Der Kanzler zieht Bilanz
Kurz: 'Trump ist nicht sehr diplomatisch'
21.02.2019Auf oe24.TV zieht der Kanzler Bilanz über den Trump-Besuch.
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Die Mischung aus Erleichterung und Stolz war Sebastian Kurz anzusehen. Sein 70-Minuten-Termin mit US-Präsident Donald Trump am Mittwoch war die Kür seiner bisherigen Außenpolitik – und, dass das Gespräch zwar hart in der Sache, aber herzlich im Ton abgelaufen war, empfand der VP-Kanzler sichtlich als echten Erfolg. Immerhin hatte Trump sich Kurz gegenüber jovial verhalten. Laut US-Botschafter Trevor Traina wusste Trump es durchaus zu würdigen, dass Kurz in Sachen Handel und Sicherheitsausgaben höflich, aber bestimmt Widerstand zeigte.
Privates Dinner mit First Daughter Ivanka Trump
Er sei schon „nervös“ vor dem Treffen im Weißen Haus gewesen, sagte Kurz auch offen im ÖSTERREICH-Gespräch.
Bereits um 4 Uhr morgens sei er aufgewacht. Sein Dinner mit den Millennials im Weißen Haus – First Daughter Ivanka Trump und Jared Kushner – lief für den 32-jährigen Kurz hingegen weitaus entspannter ab. Nach seinem Dinner bei Ivanka und Kushner zeigte sich Kurz dann auch wieder entspannt an der Bar des Hotel Willard.
Dass die New York Times davon berichtet, dass Kurz und Trump „Seelenverwandte“ seien, dürfte freilich auf weniger Freude stoßen beim Österreicher. Immerhin blickt auch die EU ganz genau auf die neue Annäherung zwischen dem US-Milliardär und dem „jungen Burschen“, wie Trump Kurz bezeichnet hatte.
Besuch zum Abschluss bei "Washington Post"
Botschafter Traina – der maßgeblich Kurz’ Besuch im White House eingefädelt hatte – macht freilich kein Geheimnis daraus, dass Trump Kurz natürlich als Sprachrohr in Europa wolle. Er hat ihm auch seine Wünsche mitgegeben – die EU behandle die USA im Handel „unfair“ und müsse das ändern. Und: Europa solle mehr für Sicherheit ausgeben.
Gestern Nachmittag – bevor Kurz via Austria Airlines wieder gen Wien zurückfliegen sollte – besuchte er noch die Redaktion der Washington Post. Die legendäre Hauptstadtzeitung, die einst den Watergate-Skandal aufgedeckt hatte und von Trump als Feind angesehen wird, beobachtet den Millennial-Kanzler aus Österreich immer wieder genau. Das Qualitätsblatt gehört bekanntlich Amazon-Gründer Jeff Bezos, der seine Mannschaft darin unterstützt, weiter Skandale aufzudecken.
Keine Einladung für Trump nach Österreich
Wiener Walzer? Eine direkte Einladung nach Österreich hat Kurz nicht ausgesprochen. Als Trump den Kanzler aber nach seinem Besuch im Weißen Haus in die eiskalte Schneeluft Washingtons entließ, scherzte der US-Präsident zum Abschied: „Fühlt sich an wie in Österreich.“
"Seelenverwandte" und "Hardliner": Weltpresse über Treffen Kurz & Trump
„Diese Art der Anerkennung bekommen Führer kleinerer Länder fast nie“, so die New York Times. Das Blatt sieht auch eine „Seelenverwandtschaft“ zwischen Trump und Kurz. Die Agentur Bloomberg lobt Kurz als „frisches konservatives Gesicht“, das sich als „Mediator zwischen den USA und EU positionieren will“. Der Nachrichtensender ABC News bezeichnet ihn als „Hardliner in Sachen Immigration“. Die Bild ätzt: „So eine freundliche Begrüßung bekam die deutsche Kanzlerin in Washington nicht.“ Die Welt zitiert, was Trump über Kurz sagte: „Sie sind wirklich ein junger Kerl, was ziemlich gut ist.“
Kurz auf oe24.TV: "Trump ist nicht sehr diplomatisch"
oe24.TV: Wie ist das Treffen mit Trump gelaufen?
