Deutliche Worte
Ludwig: 'Mindestsicherung neu kommt so nicht'
26.01.2019
Im ÖSTERREICH-Interview erneuert der Wiener Bürgermeister seine Kritik an der Bundesregierung.
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig rechnet nicht damit, dass die „Mindestsicherung neu“ so kommt, wie sie von der Regierung geplant ist. In ÖSTERREICH (Sonntagausgabe) sagt Ludwig: „Es gab in Summe quer durch Österreich 137 negative Stellungnahmen und nur drei positive. Ich bin felsenfest überzeugt, dass das Gesetz in dieser Form nicht kommen wird. Aus unserer Sicht in Wien sind das vor allem Punkte, die Kinder treffen, behinderte Menschen treffen oder auch Pensionisten. Wir sind keine Streithanseln, wir wollen im Sinne der Menschen unserer Stadt gehört werden.“
Das Argument, dass immer mehr Asylwerber Mindestsicherung beziehen, lässt Ludwig so nicht gelten: „Das wird immer von der Regierung vorgeschoben, weil immer alles zieht, was mit Ausländern zu tun hat. Aber man sollte nicht vergessen: 60 % der Mindestsicherungsbezieher sind nicht in den Arbeitsprozess zu integrieren, weil sie Kinder, Pensionisten und behinderte Menschen sind.“
Ludwig sieht zwei Gründe für die Kritik von Kanzler und Vizekanzler an der Stadt: „Ein strategischer, weil Einzelne in Wien eine politische Veränderung bei der nächsten Wahl wollen. Es ist kein Zufall, dass rund um den Jahreswechsel die Wiener Mitglieder der Bundesregierung sich den Kopf zerbrochen haben, wer in Wien kandieren wird. Strache ja, Strache nein und so weiter. Der zweite Grund ist ein taktischer: Die Bundesregierung wollte ablenken von ihrer Steuerreform – im Wahlkampf wurden 12 bis 14 Milliarden versprochen, jetzt sind’s nur noch 4,5 Milliarden. Und auch das ist nicht sicher.“
Ludwig und Kurz wollen sich zu Gespräch treffen
Die Angriffe von Kanzler Kurz auf Wiener Mindestsicherungsbezieher weist Ludwig zurück: „Es stimmt mich traurig, wenn die Bevölkerung Wiens angegriffen wird. Es ist einfach unrichtig, dass die Arbeitslosigkeit in Wien steigt und die Zahl der Mindestsicherungsbezieher steigt. Das Gegenteil ist der Fall. Und wir haben eine Rekordbeschäftigung. Ich will nicht, dass man so über die Menschen in unserer Stadt herzieht.“ Gleichwohl sei er zu Gesprächen mit dem Kanzler bereit: „Wir haben uns kurz bei einer Veranstaltung getroffen und haben vereinbart, dass wir uns zum Gespräch treffen. Meine Tür ist immer offen.“
Wer bei der nächsten Gemeinderatswahl in Wien für die FPÖ antritt, sei ihm egal, so Ludwig: „Mir ist jeder recht. Ich glaube, Strache ist zu Recht unschlüssig, weil das für ihn als Vizekanzler ein starkes Risiko ist: Er hat schon dreimal kandidiert in Wien und schon dreimal verloren.“