn wir den Flüchtlingen in Italien und Griechenland sagen, es geht für euch eh weiter nach Deutschland. Den Zustrom stoppen wir nur dann, wenn wir die Flüchtlinge zwar aus Seenot retten, sie aber danach nicht aufs Festland bringen, sondern in Hotspots auf Lesbos oder Lampedusa halten. Und von dort müssen sie so rasch als möglich in ihr Herkunftsland zurückgebracht werden.

Zur Vollversion des Artikels