Maria Vassilakou erregt mit ihrer Parkpickerl-Offensive ganz Wien. Was sie plant:
Sie ist das rote Tuch für alle Autofahrer, die grüne „Jessas Maria“ – eine Frau, die nur ein Ziel hat: dass möglichst viele Autofahrer vom Kfz aufs Fahrrad oder die Öffis umsteigen.
Diese Woche brachte Maria Vassilakou laut Umfrage 65 % aller Wiener zur Weißglut, weil sie mit 1. Oktober in den Bezirken außerhalb des Gürtels ein Parkpickerl einführen und damit von jedem Autofahrer 140 Euro abkassieren will.
150.000 Unterschriften haben FPÖ und ÖVP bereits gegen Vassilakou und ihren „Wahnsinns-Plan“ (Strache) gesammelt. Der Druck ist so groß, dass Bürgermeister Häupl eine Volksbefragung zugestehen musste – sie darf aber erst nach (!) der Einführung des Pickerls stattfinden, weil die engagierte Grüne dem schon leicht verärgerten Roten sonst die Koalition aufgekündigt hätte.
43 Jahre ist Maria Vassilakou erst alt, eine der jüngsten Politikerinnen im Land. Sie würde wohl als Dreißigjährige durchgehen, wenn ihr die Politik nicht schon zahlreiche graue Haare eingebracht hätte.
Eigentlich ist die „grüne Maria“, die neben Eva Glawischnig als mächtigste Grüne gilt, Griechin. Sie hat bis heute die Staatsbürgerschaft des Krisenstaates, weil die Staatszugehörigkeit bei Griechen nie erlischt.
Vassilakou ist in Athen aufgewachsen – als Tochter einer Goldschmiedin und eines gutbürgerlichen Bauunternehmers. Nach der Matura – mit 18 – kam sie mit ihrem Freund nach Wien, um hier zu studieren.
Zuerst als Dolmetscherin, dann als Sprachwissenschafterin, dann Psychologie. Sie wurde zu einer der Engagiertesten in der ÖH, kam aus Protest gegen Haider und die FPÖ zu den Grünen – und hat das geschafft, wovon die Grünen träumen: Sie regiert mit einem Roten.
Rot-Grün ist Vassilakous Lebensziel. Sie will dieses Polit-Modell, das in Wien so umstritten ist, unbedingt für die Bundesregierung 2013 durchsetzen.
Sie selbst gilt als Fix-Starterin in einer rot-grünen Bundesregierung – obwohl sie als Verkehrsstadträtin in Wien, so sagt sie, ihren „Traumjob“ gefunden hat.
Die „grüne Maria“ ist übrigens die einzige Verkehrsstadträtin in Europa, die kein Auto hat – ihres hat sie vor fünf Jahren „abgebaut“.
Stattdessen fährt sie im Sommer morgens mit dem Rad ins Büro – besitzt aber (auch Grüne leben im Widerspruch) ein Dienstauto, das sie abends von den Dienst-Terminen nach Hause in den 17. Bezirk chauffiert.
Privat ist Maria Vassilakou mit einem Medien-Experten verheiratet. Kinder hat sie der Polit-Karriere geopfert. Und Urlaub macht sie natürlich in Griechenland – bei Mama.
"In der Politik darf man kein Mimoserl sein!"
ÖSTERREICH: Sie sind mit Ihrem Parkpickerl seit letzter Woche die Buhfrau der Nation. Sind Sie von der Wut vieler Bürger überrascht?
MARIA VASSILAKOU: Ich habe damit gerechnet: Jede Parkgebühr und jede Verkehrsmaßnahme löst sehr hohe Emotionen aus. Noch dazu befinden sich unsere politischen Mitbewerber längst im Wahlkampf für 2013. Da wird’s schnell einmal heftig. Aber ich meine, dass man von einem regierenden Politiker erwarten kann, dass er seine Aufgabe ernst nimmt und die Beschlüsse des Stadtparlaments umsetzt.
ÖSTERREICH: Also das umstrittene Parkpickerl kommt definitiv am 1. Oktober. Da fährt die Eisenbahn drüber.
VASSILAKOU: Wir sind gut im Plan. Technisch kann ich es am 1. Oktober einführen. Aber der 1. 10. ist für mich keine Religion. Wenn es einen Monat länger braucht, um die angekündigten Reformen einzuarbeiten, ist das kein Problem. Auf alle Fälle tritt die Ausweitung im Herbst in Kraft.
ÖSTERREICH: Können Sie mir und den Lesern erklären, warum Sie als Grüne, die immer für Volksabstimmungen war, jetzt vor einer Abstimmung Angst haben – zuerst das Pickerl einführen und erst dann darüber abstimmen lassen?
VASSILAKOU: Das kann ich Ihnen leicht erklären: Ich bin eine glühende Anhängerin von Volksbefragungen – aber nur, wenn sie verfassungskonform sind. Unsere Wiener Verfassung erlaubt eine Volksbefragung definitiv nicht über vorhandene Gebühren und Abgaben. Eine Volksbefragung über das geltende Parkpickerlsystem wäre also ein Verfassungsbruch, bei dem ich nicht mitmache. Ich habe einen Eid auf die Verfassung abgelegt und werde sie nicht brechen. Deshalb wird es keine Befragung über schon vorhandene Gebühren geben können, sondern eine demokratische Befragung über ein neues Modell der Parkraumbewirtschaftung für ganz Wien.
