Mehr Fleiß gefordert
Langzeitstudenten kommen Unis in Zukunft teurer
16.01.2019
Unis müssen Prüfungsaktivität und Zahl der Abschlüsse steigern - Leistungsvereinbarungen im Ministerrat.
Die Universitäten müssen bereits ab dem kommenden Studienjahr die Prüfungsaktivität ihrer Studenten sowie die Zahl der Abschlüsse steigern. Ansonsten droht eine Reduktion ihres Budgets. Das sehen die Leistungsvereinbarungen der meisten Hochschulen mit dem Bund vor, die am Mittwoch den Ministerrat passieren.
Als prüfungsaktiv betrieben gilt dabei ein Studium, wenn im Studienjahr Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS abgelegt wurden. Zum Vergleich: Die Studienpläne sind so konzipiert, dass mit 60 absolvierten ECTS pro Studienjahr das jeweilige Studium in Mindeststudienzeit abgeschlossen wird.
Zahl der prüfungsaktiv betriebenen Studien steigern
In absoluten Zahlen muss etwa die Uni Wien die Zahl ihrer prüfungsaktiv betriebenen Studien von 50.800 auf 52.800 pro Jahr steigern. Die Uni Graz muss von 18.600 auf 19.300 zulegen, die Uni Innsbruck von 17.800 auf 18.600, die Technische Universität (TU) Wien von 15.600 auf 16.200 und die Wirtschaftsuniversität (WU) von 12.900 auf 13.500. Nicht bzw. kaum steigern müssen sich dagegen jene Unis, an denen es flächendeckende Zugangsbeschränkungen und schon heute eine hohe Prüfungsaktivität gibt: Das sind die Medizinischen Universitäten inklusive der Veterinärmedizinischen Universität sowie die Kunstunis. Über alle Unis gerechnet soll die Zahl der prüfungsaktiven Studien von 178.800 im Jahr 2016/17 auf 185.200 im Studienjahr 2019/20 anwachsen.
So klar die Vorgaben sind, so unklar ist, wie die Unis dies konkret bewerkstelligen sollen: Sie müssen im Endeffekt dafür sorgen, dass nicht nur mehr Studenten als bisher zu Prüfungen antreten, sondern diese auch bestehen. Erschwerend kommt hinzu, dass das entscheidende Maß die Zahl der prüfungsaktiv betriebenen Studien ist - und nicht jene der prüfungsaktiven Studenten: Absolviert jemand etwa zehn ECTS in einem Jus-Studium an der Uni Wien und weitere zehn ECTS in einem Studium an der WU, gelten beide Studien als inaktiv betrieben.
Unis erhalten mehr Personal
Durch die neuen Leistungsvereinbarungen erhalten die Unis zwar mehr Personal - insgesamt kommen 360 neue Professuren bzw. vergleichbare Stellen dazu. Allerdings werden diese erst nach und nach besetzt und verbessern die Betreuungsrelationen daher nur langsam. Dazu kommt, dass auch nicht sicher ist, dass verbesserte Betreuungsverhältnisse auch tatsächlich zu einer stärkeren Prüfungsaktivität führen. An den Unis wird daher darüber gerätselt, wie man die Vorgaben erreichen kann.
An der Universität Wien setzt man vor allem auf Motivation und Überzeugung der Studenten. "Es gibt keine Evidenz, dass diese oder jene Maßnahme zu einer Erhöhung der Prüfungsaktivität führt - ausgenommen das Auslaufen eines Curriculums", hieß es auf APA-Anfrage. Die Uni werde daher etwa über soziale Medien Informationen und Serviceangebote für Studienbeginner bzw. Studieninteressierte bereitstellen. Über eine zweite Schiene sollen außerdem in einem Blog Role Models für aktives und erfolgreiches Studieren vorgestellt werden - etwa Studierende mit Kind oder aus dem Ausland. "Wir versuchen es über Geschichten und Köpfe." Und schließlich soll die Lehre sichtbarer gemacht werden: Auf dem Webportal der Uni soll eine Serie gestartet werden, wo Lehrende und Studenten auf Augenhöhe zu Wort kommen.
Ziel: Bewusste Studienwahl
Großes Ziel: Studienwerber sollen bereits vor dem Studium bzw. am Beginn eine bewusste Studienwahl treffen. Daher werden für alle Fächer Online Self Assessments eingeführt. "Ein kurzer Blick auf die Website und ein bisschen Durchklicken sollen reichen, damit man sagen kann: Das Studium interessiert mich oder eben nicht", sagte eine Sprecherin der Uni Wien. Auch anhand der Ergebnisse der Studieneingangsphase soll die Studienwahl reflektiert werden können. Gegen den Abschluss hin soll dann die Beratung verstärkt und die verschiedenen Angebote der Uni bekannter gemacht werden - etwa das Schreibmentoring für Abschlussarbeiten.
An der WU setzt man auf ein Counsellingprogramm vor allem für jene Studenten, die knapp unter der 16 ECTS-Schwelle liegen. In der Arbeitsgruppe "First Year" soll die Gestaltung des ersten Studienjahrs überdacht und eventuell anschließend der Studienplan in der Studieneingangsphase geändert werden. Schließlich überlegt man auch eine Verdoppelung der Studienplätze im (zugangsbeschränkten) englischsprachigen Bachelorstudium Business and Economics bzw. eine Aufstockung der Plätze in den Masterprogrammen. Grund: Gerade in diesen Studien mit hoher Nachfrage und nur wenigen Plätzen sei das Commitment der Studenten und damit die Prüfungsaktivität hoch.