Kanzler in "Washington Post":

Kurz: USA machen teilweise einen "guten Job"

22.02.2019

Bundeskanzler gab der 'Washington Post' ein ausführliches Interview.

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© APA/HELMUT FOHRINGER
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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat der umstrittenen Regierung von US-Präsident Donald Trump in manchen Bereichen einen "guten Job" attestiert und konkret Nordkorea genannt. Eine andere Sichtweise als Trump habe er etwa beim Klimawandel, sagte Kurz in einem Interview mit der "Washington Post", das am Donnerstagabend (Ortszeit) im Internet veröffentlicht wurde.
 
Kurz berichtete von seinem Gespräch am Mittwoch mit Trump im Weißen Haus, dass er in vielen Bereichen einen anderen Zugang habe. "Aber es gibt auch Bereiche, wo wir denken, dass die USA einen guten Job machen. Wir sind dankbar dafür, was die Amerikaner in Korea machen - die Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel ist in unser aller Interesse." Auf die Frage, wo er die Dinge anders sehe als Trump, sagte Kurz: "Wir denken, dass wir etwas gegen den Klimawandel machen müssen, weil wir unsere Umwelt schützen müssen."
 

Zollstreit und Brexit

Trump sehe Europa in manchen Fragen "definitiv" als Konkurrenten, sagte Kurz auf eine entsprechende Frage. Auf die Frage, ob er mit den Erläuterungen Trumps im Zollstreit zufrieden gewesen sei, antwortete der Kanzler diplomatisch: "Mich macht zufrieden, dass wir die Gelegenheit hatten, unsere Position zu erklären. Ich glaube, dass es, vor allem wenn man nicht den gleichen Zugang hat, gut ist, einen Meinungsaustausch zu haben", so Kurz, der auch die Differenzen bezüglich Nord Stream 2 bekräftigte. Auf die Frage nach dem Handelsstreit mit China sagte Kurz, er habe den Eindruck, dass Trump einen Deal mit Peking machen wolle.
 
Im Brexit-Tauziehen bekräftigte Kurz seine Position, dass man "alles Mögliche tun muss, um ein No-Deal-Szenario zu vermeiden". Zugleich räumte er ein, dass er "nicht sicher" sei, ob es möglich sein werde, für den Deal von Premierministerin Theresa May mit der EU im britischen Unterhaus eine Mehrheit zu bekommen.
 

EU-Wahl

Kurz wurde in dem Interview auch zur Europawahl befragt und sagte, dass die Rechtspopulisten um Matteo Salvini zwar "Sitze gewinnen", aber nicht siegen werden. "Ich bin pro-europäisch, also unterstütze ich diejenigen, die eine positive Veränderung organisieren wollen, nicht diejenigen, die die Europäische Union zerstören wollen", sagte er mit Blick auf die politischen Mitstreiter seines Regierungspartners FPÖ. "Die Europäische Union muss wieder stärker werden", forderte Kurz, dass nach der Lösung der Migrationskrise und der Organisation des Brexit die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents vergrößert werde.
 
"Wir sind nicht gegen Migration, aber wir wollen die Kontrolle über Migration haben", unterstrich Kurz. So bemühe sich Österreich etwa auch um die Integration der in den vergangenen Jahren gekommenen Flüchtlinge. "Wenn jemand eine positive Asylentscheidung in Österreich bekommt, darf er in Österreich bleiben", versicherte der Kanzler.
 

Türkis-Blau

Kurz erläuterte in dem Interview auch, wie es zur Bildung der türkis-blauen Regierung kam. Mit Blick auf seine Zeit in der rot-schwarzen Vorgängerregierung sagte er: "Ich hatte den Eindruck, dass viele von der Regierung getroffenen Entscheidungen schlecht für unser Land waren - nicht nur in Sachen Migration, sondern auch bei der Wirtschaft. Die Dinge gingen in die falsche Richtung." Deshalb habe er gedacht, "dass wir Neuwahlen anstreben sollten, um das politische System zu ändern".
 
Kurz verteidigte die Entscheidung, nach der Wahl eine Koalition mit der FPÖ einzugehen. "Die Sozialdemokraten haben entschieden, keine Koalition mit meiner Partei zu bilden, die sie nicht anführen würden. Aber wir haben die Wahlen gewonnen, somit hatten wir das Recht, die Regierung anzuführen." Es habe so nur noch die FPÖ als Option gegeben, die auch die Reformziele unterstütze. "Ich denke, dass die Leute sehen, dass unser Weg erfolgreich ist", bilanzierte Kurz das erste Regierungsjahr. "Ich bin froh, dass wir die Unterstützung der Bürger haben."
 
Auf die Frage, warum er der FPÖ etwa das Innen- und Verteidigungsministerium überlassen habe, sagte Kurz: "In Österreich ist der Verteidigungsminister auch für Sport zuständig (Dies war in Vorgängerregierungen der Fall, nicht aber im aktuellen Kabinett, Anm.). Wir sind keine Supermacht wie die USA. Wir sind ein kleines und neutrales Land." Andere Ressorts wie das von der ÖVP behaltene Finanzministerium seien wichtiger. "Bezüglich Israel ist unsere Position sehr klar und unser Koalitionspartner unterstützt uns dabei: Wir sind sehr Pro-Israel."
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