"Verteidiger Europas"

Linz: Mega-Polizeiaufgebot und Stinkbombe bei Rechten-Kongress

29.10.2016

Linzer Innenstadt war Samstag früh wie ausgestorben.

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 Der rechte Kongress "Verteidiger Europas" hat am Samstag weit über die Grenzen von Linz hinaus für Aufregung gesorgt.

Um die vermieteten Redoutensäle des Landes wurde ein rigoros überwachtes Platzverbot verhängt, um Zwischenfälle zu vermeiden. Die Innenstadt zeigte sich ausgestorben.

Stinkbomben-Alarm

Eine Störaktion gab es bereits am Samstagvormittag beim Kongress. Zwei Personen haben kurz nach Beginn der Veranstaltung eine übel riechende Flüssigkeit in den Redoutensälen verbreitet. Worum es sich dabei gehandelt hatte, war vorerst unklar. Einen Onlinebericht der "Oberösterreichischen Nachrichten" bestätigte die Polizei auf APA-Anfrage.

"Die beiden Personen wurden vorläufig festgenommen", so Sprecher Bruno Guttmann. Die Flüssigkeit wurde in einer kleinen Kapsel in die Veranstaltungsörtlichkeit geschmuggelt. Der Kongress läuft unverändert weiter, berichtete die Polizei.

Mega-Aufgebot der Polizei

Der Kongress begann um 9 Uhr. Schon eine Stunde zuvor trafen die Teilnehmer ein, die Rede war von 200 bis 350 Personen. Prominente waren nicht zu sehen, auch nicht der als Redner angekündigte Herbert Kickl, FPÖ-Generalsekretär und Wahlkampfleiter von Norbert Hofer. Einzelne Teilnehmer trugen Tracht oder Couleur. Auch Schachteln wurden hineingetragen. Mehr war nicht zu erkennen, denn die Polizei ließ auch Medienvertreter nur kurz in das vom Platzverbot betroffene Areal vorgehen. Kontakte mit den Teilnehmern waren nicht möglich. Gäste, die zu einem Lokal in der Sperrzone wollen, werden laut Polizei von dieser dorthin begleitet. Besucher einer Vorstellung des Landestheaters am Abend müssen den Seiteneingang benutzen.

© APA

Die Einsatzeinheiten in Linz haben Verstärkung aus zwei weiteren Bundesländern. © APA

Für den Einsatz ist eine Vielzahl von Beamten angerückt. Einsatzeinheiten aus einem oder zwei weiteren Bundesländern waren als Verstärkung vorgesehen - insgesamt eine nicht näher veröffentlichte dreistellige Zahl an Beamten. Sie hatten auch Diensthunde dabei. Die meisten Beamten trugen normale Uniformen, einige waren aber auch schon mit Helmen ausgestattet. In den Straßen in der Verbotszone und im darin befindlichen Landhauspark standen Dienstfahrzeuge. Die Lage machte noch einen entspannten Eindruck. Es war zu erwarten, dass sich das bis zum Beginn einer Gegendemonstration um 14 Uhr ändert.

Kickl-Rede mit markigen Sagern

Mit markigen Sagern ist FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl in seiner Rede vor den Kongress-Teilnehmern aufgetreten. Abgeordnete von SPÖ und Grüne im Hohen Haus bezeichnete er als "mieselsüchtige Parlamentarier". Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen nannte der Norbert-Hofer-Wahlkampfmanager einen "Last-Minute-Patrioten", wie der Veranstalter auf seinem Twitter-Account bekannt gab.

Einige harsche Attacken gab es wenig überraschend auf den politischen Mitbewerber. "Die Toleranz der Linken ist oft nichts anderes als Feigheit." Dass keine "Mainstream-Medien" am Kongress teilnehmen durften, sah Kickl mit Wohlwollen: "Sie können jetzt selber einmal darüber nachdenken, warum das so ist", meinte der Generalsekretär bei seinem Eintreffen.

"Verteidiger Europas"

Hinter dem Kongress "Verteidiger Europas" steht das "Europäische Forum Linz". Auf der Liste der "Aussteller" finden sich u.a. die Identitäre Bewegung, die vom früheren Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf ins Leben gerufene Webplattform "unzensuriert.at" oder das Zweimonatsblatt "Info Direkt". Näheres ist nicht bekannt, da die Organisatoren Medien keinen Zutritt gewähren und auch keine Fragen beantworten.

© APA

Um 14 Uhr begann die Gegen-Demo. © APA

Protest auch wegen Räumlichkeiten

Der Protest gegen das Treffen richtet sich auch dagegen, dass das Land seine Repräsentationsräume an die Veranstalter vermietet hat. Mehr als 60 Persönlichkeiten - darunter Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, KZ-Überlebende, Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske, ÖGB-Präsident Erich Foglar oder der frühere Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) - haben einen Offenen Brief an LH Josef Pühringer (ÖVP) unterzeichnet, in dem die Auflösung des Mietvertrags gefordert wurde. Da laut BVT keine Informationen vorliegen, dass eine strafrechts- bzw. verbotsgesetzwidrige Veranstaltung zu erwarten sei, die man von vorneherein untersagen müsste, sah Pühringer aber keinen Grund dafür. Versuche von SPÖ und Grünen, eine Auflösung zu erwirken, scheiterten an den Gegenstimmen von ÖVP und FPÖ in der Landesregierung.

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