Wie sie das erste Jahr als Kanzler-Gattin erlebt hat, erzählt sie im Gespräch mit ÖSTERREICH.
ÖSTERREICH: Frau Faymann, am 2. Dezember ist Ihr Mann ein
Jahr lang als Bundeskanzler im Amt. Wie schaut da Ihre persönliche Bilanz
aus?
Martina Faymann: Insgesamt war es für unsere Familie ein
turbulentes Jahr. Wir mussten viele Umstellungen meistern. Der Job als
Bundeskanzler ist angesichts der Weltwirtschaftskrise sehr zeitintensiv und
nimmt meinen Mann stark in Anspruch. Im Herbst war auch der erste Schultag
unserer Tochter Flora. Das ist für jede Familie
eine große Umstellung.
ÖSTERREICH: Spielen die aktuellen politischen Geschehnisse in
der eine Familie eine große Rolle?
Faymann: Der
emotionale Stress ist im letzten Jahr sehr groß gewesen. Mein
Mann ist jeden Tag mit vielen brisanten Themen wie Arbeitslosigkeit oder
die Bankenkrise konfrontiert. Da ich selbst Politikerin bin, lebe ich das
ein Stück mit und versuche, ihn zu unterstützen. Angesichts der Krise kann
man nicht einfach zu Hause die Türe zusperren und die Probleme draußen
lassen. Ich glaube, es wäre komisch, wenn das kein Thema für uns daheim wäre.
ÖSTERREICH: Ihre sechsjährige Tochter Flora muss sehr oft auf
ihren Papa verzichten, besucht sie ihn manchmal im Bundeskanzleramt?
Faymann:
Mein Mann bemüht sich, Flora immer wieder in die Schule zu bringen. Aber
meine Tochter hat ihren Papa auch schon zwei Mal im Bundeskanzleramt besucht
und ist durch viele Räume gelaufen. Das war natürlich sehr aufregend für
Flora.
ÖSTERREICH: Das Ehepaar Pröll befindet sich gerade auf
Liebeurlaub. Werden Sie auch einen einfordern?
Faymann: Nein
(lacht), mir ist klar, dass das jetzt nicht geht. Wir hatten einen schönen
Sommerurlaub. Ich hoffe, dass im nächsten Jahr wieder Sommerferien für die
Familie drinnen sind.
ÖSTERREICH: Vizekanzler Josef Pröll hat vor Kurzem in einem
Interview behauptet, dass er sich die Hausarbeit Halbe-Halbe mit seiner Frau
teilt. Schafft das auch das Ehepaar Faymann?
Faymann: Mein
Mann kann zwar wunderbar kochen, aber Halbe-Halbe kann sich bei diesem Job
nicht ausgehen. Wenn er am Sonntag zu Hause ist, dann machen wir lieber
einen Ausflug, als dass ich ihn zur Hausarbeit verdonnere.
ÖSTERREICH: Ihr Mann wurde in den letzten Monaten oft hart
kritisiert. Wie stecken Sie die medialen Attacken weg?
Faymann:
Als Politikerin weiß ich, dass auf Bundesebene die Formulierungen schärfer
werden. Aber natürlich prallt nicht alles von einem ab und manchmal denke
ich mir schon: „Das darf jetzt aber nicht wahr sein.“
ÖSTERREICH: Vor allem seine Harmoniesucht wird Ihrem Mann oft
zum Vorwurf gemacht? Kann man mit Werner Faymann überhaupt streiten?
Faymann:
Ich finde es ist nichts Negatives, wenn man nach Harmonie trachtet. Aber wir
gehen Konfrontationen nicht aus dem Weg, sagen uns oft die Meinung. Doch
generell suchen mein Mann und ich nach gemeinsamen Lösungen und bemühen uns,
alles unter einem Hut zu bekommen.
ÖSTERREICH: Sie haben in den letzten Monaten viele
internationale Politiker kennengelernt. Wer hat Ihnen am meisten imponiert?
Faymann:
Hillary Clinton habe ich schon immer sehr bewundert. Vor drei Wochen durfte
ich sie in Berlin persönlich kennenlernen. Wir haben über ihr Bild von
Österreich, die Krise und ihre Asien-Reise gesprochen. Da ist ein Traum für
mich in Erfüllung gegangen.