Kanzler hält Rede an Nation
Kurz: 'Wir sind, Gott sei Dank, ein starkes Land"
26.04.2020Kanzler Kurz gibt Hoffnung in seiner Rede an die Nation.
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Zum 75. Jahrestag der Gründung der Zweiten Republik hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Österreichern Mut gemacht, dass Österreich "gestärkt" aus der Corona-Krise hervorgehen werde. Im Rahmen eines kleinen Festaktes versprach Kurz, alles zu tun, um die Freiheit so bald wie möglich zurückzugewinnen. Und wer die Gesellschaft am Laufen halte, solle künftig mehr zum Leben haben.
Gestärkt aus Krise hervorgehen
Zu Beginn seiner Rede verwies der Bundeskanzler darauf, dass das heutige Republiksjubiläum in eine Zeit der Krise falle, "in der uns allen nicht wirklich zum Feiern zumute" sei. Er erinnerte an Auf-und Abs sowie verschiedene Krisen in der Zweiten Republik und sagte: "Aber wir sind als Österreich und als europäische Staatengemeinschaft aus all diesen Krisen gestärkt hervorgegangen. Und so wird es auch diesmal sein, da bin ich mir sicher."
Kurz dankte allen, die den deutlichen Rückgang der Infektionszahlen möglich gemacht haben und ging auf die zahlreichen Probleme der Menschen und die Einschränkungen ein, um zu versprechen: "Genauso wie wir von Anfang an rasch und konsequent gehandelt haben, um das Virus einzudämmen, werden wir auch jetzt alles tun, um so bald wie möglich unsere Freiheit zurückzugewinnen." Und weiter: "Schritt für Schritt werden wir so viel Normalität wie möglich zurückgewinnen, aber auch die Infektionszahlen so niedrig wie möglich halten." Der Erfolg in der Phase der Wiedereröffnung werde "auch wieder vom Beitrag eines jeden Einzelnen abhängen. Da die Regeln immer weniger werden, wird es vor allem auf eine Sache ankommen: Unsere Eigenverantwortung." Je mehr jeder auch bei der Rückkehr in den Alltag "weiterhin Abstand hält, Mund-Nasen-Schutz trägt und auf die Hygiene achtet, desto rascher und unbeschadeter, werden wir voranschreiten können. Und zwar alle gemeinsam - als Team Österreich."
Wiederaufbau hat "erst begonnen"
Der Bundeskanzler verwies darauf, dass 14 Milliarden Euro an Hilfsmitteln bereits geflossen seine und versicherte: "Alle zuständigen Stellen arbeiten rund um die Uhr daran, dass die versprochene Hilfe überall dort ankommt, wo sie gebraucht wird." Aber mit dieser Soforthilfe habe der Weg des Wiederaufbaus "erst begonnen". Kurz versprach, in diesem und im kommenden Jahr alles daran zu setzen, den Wirtschaftsstandort zu seiner alten Stärke zurückzuführen.
Und er sicherte auch zu, die Entlastung besonders für kleine und mittlere Gehälter "verstärken und beschleunigen" zu wollen. "Wir haben in der aktuellen Krise wieder gesehen, dass die Menschen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten, nicht immer auch die sind, die den größten Bonus ausbezahlt bekommen. Egal ob Pflegepersonal, Sicherheitskräfte, Supermarktmitarbeiter oder viele andere - wer hart arbeitet, soll künftig mehr zum Leben haben. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, aber auch notwendig, um den Inlandskonsum anzukurbeln."
Mut und Zuversicht
Gleichzeitig will Kurz national und auf europäischer Ebene gegen alle Formen der Steuerflucht und gegen ungerechte Steuermodelle großer Konzerne ankämpfen - "denn jeder soll seinen fairen Beitrag leisten." Darüber hinaus will der Bundeskanzler "verstärkt investieren, wo immer es sinnvoll ist - vor allem in Digitalisierung, Ökologisierung und Bildung." Durch die Abschaffung unnötiger Regeln soll das Leben und Wirtschaften für alle so einfach wie möglich werden. Diese Wochen sollen die nächsten Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, damit Unternehmen leichter Arbeitsplätze schaffen und halten können, kündigte Kurz an.