Sebastian Kurz: Er hat Österreich sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt. Aber nicht nur er hat sich Zeit genommen. Auch der Vizepräsident, Außenminister, Energieminister und sein Sicherheitsberater haben nach unserem Vieraugengespräch mehr als eine halbe Stunde mit unserer Delegation gesprochen. Trump hat großes Interesse an Europa gezeigt, ist aber gleichzeitig klar bei seinen harten Positionen geblieben. Insbesondere, was die Einschränkung des Handels mit der EU betrifft. Er ist der Meinung, dass die USA hier schlecht aussteigen. Aber auch in anderen Fragen, wie etwa dem Thema Sicherheit, weicht er nicht von seiner Haltung ab.
oe24.TV: Verlief das Gespräch amikal, oder war es hart, angriffig und sogar nahe der Unfreundlichkeit?
Kurz: Unfreundlich war es nie. Es war aber ein sehr klares, durchaus konfrontatives Gespräch. Trump ist nicht der diplomatischste Mensch auf der Welt. Er war sehr positiv Österreich gegenüber. Gleichzeitig aber sehr fordernd in seinen Positionen gegenüber Europa. Wir haben aber auch klar unsere Linie dargelegt und betont, dass wir in vielen Sachfragen anderer Meinung sind. Insofern war es ein guter Austausch mit dem mächtigsten Mann der Welt.
oe24.TV: Offensichtlich hat Trump Ihnen sehr klar mitgeteilt, dass er auf die Einführung von Strafzöllen aus der EU bestehen wird. Ist ein Handelskrieg noch abwendbar?
Kurz: Die Einführung von einseitigen Zöllen ist derzeit eine Drohkulisse, das heißt noch nicht, dass das so kommen muss. Es gibt Verhandlungen zwischen der EU und den USA, um einen Deal in diesen Handelsfragen zustande zu bringen. Um einen fairen gerechten Freihandel zu organisieren. Das wäre das Beste überhaupt, das würde der Wirtschaft Sicherheit geben, das würde Jobs in Österreich absichern. USA ist nach Deutschland unser zweitwichtigster Handelspartner. Insofern ist das ganz relevant für uns. Was mir Sorgen macht, ist, dass Trump ein ungeduldiger Mensch ist, der sehr schnell und über Nacht Entscheidungen trifft. Insofern kann man nie wissen. Zum anderen meint er es nicht so gut mit Angela Merkel und Deutschland. Es bleibt aber die Hoffnung, dass wir dieses Handelskrieg-Szenario abwenden können.
oe24.TV: Sie waren auch beim Dinner mit Ivanka Trump und Jared Kushner.
Kurz: Das war höchst interessant, weil es im privaten Rahmen war und man natürlich etwas freier sprechen kann als im Weißen Haus. Seine Tochter und insbesondere sein Schwiegersohn sind Mitarbeiter im Weißen Haus. Ich habe den Eindruck, dass er insbesondere seinem Schwiegersohn sehr stark vertraut, er managt viele große Prozesse für ihn, insbesondere auch die Vorbereitungen für die Friedensverhandlungen im Nahen Osten. Das ist ein guter Kontakt, die Handynummer zu haben ist etwas, was in Zukunft nicht schlecht sein wird.
oe24.TV: Was ist die Botschaft, die Sie mitnehmen?
Kurz: Ich habe sehr viel Interesse an Europa erlebt. Umgekehrt ist Europa für die USA ganz schön weit weg. Wir brauchen starke transatlantische Beziehungen, ganz gleich, wer gerade der US-Präsident ist. Es kann nicht im Interesse sein, dass die EU in allen Himmelsrichtungen schlechte Beziehungen hat. Auf der einen Seite geht es nicht gut mit Trump, auf der anderen haben wir Sanktionen gegen Putin, wer bleibt dann noch über?
oe24.TV: Könnte es einen Gipfel Putin-Trump in Wien geben?
Kurz: Derzeit nicht, aber wenn es zu einem solchen kommen sollte, dann ist Österreich natürlich eine Option.