ÖSTERREICH-Interview
Lauda: "Koalition macht mich fertig"
12.06.2010
Dem ersten Unternehmer platzt der Kragen. Interview über Krise, EU...
Globale Krise, Asche aus dem Vulkan, deutsche Steuerpläne auf Flugtickets – geht’s nach Niki Lauda, hat man’s als Airliner und Unternehmer heutzutage nicht leicht.
Was Niki Lauda von anderen unterscheidet: Er wehrt sich - gegen das für ihn völlig unverständliche Vulkanaschen-Flugverbot bereitet er eine Klage vor („Die wird sehr schwierig, weil sich derzeit eine Institution auf die andere ausredet und keiner schuld an dem Chaos sein will“). Und er spricht aus, was ihn am meisten ärgert, rechnet mit der österreichischen und der EU-Politik ab, nimmt dabei auch keine Rücksicht auf die in Österreich üblichen Verhaberungen:
Über die in Deutschland geplante Flugticket-Abgabe haben Sie sich
zuletzt ärgern müssen. Für Sie kein taugliches Mittel, der
Staatsverschuldung Herr zu werden?
Niki Lauda: Ich hoffe, das
kommt nicht und die Deutschen haben das nur einmal so in den Raum
geschmissen. Man weiß ja weder was über die geplante Höhe noch über die Art,
wie das eingehoben werden soll. Lassen Sie mich aber genereller ausholen:
Ich würde mal gerne verstehen, warum für ganz normale, hart arbeitende
Menschen wie Sie und ich bestimmte Regeln gelten, für Regierungen aber
nicht. Regeln wie: Ich muss das Geld, das ich ausgebe, auch einnehmen oder
ich muss für einen Kredit Garantien abgeben und ihn auch zurückzahlen. Wir
haben in Europa Regierungen, die permanent über ihre Verhältnisse leben. Die
Deutschen müssen in den nächsten Jahren 80 Milliarden Euro sparen, damit sie
über die EU-Richtlinien kommen. Gleichzeitig geben sie für Griechenland eine
Garantie von im Extremfall über 100 Milliarden Euro ab. Als normaler
Geschäftsmann muss ich mich doch fragen, ob ich mir das im Worst Case
leisten kann, eine Regierung muss das nicht. Da stimmt doch das ganze System
nicht mehr. Wenn man da nicht irgendwann einmal wirtschaftlich denkt, wird
ganz Europa in Konkurs gehen.
Das heißt: Griechenland nicht helfen?
Es ist falsch,
dass jedes EU-Land für die anderen haften muss. Es kann doch nicht sein,
dass sich Länder, die halbwegs funktionieren, so verschulden, dass der
Bankrott droht, nur um Griechenland, Spanien, Italien oder wie die alle
heißen, zu helfen. Ich kann nicht mehr hören: Wir müssen das tun, um den
Euro zu retten. Der Euro war unter einem Dollar beim Start, dann war er über
1,50, jetzt ist er bei 1,20 – es ist völlig wurscht, wie der Euro steht.
Abgesehen davon, war es ein Schuss ins Knie, denn der Euro ist auch nach der
Griechenland-Hilfe weiter nach unten gegangen. Wir müssen den Griechen eine
Deadline setzen, wenn sie bis dahin nicht auf gleich sind, müssen sie eben
wieder von vorne beginnen und wieder mit Drachmen zahlen. Es kann nicht
sein, dass uns Griechenland alle hineinreißt.
Wie steht Ihrer Meinung nach Österreich im europäischen Vergleich da?
Natürlich
haben wir es noch etwas besser, weil wir von der Budgetbelastung solider
dastehen als viele andere. Aber ich glaube schon, dass wir in Richtung
negatives Mittelfeld abdriften. Aber ich glaube, dass es in Österreich noch
relativ leichter machbar wäre, durch radikale Schnitte zu gesunden als in
Deutschland oder Griechenland.
ÖSTERREICH: Passiert derzeit was in diese Richtung?
Nein,
in unserer heutigen Regierung dauert die Problemlösung viel zu lange. Ich
habe die Nase vorne, weil ich für andere Entscheidungen treffe – in der
Politik gilt das Gegenteil. Alles dauert viel zu lange, bis irgendwelche
schlechten Kompromisse rauskommen.
Liegt das an der Großen Koalition?
Ja natürlich, da wird
dauernd gestritten, nicht einmal bei den kleinsten Entscheidungen kann man
einen schnellen Durchlauf erwarten. Angesichts dieser Krise läuft alles so
mühsam. Das kann man sich in der heutigen Zeit einfach nicht mehr leisten
kann. Ich war gerade in den USA – unglaublich, wie schnell die aus ihren
Fehlern gelernt haben und schon wieder hundertmal weiter als wir sind. Die
haben schon wieder Wachstum, während wir noch bergab fahren.
Wer ist schuld, dass bei uns nichts weitergeht?
Das System
ist krank. Wenn ich, um wiedergewählt zu werden, immer nur Dinge verspreche,
die ich nicht bezahlen kann, dreht sich die Spirale immer weiter nach unten.
Was tun?
Es ist eine Knochenarbeit. Wenn ich zu viele
Ausgaben und zu wenige Einnahmen habe, muss ich meine Kosten reduzieren.
Wenn der Apparat, der ein Land lenkt, zu teuer ist, muss ich den Overhead
herunterfahren. Dann kann ich mir halt irgendwelche Tunnel nicht mehr
leisten. Aber bei uns stellt es sich so dar, dass jenen, die arbeiten und
nichts für die Krise können, Geld weggenommen, auf der anderen Seite von der
Regierung zu wenig gespart wird.
Also erst sparen, dann neue Steuern...
So ist es. Erst muss
die Regierung zeigen, dass sie sparen kann: Alle unnötigen Großprojekte
einstellen, den Apparat halbieren etc. Erst ganz zum Schluss könnte man
Steuererhöhungen verstehen. Aber bei allen Belastungen muss man bedenken:
Die Menschen da draußen müssen leben und für ihre Arbeit Geld bekommen.
Sonst kaufen die nicht ein, fliegen nicht und das ganze Land bricht
zusammen. Wenn ich die Betriebe immer mehr belaste und es immer weniger
Arbeitsplätze gibt, dreht sich das ganze System in den Tod.
Was kann der Finanzminister besser machen?
Er verspricht,
einen guten Job zu machen, kann es aber nicht, weil ihn die langen
Entscheidungswege lähmen. Und jeder Politiker, der fürs Budget
verantwortlich ist, sollte sich von Experten, die wissen, wie’s geht,
beraten lassen. Die gibt’s auch in Österreich.
Gibt es Politiker, die einen guten Eindruck auf Sie machen?
Das
ist eine gute Frage ...
(zögert) .... die ganze Koalition macht mich
einfach fertig.