Der Bundeskanzler stellt aber auch klar, dass man eine zweite Welle der Ansteckung nicht ausschließen könne. "Aber wir sind, Gott sei Dank, ein starkes Land. Und wir alle, wir Österreicherinnen und Österreicher, werden unseren bisher erfolgreichen Weg fortsetzen. Wenn es andere Länder schaffen können, dann wird es uns genauso gelingen", zeigte sich Kurz optimitisch. Zum 75. Jahrestag der Zweiten Republik "können wir mit Stolz auf unser Land blicken und dankbar sein für all das, was in unserer Republik bisher erreicht wurde. Aber wir können auch mit Mut und Zuversicht vorausblicken, auf all das, was wir gemeinsam noch erreichen können: Auf das Comeback für Österreich, an dem wir alle beteiligt sind."
Die Rede des Kanzlers im Wortlaut
Sehr geehrte Österreicherinnen und Österreicher!
Heute vor 75 Jahren wurde unsere Republik Österreich wiedererrichtet. Zu diesem Jubiläum dürfen wir auf eine Zeit zurückblicken, in der in unserem Land viel gelungen ist.
Aus einem schwachen und zerrütteten Österreich, das zwei Weltkriege durchleben musste, ist ein starkes und wohlhabendes Land geworden. Eine Demokratie, die auf Rechtsstaatlichkeit und Freiheit baut – im Herzen der Europäischen Union.
Für dieses große Erbe dürfen wir allen dankbar sein. Vor allem der Nachkriegsgeneration – all jenen Menschen,
die unser Land nach dem Krieg wiederaufgebaut haben. Wir erinnern uns an die Gründerväter, wie Leopold Figl. An große Gestalter, wie Bruno Kreisky. Und an Vordenker, wie Alois Mock.
Auf ihren Schultern und den Schultern vieler anderer stehen wir alle, um die Erfolgsgeschichte Österreichs gemeinsam weiterzuschreiben. Wir feiern dieses heutige Jubiläum in keiner gewöhnlichen Zeit. Es ist eine Zeit der Krise, in der uns allen nicht wirklich zum Feiern zumute ist. Das Corona-Virus stellt uns vor eine große Herausforderung.
Aber die Geschichte der zweiten Republik zeigt uns, dass es immer wieder ein Auf- und Ab gegeben hat. Phasen des Aufschwungs und des Friedens waren immer wieder jäh unterbrochen: durch Wirtschafts- und Finanzkrisen, Naturkatastrophen und gewaltsame Konfliktein unserer Nachbarschaft.
Aber wir sind als Österreich und als europäische Staatengemeinschaft aus all diesen Krisen gestärkt hervorgegangen. Und so wird es auch diesmal sein, da bin ich mir sicher Österreich hat die Corona-Krise bisher, Gott sei Dank, gut gemeistert. Gemeinsam konnten wir die Infektionskurve abflachen.
Von fast 1.000 Neuinfektionen pro Tag im März,auf weniger als 100 Neuinfektionen am Tag in der letzten Woche. Das ist ein erster und wichtiger Meilenstein.
Dieser Erfolg soll uns nicht stolz machen, aber wir dürfen uns sehr wohl darüber freuen. Und vor allem müssen wir dankbar sein, dass uns eine Entwicklung wie in Italien, Frankreich oder Spanien erspart geblieben ist.
Ich danke allen, die das möglich gemacht haben:
Den Mitgliedern der Bundesregierung, den Parlamentsparteien, den Sozialpartnern und den Bundesländern.
Allen Menschen, die in den vergangenen Wochen und Monaten in der kritischen Infrastruktur gearbeitet haben – in den Krankenanstalten, bei Polizei und Heer, in der Energie- und Wasserversorgung, in der Landwirtschaft, den Apotheken, den Supermärkten und vielen anderen Bereichen.
