Wiens Bürgermeister verteidigt am SPÖ-Parteitag die strengeren Regeln in der Hauptstadt.
Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) will weiter auf den "Wiener Weg" setzen. Das gelte sowohl für das Pandemiemanagement als auch für Bereiche wie Wohnen, Bildung, Teuerung und Verkehr, sagte er bei seiner Rede am Samstagvormittag beim Landesparteitag der Wiener SPÖ in der Messe. Bei dem roten Großevent stellt er sich nach zwei coronabedingten Verschiebungen den rund 1.000 Delegierten zur Wiederwahl.
"Die Pandemie ist nicht vorbei", begann Ludwig seine Rede - dementsprechend setze man am Parteitag auch auf die 2,5G-Regel und Maskenpflicht abseits des Platzes. Die in Wien strengeren Corona-Maßnahmen samt Maskenpflicht in den öffentlichen Verkehrsmitteln verteidigte er. "In die Disco muss man nicht gehen, aber die Öffis müssen die allermeisten Menschen benützen."
Für die anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen forderte Ludwig eine deutliche Lohnerhöhung: "Da muss es klingeln... nein, das ist zu wenig: Da muss es rascheln." Die hohe Inflation müsse abgegolten werden. Die Arbeitgeber könnten dabei nicht mit Hinweis auf eine Lohn-Preis-Spirale kommen. "Die Spirale dreht sich nicht wegen hoher Löhne, sondern wegen hoher Preise."
Im Bildungsbereich hob Ludwig den beitragsfreien Kindergarten und die beitragsfreie Ganztagsschule hervor. Außerdem kündigte er den Bau einer neuen Zentralberufsschule in der Donaustadt an. Im Wohnbau werde man einen Weg finden, trotz steigender Grundstückspreise und Baukosten leistbaren Wohnraum zu schaffen - auch bei bestehenden Objekten. Dazu soll der Lagezuschlag bei den Richtwertmieten vor den Verfassungsgerichtshof gebracht werden.
"Ist das Betonpolitik?"
Das 365-Euro-Jahresticket für die Wiener Linien will Ludwig auch künftig beibehalten - aber es werde auch neue Straßen brauchen, sprach er eines der Hauptkonfliktthemen an. Sowohl Lobautunnel als auch Stadtstraße verteidigte der Bürgermeister: Projekte wie die Donauquerung als Brücke über die Lobau habe man verworfen - aber mit dem 60 Meter unter der Lobau verlaufenden Tunnel könne man nun guten Gewissens sagen, dass diese nicht beeinträchtigt werde. Mit dem Projekt würde die Südosttangente entlastet und die umliegenden Bezirke von bei Stau von dieser abfahrenden Lkws.
"Ist das Betonpolitik?", fragte Ludwig rhetorisch. Er bekenne sich zu einer solchen, wenn es darum gehe, Arbeitsplätze zu schaffen, Wohnungen oder Kindergärten und Schulen zu bauen. "Dazu wird man Beton brauchen." Baue man nicht, würden die Menschen aus der Stadt hinausziehen und dann zum Arbeiten wieder hineinpendeln.
Ergebnis am Nachmittag
Am Nachmittag wird über den Wiener Parteivorsitzenden abgestimmt, mit Gegenkandidaten muss Ludwig nicht rechnen. Das Wahlergebnis soll gegen 15.00 Uhr vorliegen.
Intensivere Debatten könnte über Anträge geben. Zum einen wird über eine Reihe von Statutenänderungen diskutiert. Parteitage sollen künftig etwa nur mehr alle zwei Jahre stattfinden. Bisher standen diese Treffen alljährlich auf dem Programm, wobei der Parteichef sich alle zwei Jahre einer Wahl stellen musste.
Nun ist angedacht, nur mehr die Wahlparteitage durchzuführen. Zugleich wird das deutlich kleinere Format der "Wiener Konferenz" eingeführt. Diese kann bei Bedarf zur Diskussion aktueller politischer Themen angesetzt werden. Unumstritten ist die Änderung nicht, man behält sich darum vor, notfalls zum "alten" Modell zurückzukehren.
Definitiv umstritten sind auch die von Ludwig angesprochenen Straßenbauprojekte im Nordosten Wiens, also der - vom Bund gecancelte Lobautunnel - und die Stadtstraße. In einem Leitantrag wird deren Realisierung urgiert. "Die Stadtentwicklung im Nordostens Wiens (...) darf nicht durch fehlende Straßenanbindungen gestoppt werden", heißt es darin.
In einem weiteren Antrag wird jedoch das exakte Gegenteil gefordert. Die Bezirksorganisation Alsergrund und die Junge Generation sprechen sich für "Zukunftsperspektive statt Tunnelblick" aus. Die laut Antragstellern "nicht nachhaltigen und nicht sozialen" Projekte sollten nicht umgesetzt werden, heißt es. Eine Diskussion ist vorprogrammiert - eine Zustimmung jedoch nicht. Denn die für die Prüfung der Anträge zuständige Kommission empfiehlt die Ablehnung des Antrags.
Großdemo geplant
Zu dem Thema wird heute auch demonstriert. Die Initiative "Lobau Bleibt" ruft gemeinsam mit zahlreichen weiteren Gruppen zu einer Großdemo auf, "um den Protest gegen die Betonpolitik der SPÖ von der Donaustadt zur Messehallen zu tragen", wie es in einer Ankündigung hieß.
Man werde "zu Tausenden" auf die Straße gehen, ließ man wissen. Eine Kundgebung direkt bei der Messehalle wurde allerdings untersagt. Tatsächlich wurde auch vor dem Beginn der Veranstaltung beim Eingang nicht demonstriert - anders als in den vergangenen Jahren, als etwa Jugendorganisationen immer wieder zu verschiedenen Themen dort protestierten. Zu sehen waren lediglich zahlreiche Polizisten, die sich im Umfeld postiert hatten.