Der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich über die Forderungen an die Steuerreform.
ÖSTERREICH: Was fordern Sie aus Sicht der Wirtschaft von der Steuerreform?
Harald Mahrer: Wir wünschen uns die angekündigte größte Steuerreform aller Zeiten. Es geht um eine Entlastung, die bei allen Österreichern im Geldbörsel zu spüren ist, aber Betriebe auch in die Lage versetzt, wichtige Zukunftsinvestitionen zu tätigen, damit Tausende neue Jobs entstehen.
ÖSTERREICH: Worum geht es konkret?
Mahrer: Um eine klare Senkung des Lohn- und Einkommenssteuertarifs. Und bei der Körperschaftssteuer soll ein Einser vorne stehen, sie soll künftig bei 19 statt 25 % liegen. Das ist wichtig für Österreich als Wirtschaftsstandort: In den umliegenden Ländern Ungarn, Tschechien, Slowakei, Slowenien sind die Steuersätze niedriger als bei uns.
ÖSTERREICH: Ist eine Senkung der KöSt um 6 Prozentpunkte realistisch?
Mahrer: Unter Wolfgang Schüssel ist der Steuersatz um 9 Prozentpunkte gesenkt worden, von 34 auf 25 %. Alles ist machbar. Eine solche Steuersenkung hat ja auch refinanzierende Wirkung, weil die Unternehmen dann mehr investieren und sich Betriebe aus dem Ausland bei uns ansiedeln, also neue Steuereinnahmen bringen. Eine Senkung der KöSt auf 19 % kostet laut Eco Austria netto 1,5 Mrd. Euro, das ist überschaubar.
ÖSTERREICH-Journalistin Angela Sellner mit Harald Mahrer im Gespräch.
ÖSTERREICH: Welches Volumen soll die Reform haben?
Mahrer: Da es die größte aller Zeiten werden soll und die bisher größte bei 5,5 Mrd. Euro lag, ist mehr als das das Minimum. Man muss sich anschauen, welchen Spielraum die Regierung hat auf Basis der Wirtschaftsentwicklung, die derzeit sensationell gut ist und auch 2019 gut bleibt – das bringt unerwartet hohe Steuereinnahmen. Außerdem hat die Regierung die kalte Progression noch nicht abgeschafft – auch das sorgt für Spielraum.
ÖSTERREICH: Viele beklagen sich, dass sie das Steuersystem schwer durchschauen …
Mahrer: Ja, das System ist derzeit viel zu komplex und intransparent, es braucht eine dramatische Vereinfachung. Alle Steuerzahler sollen verstehen, wie es funktioniert. Die Idee wäre, die Steuersätze so zu vereinfachen, dass sie leicht auf eine Serviette passen.
ÖSTERREICH: Was halten Sie von einer Ökologisierung des Steuersystems?
Mahrer: Österreich ist hinsichtlich Energieeffizienz und Einsatz grüner Technologie ein globales Vorzeigeland. Natürlich müssen wir etwas tun – Stichwort Verkehr, Schadstoffreduktion. Aber keine neuen Steuern, sondern neue Anreizmodelle sind das Thema.
ÖSTERREICH: Wäre eine Digitalsteuer in Österreich sinnvoll, um Google & Co. zur Kasse zu bitten?
Mahrer: Das Modell muss man sich genau ansehen. Es geht stark um die Definition der digitalen Betriebsstätte: Kann man sauber erfassen, in welchem Land die Wertschöpfung stattfindet? Damit es nicht zu einer Mehrfach-Belastung österreichischer Betriebe kommt, die ohnehin Steuern zahlen – sich aber internationale Datenkraken dem entziehen können. Es sollen alle fair besteuert werden, das unterstütze ich. Wobei mir eine europäische Lösung lieber wäre als ein österreichischer Alleingang. Die nächste EU-Kommission wird das angehen müssen: Wenn wir einen europäischen digitalen Binnenmarkt haben, müssen wir dort auch eine vernünftige digitale Besteuerung haben.