Den Glaubensgemeinschaften, die über Ostern auf gemeinsame Feiern verzichtet haben.
Und ich danke allen die in Österreich leben dafür, dass Sie die Maßnahmen mitgetragen haben.
Ich weiß, das alles war und ist nicht einfach. Es schmerzt, wenn man Freunde und Familie nicht sehen kann.
In meiner eigenen Familie ist das nicht anders: Am Anfang, da war es noch OK, über Handy und Video in Kontakt zu bleiben. Aber mit der Zeit wird es schwer, die eigenen Eltern, die eigene Oma und andere Menschen, die einem nahestehen, nicht in die Arme schließen zu können.
Besonders für all jene Menschen, die alleine leben, oder die in Pflegeheimen sind und nicht mehr von ihren Enkeln besucht werden können, ist das sehr schmerzhaft.
Und dann gibt es sehr viele Menschen, auch in meinem Freundeskreis, in meiner Verwandtschaft, die zeitlebens hart gearbeitet haben,
die gesund sind und arbeiten wollen – die nun aber oft in Kurzarbeit sind oder gar ihre Arbeit verloren haben.
Und es gibt viele Familien denen es sehr zu schaffen macht, die Arbeit von zu Hause und die Kinderbetreuung unter einen Hut zu bringen. Gerade viele Alleinerziehende, bringt das an ihre Grenzen.
Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass von heute auf morgen alles so sein wird,wie es einmal war. Ich kann Ihnen auch nicht versprechen, dass die nächsten Monate einfach werden.
Aber ich möchte Ihnen heute eines versprechen: Genauso wie wir von Anfang an rasch und konsequent gehandelt haben, um das Virus einzudämmen, werden wir auch jetzt alles tun, um so bald wie möglich unsere Freiheit zurückzugewinnen.
Wir befinden uns bereits, als eines der ersten Länder Europas, auf dem Weg der Wiedereröffnung unserer Wirtschaft und unseres gesellschaftlichen Lebens.
Schritt für Schritt werden wir so viel Normalität wie möglich zurückgewinnen, aber auch die Infektionszahlen so niedrig wie möglich halten.
Unser Erfolg in der nächsten Phase – der Phase der Wiedereröffnung – wird auch wieder vom Beitrag eines jeden Einzelnen abhängen. Da die Regeln immer weniger werden, wird es vor allem auf eine Sache ankommen: Unsere Eigenverantwortung.
Je mehr jeder von uns, auch bei der Rückkehr in den Alltag, weiterhin Abstand hält, Mund-Nasen-Schutz trägt und auf die Hygiene achtet, desto rascher und unbeschadeter, werden wir voranschreiten können.
Und zwar alle gemeinsam – als Team Österreich. Eine Zeit der Krise, wie wir sie jetzt gerade erleben, zeigt uns wiedermal was im Leben wirklich zählt: Gesundheit, Familie, Freunde sowie wirtschaftliche und soziale Sicherheit.
Sie zeigt uns auch, dass unser Lebensmodell, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und des Wohlstands, zwar stark, aber nicht unverwundbar ist. Sie erinnert uns daran, dass wir alle – jede Generation – hart dafür arbeiten müssen, um dieses Lebensmodell weiter zu stärken und noch resilienter zu machen.
Das ist nun unsere gemeinsame Aufgabe. Die Corona-Pandemie betrifft längst die ganze Welt und die globale Wirtschaft steht vor der größten Rezession seit den 1930er Jahren.
Österreich ist hier keine Ausnahme.Gerade als kleines exportorientiertes Land, mit einer großen Tourismus- und Kulturlandschaft, sind wir besonders betroffen.
Und an der aktuellen Lage gibt es nichts zu beschönigen.
Es ist furchtbar zu sehen, wie gesunde mittelständische Unternehmen, nun unverschuldet in ihrer Existenz bedroht sind. Wie langjährige Mitarbeiter gekündigt werden müssen.
Gastronomie und Tourismus sind hier besonders betroffen.
Aber auch andere, wie Ein-Personen-Unternehmer, Veranstalter und Kulturschaffende, oder junge Gründer wissen oft nicht, wie sie weitermachen werden.