ÖSTERREICH: Über das Parkpickerl wird also sicher nicht abgestimmt?
VASSILAKOU: Es wird sehr wohl eine Befragung über die Parkraumbewirtschaftung geben, aber über ein neues Modell. Und da wird ganz Wien zu Wort kommen. Wir werden das neue Modell für die Parkgebühr gemeinsam mit den Autofahrerclubs und den Experten vier Monate erarbeiten, dann mehrere Wochen eine Informationskampagne starten und dann etwa im Februar 2013 eine Volksbefragung für alle Wiener abhalten. Jeder wird abstimmen können, wie die Parkraumbewirtschaftung künftig aussehen soll.
ÖSTERREICH: Und wie sieht Ihr Zukunfts-Modell aus?
VASSILAKOU: Das wird erst entwickelt. Aber Sie werden staunen: Ich finde die Vorschläge der Autofahrerclubs ÖAMTC und ARBÖ, die Parkgebühren künftig nach Zonen gestaffelt einzuheben – also mehr Gebühr in der Innenstadt, weniger in den Randbezirken –, im Prinzip recht gut.
ÖSTERREICH: Dabei gelten Sie als Auto-Hasserin …
VASSILAKOU: Bin ich absolut nicht. Ich hab ein absolut entspanntes Verhältnis zu Autos. Ich akzeptiere, dass man auch als Städter ein Auto braucht – zum Beispiel für die großen Einkäufe, für Transporte, für die Kinder.
ÖSTERREICH: Haben Sie eigentlich selbst ein Auto?
VASSILAKOU: Privat habe ich persönlich seit fünf Jahren kein Auto mehr. Ich erledige meine Wege möglichst mit Fahrrad oder Öffis. Wenn ich ein Auto brauche, borge ich mir eins.
ÖSTERREICH: Aber im Dienstauto lassen Sie sich als Vizebürgermeisterin fahren?
VASSILAKOU: Das ist richtig, ich habe für meine Arbeit wie alle Stadträte ein Dienstauto. In der Früh fahre ich so oft ich kann, wenn ich nicht zu Repräsentationsterminen muss, mit dem Rad ins Büro.
ÖSTERREICH: Geben Sie zu, dass Ihr Traum die autofreie Stadt ist – ein Wien ohne jeden Autofahrer?
VASSILAKOU: Nein, das wäre dann eine schrullige Stadt. Ich habe nur realistische Träume – und deshalb ist mein Ziel, dass Wien Nummer 1 aller Städte mit der geringsten Verkehrsbelastung wird.
ÖSTERREICH: Da nützt das Parkpickerl aber wenig.
VASSILAKOU: Haben Sie eine Ahnung! Innerhalb des Gürtels hat das Pickerl 40 % Reduktion des Stellplatzdrucks, einen deutlichen Rückgang der Verkehrsbelastung und den geringsten Autobesitz bundesweit gebracht.
ÖSTERREICH: Trotzdem hat die Josefstadt die meisten SUV-Jeeps in Österreich.
VASSILAKOU: Richtig, das ist absurd, hat aber nichts mit dem Pickerl, sondern eher mit dem Autogeschmack der Josefstädter zu tun. Der Parkplatz-Druck ist innerhalb des Gürtels von 120 % auf 80 % zurückgegangen. Kein Bezirksvorsteher, kein Bürger würde dort das Pickerl je wieder abschaffen wollen.
ÖSTERREICH: Was ist Ihr nächstes Ziel, nachdem Sie jetzt die Wiener mit dem Parkpickerl beglückt haben?
VASSILAKOU: Ich hätte gerne, dass kein Wiener mehr auf das eigene Auto angewiesen ist. Deshalb will ich Car-Sharing-Modelle forcieren. Sie fahren mit den Öffis und können, wann immer Sie wollen, einmal ums Eck gehen und ins nächste Car-Sharing-Auto einsteigen. Und jeder, der sein Auto zurückgibt, zahlt für die gesamte Öffi-Benutzung dann nur mehr 100 Euro in diesem Jahr.
ÖSTERREICH: Würden Sie so wie Ihr Salzburger Kollege gern die ganze Innenstadt generell für Autos sperren?
VASSILAKOU: Find’ ich gut, steht aber nicht im Koalitionsabkommen und kommt in dieser Regierungsperiode nicht infrage.
ÖSTERREICH: Gibt es Drohungen, werden Sie beschimpft?
VASSILAKOU: Nichts von alledem. Wir sind so stolz auf Österreich, weil wir ein Land sind, in dem Politiker ohne Probleme und ohne Bodyguards unterwegs sein können. Ich habe aber Tausende Mails bekommen – mit konstruktiver Kritik und konkreten Anliegen, die ich alle in die Reform einarbeite. Aber grundsätzlich gilt: Wer regiert, darf keine Mimose sein oder: Wer die Hitze nicht aushält, sollte die Küche meiden.