Koalition verhandelt Dienstrecht. 30 Wochenstunden Anwesenheit.
Schon heute um 8.30 Uhr starten die Verhandlungen über ein neues Lehrerdienstrecht. Doch SPÖ-Bildungsministerin Claudia Schmied redet erst mal nicht mit den Lehrern, sondern mit der ÖVP: Sie will die Regierung als geschlossene Front, bevor sie es mit der Gewerkschaft aufnimmt. Einen ersten Durchbruch gab es schon: ÖVP-Bildungssprecher Werner Amon will die Anwesenheit der Lehrer erhöhen. Als Variante für 40 Wochenstunden im Gespräch: 20 Stunden Unterricht plus 10 Stunden Nachmittagsbetreuung. Die Gewerkschaft will darüber nicht einmal reden: "Das ist lieb", verhöhnt Lehrergewerkschafter Walter Riegler Amon im Interview mit ÖSTERREICH.
Pröll schickt seinen Staatssekretär Lopatka
Schmied zur Seite steht SPÖ-Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Eigentlich wollte Schmied mit ÖVP-Finanzminister Josef Pröll selbst verhandeln: "Es geht immerhin um 114.000 Lehrer, das ist ein Drittel aller öffentlich Bediensteten." Doch Pröll schickt Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka, der zusammen mit Amon das ÖVP-Team bildet. Lopatkas Bedingung: Das Paket muss kostenneutral sein.
Gewerkschaft wehrt sich gegen mehr Arbeit
Schon ab Herbst 2012 soll die höhere Anwesenheitspflicht für alle neuen Lehrer gelten. Das bringt Riegler auf die Palme: "Was Amon vorschlägt, ist nur mehr Arbeit." Zurückhaltung auch von Schmied: Sie will ein Gesamtpaket präsentieren, nicht nur die Anwesenheit erhöhen. Einig sind sich Lehrer und Regierung nur in einem Punkt: Höhere Einstiegsgehälter, dafür steigt die Entlohnung mit den Dienstjahren nicht mehr so stark an.
Alle Pädagogen sollen sechs Jahre studieren
Ein weiterer Baustein ist die neue Lehrerausbildung: Am Montag präsentierte Andreas Schnider, Leiter von Schmieds Expertengruppe, erste Details. Übergangszeit: zehn bis zwölf Jahre. Die Inhalte stehen fest:
Für alle Pädagogen vom Kindergarten bis zur Matura soll es ein gemeinsames vierjähriges Bachelor-Studium geben mit einer Spezialisierung auf Altersgruppen – allerdings ohne Trennung in Hauptschul- und Gymnasiallehrer. Daran anschließend soll jeder Lehrer einen Master-Abschluss machen – also weitere zwei Jahre studieren müssen.
Die Lehrer sagen jetzt: Lehrer mit höherem Abschluss muss man auch besser bezahlen.
Der Zeitplan
15. März: Koalition
SPÖ-Ministerinnen Schmied, Heinisch-Hosek, Bildungssprecher Amon & Finanzstaatssekretär Lopatkoa (ÖVP) suchen Regierungslinie.
Im Anschluss: Lehrer
Nach Regierungseinigung starten Verhandlungen mit Lehrergewerkschaft.
September 2012: mehr Anwesenheit
Die ersten Junglehrer mit mehr Anwesenheit könnten schon nächstes Jahr beginnen.
2013: Dienstrecht und Ausbildung
Gesetz für ein neues Dienstrecht und eine neue Lehrerausbildung wird beschlossen.
Lehrer müssen flexibler werden
Schon gestern Montag verhandelten Claudia Schmied (SPÖ) und Werner Amon ein Dreierpaket in Sachen Schule. Dem Vernehmen nach sind die Verhandlungen so gut wie fertig. Wichtigster Punkt: Das neue Dienstrecht für die Landeslehrer.
Flexiblerer Einsatz
Konkret geht es darum, Lehrer flexibler einsetzen zu können. So sollen Hauptschullehrer beispielsweise an Höheren Berufsbildenden Schulen unterrichten können, AHS-Lehrer an Landesschulen – was für den Ausbau der Neuen Mittelschule eminent wichtig ist.
Schuldirektoren
Sie bekommen mehr Kompetenzen beim Personal.
Schulinspektoren
Sie sollen künftig als Qualitätsmanager die neuen Bildungsstandards überwachen.
ÖVP-Lehrergewerkschafter Riegler:
"Warum soll ich verhandeln?"
Walter Riegler will nicht verhandeln. - © TZ ÖSTERREICH/Pauty
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu höherer Anwesenheitspflicht für Lehrer?
Walter Riegler: Es gibt auf viele Jahre hinaus nicht die Möglichkeit dazu an den Schulen. Es müsste ja zumindest einen Schreibtisch für jeden geben mit einem Computer. Schauen Sie in die Konferenzzimmer: Dort teilen sich 30, 40 Lehrer einen PC. Bis 2019 will Ministerin Schmied erst 260 Bundesschulen zu Ganztagsschulen umbauen. Warum also soll ich darüber überhaupt verhandeln?
ÖSTERREICH: ÖVP-Verhandler Amon will mehr Anwesenheit der Lehrer, etwa 30 statt 20 Stunden.
Riegler: Das ist lieb. Bisher hat es geheißen, die Lehrer sind den ganzen Tag in der Schule, aber dafür am Ende des Tages fertig mit der Arbeit. Was Amon vorschlägt, ist aber mehr Arbeit. Auch wenn er Nachmittagsbetreuung, Nachhilfe oder Aufgabenhilfe verschämt nicht Unterricht nennt – am Ende müssen die Lehrer wieder die Hefte zum Korrigieren mit heimnehmen. Wenn die Voraussetzungen da sind, verrichten wir unsere Arbeitszeit in der Schule. Das heißt nicht, dass sich in 40 Wochenstunden mehr Arbeit ausgeht, wie Amon das will.
ÖSTERREICH: Soll die Arbeitszeit gesenkt werden, wie Ihr Kollege Jürgen Rainer fordert?
Riegler: Das ist nicht meine Idee.
ÖSTERREICH: Soll Finanzminister Pröll mit am Tisch sitzen?
Riegler: Mir ist das egal. Der Finanzminister muss sagen, ob er das zahlt. Nur wenn das Angebot stimmt, kommen auch gute Leute.
ÖSTERREICH: Gab es schon Vorgespräche mit Ihnen?
Riegler: Nein. Die Ministerin will sich erst innerhalb der Regierung einigen.