Und auch wenn wir Unseren gemeinsamen Feind, das Virus, nicht verschwinden lassen können und die Welt-Wirtschaftliche Situation kaum beeinflussen können, so versuchen wir in Österreich zumindest so gut es geht zu unterstützen – mit Liquidität und Soforthilfe.
Mehr als 14 Milliarden Euro an Hilfsmitteln sind bereits geflossen. Und gerade weil ich weiß, dass viele noch dringend auf Unterstützung warten, möchte ich ihnen versichern: Alle zuständigen Stellen arbeiten rund um die Uhr daran, dass die versprochene Hilfe überall dort ankommt, wo sie gebraucht wird.
Aber mit dieser Soforthilfe ist unser Weg des Wiederaufbaus noch lange nicht abgeschlossen – im Gegenteil: Er hat erst begonnen.
Wir werden in diesem und in den kommenden Jahren alles daran setzen, um gemeinsam mit den mutigen Unternehmern und den fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Österreichs Wirtschaftsstandort zu seiner alten Stärke zurückzuführen.
Wir sind, als kleines exportorientiertes Land, ein stückweit abhängig von der globalen Wirtschaftslage, die sich nun eintrübt.
Aber dort, wo es in unserer Hand liegt zu handeln, werden wir das auch tun.
Wir werden unseren Weg der Entlastung, besonders für kleine und mittlere Gehälter, fortsetzen, verstärken und beschleunigen.
Wir haben in der aktuellen Krise wieder gesehen, dass die Menschen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten,
nicht immer auch die sind, die den größten Bonus ausbezahlt bekommen. Egal ob Pflegepersonal, Sicherheitskräfte, Supermarktmitarbeiter oder viele andere – wer hart arbeitet, soll künftig mehr zum Leben haben. Das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, aber auch notwendig, um den Inlandskonsum anzukurbeln.
Gleichzeitig werden wir national und auf europäischer Ebene gegen alle Formen der Steuerflucht und gegen ungerechte Steuermodelle großer Konzerne ankämpfen – denn jeder soll seinen fairen Beitrag leisten. Darüber hinaus werden wir verstärkt investieren, wo immer es sinnvoll ist – vor allem in Digitalisierung, Ökologisierung und Bildung. Und wir werden das Leben und Wirtschaften für alle so einfach wie möglich machen – durch konsequente Deregulierung und die Abschaffung unnötiger Regeln.
Der Staat muss und wird es künftig den österreichischen Unternehmen so leicht wie noch nie zuvor machen, Arbeitsplätze zu schaffen und zu halten. Schon diese Woche werden der Vizekanzler, mein Regierungsteam und ich die nächsten Maßnahmen auf den Weg bringen.
Und das Ziel dabei, das ist klar: Um jeden Arbeitsplatz in Österreich zu kämpfen.
Liebe Österreicherinnen und Österreicher, Wir erleben eine schwere Zeit. Wir müssen die Ausbreitung des Corona-Virus weiterhin eindämmen und gleichzeitig unsere Wirtschaft wiederhochfahren.
Selbst wenn wir heute gut dastehen, können wir, wie alle anderen Ländern auch, entlang des Weges nicht ausschließen,dass es zu einer zweiten Welle der Ansteckung kommen kann.
Aber wir sind, Gott sei Dank, ein starkes Land.
Und wir alle, wir Österreicherinnen und Österreicher, werden unseren bisher erfolgreichen Weg fortsetzen. Wenn es andere Länder schaffen können, dann wird es uns genauso gelingen.
Heute, an diesem Tag an dem wir 75 Jahre zweite Republik feiern, können wir mit Stolz auf unser Land blicken und dankbar sein für all das, was in unserer Republik bisher erreicht wurde.
Aber wir können auch mit Mut und Zuversicht vorausblicken, auf all das,
was wir gemeinsam noch erreichen können:
Auf das Comeback für Österreich, an dem wir alle beteiligt sind.
Vielen Dank.