In der Sondersitzung des Nationalrats lieferten sich Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl einen Schlagabtausch. Ein FPÖ-Misstrauensantrag gegen die Regierung scheiterte.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Montag im Nationalrat angesichts der ersten Impfstoffzulassung in der EU gegen das Coronavirus Zuversicht versprüht. "Ich bin der Auffassung, dass heute ein guter Tag ist", sagte er in Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der FPÖ: "Das ist der Anfang vom Sieg über die Pandemie". Die FPÖ bat er um einen behutsameren Umgang mit Verschwörungstheorien. Ein freiheitlicher Misstrauensantrag gegen die Regierung scheiterte.
Kurz: "Bitte hören Sie auf, zu tun, als gäbe es das Virus nicht"
Den Vorwurf, dass er Ängste schüre, wies der Bundeskanzler unter Hinweis auf die reale Gefahr des Coronavius und über 5.000 Todesfälle in Österreich zurück. "Bitte hören Sie auf, zu tun, als gäbe es das Virus nicht", sagte er in Richtung Kickl: "Man ist nicht besonders männlich, wenn man keine Maske trägt. Man ist nicht besonders hart im Nehmen." Wenn die FPÖ gegen Einschränkungen, gegen Testungen und auch gegen Impfungen sei, was sei dann das Konzept, fragte er: "Corona für immer, bis es sich dreifach durch die Bevölkerung durchgefressen hat? Das kann doch nicht der Weg sein." Der Umgang mit der Pandemie sei von medizinischer, wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Expertise geprägt, nicht von einem Menschenbild, beantwortete er die FP-Anfrage.
Kickl über Kurz: "Master of Desaster"
Kickl hatte zuvor erneut davon gesprochen, dass die Regierung "Hausarrest" für weite Teile der Bevölkerung plane. Kurz sei der Strippenzieher der Aktivitäten der Regierung: "Sie sind also der Master of Desaster."
FPÖ-Misstrauensantrag gescheitert
Unwahrheiten pflasterten seinen Weg durch die Krise, Kinder würden traumatisiert, es stünden Zwangsmaßnahmen bevor, "Testapartheid" sei geplant. Die Antwort darauf sei "Kurz muss weg", so Kickl, der damit auch den Misstrauensantrag gegen die gesamte Bundesregierung begründete. Freilich, Zustimmung fand dieser nur von FPÖ und Neos.
Kogler mit Seitenhieb gegen FPÖ-Mandatare
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sah dies als wichtigen Schritt, um wieder zu einer effektiven Kontaktverfolgung zurückkehren zu können. Davor brauche es aber den Lockdown, um die Zahlen weit nach unten zu bringen : "Das hat noch immer funktioniert." Leicht werde es trotzdem nicht. Wie oft seien die letzten Meter die Härtesten. Zwischenrufe kamen bei den Reden lauthals vor allem von den Plätzen der Freiheitlichen. Koglers Replik: Wenn die FPÖ-Abgeordneten schon keine Masken anlegten, sollten sie wenigstens nicht am lautesten schreien.
Weniger scharf als Kickl, aber durchaus kritisch äußerte sich am Rednerpult SP-Gesundheitssprecher Philipp Kucher, wiewohl die Regierungsspitze davor gerade die SPÖ-Spitze für ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit in Sachen Corona gewürdigt hatte. Er findet nämlich ganz im Gegenteil, dass die Koalition über die Opposition drüber gefahren sei. Kucher meint, dass es der Regierung immer nur um Selbstlob und Inszenierung gegangen sei, doch: "Niemand hat etwas davon, wenn man G'schichtel druckt."
NEOS-Kritik an Regierung
Auch NEOS-Vize Nikolaus Scherak hatte einiges an der "Inszenierung" der Regierung auszusetzen und erinnerte lieber an aufgehobene Verordnungen der Koalition, die die Freiheitsrechte mit Füßen trete. Dafür habe sie noch immer keine Teststrategie, die sich auf zentrale Bereiche fokussiere. Die Infektionszahlen sind für Scherak zwar immer noch zu hoch, aber sie rechtfertigten keinen Lockdown, findet der NEOS-Vize. Immerhin sicherte Scherak der Koalition seine Unterstützung bei der Werbung für die anstehenden Impfungen zu.
Basis für das "Freitesten" als Antrag eingebracht
Im Rahmen des Plenartags eingebracht wurde ein Antrag der die Basis für das "Freitesten" bilden soll. Die Regierung plant ja, dass man sich künftig vor Aktivitäten wie Restaurant- und Handelsbesuchen oder der Teilnahme an Veranstaltungen auf das Coronavirus testen lassen muss. Dieser Wunsch soll gesetzlich abgesichert werden. Die genauen Inhalte bleiben aber vorerst unklar, denn der heute eingebrachte Antrag ist nur eine sogenannte "Trägerrakete", enthält also die entscheidenden Gesetzespassagen noch nicht. Dies wird vermutlich Anfang Jänner nachgeholt.
Die "Trägerrakete" ist nötig, damit der parlamentarische Prozess rasch durchgezogen werden kann. Mittels eines Abänderungsantrags werden dann wohl Anfang Jänner im Gesundheitsausschuss die konkreten Inhalte beigefügt. Wann die entsprechenden Gremien tagen sollen bzw. der Beschluss im Nationalrat erfolgt, ist noch offen. VP-Klubchef August Wöginger meinte im APA-Gespräch, man werde hier auf die anderen Fraktionen zugehen, um eine gemeinsame Lösung zu finden.
Regierung braucht Zustimmung anderer Partei
Das wird nicht nur bezüglich des Termins nötig sein. Denn wenn die Koalition die Regel wie geplant schon ab 18. Jänner einführen will, braucht sie die Zustimmung einer anderen Partei, da ansonsten eine mehrwöchige Blockade durch den Bundesrat droht. Bisher war jedoch keine der Oppositionsfraktionen von den Vorschlägen der Regierung überzeugt.