ÖVP verabschiedet sich von einheitlichem Dienstrecht für alle Lehrer.
Im Regierungsprogramm haben sich SPÖ und ÖVP die Einführung eines "zeitgemäßen und leistungsorientierten Dienst- und Besoldungsrechts für alle neu eintretenden LehrerInnen" vorgenommen, seit über einen Jahr wird mit überschaubarem Erfolg darüber verhandelt. Die ÖVP hat sich vom Ziel eines einheitlichen Dienstrechts für alle Lehrer verabschiedet und am Mittwoch ein Alternativmodell vorgelegt, mit dem sie "den Karren flottkriegen" will, wie Finanzministerin Maria Fekter erklärte. So sollen entgegen dem ursprünglichen Regierungsmodell weder alle Lehrer im gleichen Umfang (24 Stunden) unterrichten müssen, noch ist eine einheitliche Gehaltstabelle vorgesehen.
Dienstrecht
Der Versuch, ein einheitliches Dienstrecht für alle Lehrer zu schaffen, habe sich als "erhebliche, unüberwindbare Grenze" herausgestellt, erklärte Fekter, die für die Regierung gemeinsam mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide S) die Verhandlungen mit der Gewerkschaft führt. In den insgesamt 27 Verhandlungsrunden, davon sieben auf Minister-Ebene, waren bisher keine substanziellen Fortschritte erzielt worden.
Der von der ÖVP skizzierte Ausweg: Statt der im 33-seitigen Gesetzesentwurf der Regierung vorgesehenen Anhebung der Unterrichtspflicht von 20 bis 22 auf 24 Stunden ist von der ÖVP ein Präsenzzeit-Modell vorgesehen, die Zahl der Unterrichtsstunden soll dabei nicht vorgegeben werden. Wie viele Stunden die Lehrer tatsächlich an der Schule verbringen müssen, will die ÖVP die jeweilige Gewerkschaft der verschiedenen Lehrergruppen (Pflichtschule, AHS, BMHS, Berufsschule, Landwirtschaftsschulen) einzeln verhandeln lassen. Die Reform des Dienstrechts könne ohnehin "nicht primär und einzig über eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung funktionieren", so Fekter.
Flache Einkommenskurve
Beim Einkommen soll es ein gemeinsames Anfangsgehalt von 2.400 Euro geben und die Kurve flacher werden, grundsätzlich aber jede Lehrergruppe weiter die bisherige Gehaltsstaffel beibehalten. Finanziell bedeute das Modell der ÖVP über den gesamten Lebensarbeitszyklus eines Lehrers keine Mehrkosten, da nur die Gehaltskurve gedreht wird. Das von der ÖVP angesetzte Startgehalt ist mit 2.400 Euro übrigens fast ident mit jenem des ursprünglichen Regierungsvorschlags (2.420 Euro plus Zulagen für manche Fächer). Die Höhe der künftigen Höchstgehälter je nach Berufsgruppe konnte Fekter vorerst nicht nennen. Der Regierungsvorschlag hätte 4.330 Euro als Letztgehalt vorgesehen (derzeit bei Bundeslehrern 5.140 Euro, bei Landeslehrer 4.500 Euro).
Außerdem im Rezept der ÖVP zur "Überwindung unüberbrückbarer Differenzen" (Fekter) mit der Gewerkschaft: Das Versprechen besserer Lehrer-Arbeitsplätze und eine wissenschaftliche Erhebung, welche nicht-pädagogischen Tätigkeiten die Pädagogen derzeit übernehmen und durch welche Art von Unterstützungspersonal sie entlastet werden können. Beim Unterstützungspersonal hält die Finanzministerin einen stufenweisen Aufbau bis hin zu 2.000 Personen für machbar. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (V) plädiert zudem für die Einsetzung eines Expertenrats, wie es ihn schon bei der am Dienstag im Unterrichtsausschuss beschlossenen Lehrerausbildung gegeben hat.
Aus Fekters Sicht zeigt das VP-Modell "intelligentere Wege zum gemeinsamen Erfolg", wobei am Grundziel der Reform - ein modernes Dienstrecht mit höheren Einstiegsgehältern, einer flacheren Gehaltskurve und einer Präsenzverpflichtung - festgehalten werde. Die Umsetzung des VP-Vorschlags kann laut Fekter "relativ rasch" erfolgen, auch einen Beschluss der Reform vor der Wahl etwa durch einen Initiativantrag im Parlament schloss sie nicht aus. Sowohl Fekter als auch Töchterle zeigten sich sehr optimistisch, dass die Gewerkschaft dem ÖVP-Modell zustimmen wird.
Paul Kimberger (FCG), Chefverhandler aufseiten der Lehrer, zeigte sich in einer ersten Reaktion prinzipiell erfreut und begrüßte neben der geplante Beibehaltung schultyp-spezifischer Regelungen die geplante Studie zur Lehrerarbeit und die angekündigte Erfüllung der "Uraltforderung der Gewerkschaft" nach besseren Arbeitsplätzen.
Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) gab sich in Bezug auf den Inhalt des VP-Vorschlags zurückhaltend, kündigte allerdings an, ihn auf seine Machbarkeit hin prüfen zu wollen. Grünen-Bildungssprecher Harald Walser kritisierte, dass die Regierung fünf Jahre nach Ankündigung eines neuen Dienstrechts "immer noch nicht weiß, wie dieses auszusehen hat".