Leitl will den Österreichern den Drang zur Frühpension austreiben.
Dass die Österreicher Frühpensions-Champions sind, ist bekannt – doch es wird immer schlimmer. Die brandaktuelle Statistik zeigt: Nur 23.181 Österreicher über 60 sind noch im Arbeitsleben – und das bei 3,4 Millionen Erwerbstätigen (siehe auch Tabelle rechts).
Hauptverantwortlich dafür ist die „Hacklerregelung“, mit 40 (Frauen) bzw. 45 (Männer) Versicherungsjahren gingen schon 84.000 Österreicher günstig ohne Abschläge in den vorzeitigen Ruhestand.
Doch da die Abschaffung derzeit mit der SPÖ nicht zu machen ist, preschen Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl (ÖVP) und Pensions-Experte Bernd Marin mit einem eigenwilligen Vorschlag vor. Sie bieten pensionsberechtigten Arbeitnehmern eine Prämie an, damit sie weiterarbeiten:
● Arbeitnehmer: Er oder sie erhält 25 Prozent des Pensionsanspruchs, der schon erworben wurde – wenn er sie nach dem Zeitpunkt, ab dem er/sie Pensionsanspruch hat, freiwillig weiterarbeitet.
● Arbeitgeber: Die Firma erhält weitere 25 %, damit sie den Pensionisten in spe weiter beschäftigt.
● Pensionsversicherung: Sie erspart sich 50 % der Pension – und erhält im Gegenzug Beiträge.
Weiterer Vorteil des Arbeitnehmers: Sein Pensionsanspruch steigt weiter. Laut Marin kann sich der Finanzminister pro Jahr immerhin bis zu 277 Millionen ersparen. Dabei kostet die Hacklerregelung derzeit 700 Mio. € im Jahr – dieser Wert steigt bis 2014 auf 800 Mio. €.
● Bis zu 256 Euro Prämie: Ein Mann, der auf seinen Antritt einer „Hacklerpension“ verzichtet, kann es immerhin auf bis zu 256 € im Monat Zusatzeinkommen bringen, eine Frau auf maximal 206 Euro.
Leitl: „Derzeit gilt: Wer früher geht, wird belohnt, wer später geht, wird bestraft.“ Was die Regierung bisher gemacht habe, um die Frühpensionen einzudämmen, sei zu wenig: „Die staatlichen Pensionskosten steigen bis 2014 von acht auf zwölf Mrd. Euro.“
Pensionsexperte Bernd Marin gibt zwar zu, dass da einer ohnehin privilegierten Bevölkerungsgruppe auch noch Geld geboten werde, aber: „Wenn man in diesem Wahnsinnssystem lebt, ist das die zweitbeste Lösung.“
Sozialminister will
jetzt darüber reden
Doch die Regierung reagiert verschnupft: Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) ging selbst erst vor wenigen Wochen mit einem ähnlichen Vorschlag baden – er ruderte nach einem Proteststurm zurück. Jetzt will er mit den Sozialpartnern über Anreizmodelle reden. Finanzminister Josef Pröll hingegen sagt deutlich „Nein“. Er sei für die sofortige Abschaffung der Hacklerregelung – wenn überhaupt, könne es Prämien nur für jemanden geben, der länger als das Regelpensionsalter von 65 Jahren arbeitet.
Die kann Pröll derzeit aber fast schon per Handschlag begrüßen: Mit Stichtag 31. 10. waren es exakt 14.554, die über 65 noch arbeiteten.