Außenministerin
Meinl-Reisinger: Neutralität schützt Österreich nicht
08.03.2025Die Außenministerin fordert ein "entschlossenes, entschiedenes Vorgehen auf europäischer Ebene".

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) kann sich vorstellen, dass nicht nur die Zinsen von eingefrorenem, russischen Auslandvermögens dem Wiederaufbau der Ukraine zugute kommen, sondern dass das Vermögen an sich dazu herangezogen wird. Das sagte Österreichs neue Chefdiplomatin am Samstag im "Mittagsjournal" des ORF-Radios Ö1. "Ich begrüße das", kommentierte Meinl-Reisinger solche Pläne der EU-Kommission. Voraussetzung sei, dass dafür ein Rechtsrahmen geschaffen wird.
Die in Europa wegen des Ukraine-Krieges eingefrorenen Summen belaufen sich auf mehrere Hundert Milliarden Euro. Ob die Bevölkerung angesichts der Bedrohung Europas durch Russland auf einen Krieg vorbereitet werden müsse? Drohe ein Angriff Russlands auf ein EU-Land, etwa ein baltisches Land? Dies Fragen beantwortete Meinl-Reisinger mit: "Das hoffe ich nicht. Mein Job beseht auch darin, das zu verhindern." Meinl-Reisiner warb für ein "entschlossenes, entschiedenes Vorgehen auf europäischer Ebene".
Zugleich betonte die NEOS-Politikerin, dass Russland "seit langem" einen hybriden Krieg gegen Europa führe in Form von Cyberangriffen, Sabotage und "massive Desinformationskampagnen" mit dem Ziel die Demokratie systematisch zu destabilisieren.
Neutralität schützt nicht
Neutralität schützt Österreich aus der Sicht Meinl-Reisingers nicht. Die Neutralität, die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie die Beistandspflicht auf EU-Ebene sind für sie gleichwertig. Österreich solle sich nicht in Konflikte außerhalb Europas einmischen. Es solle sich aber insbesondere bei der Nachrüstung, den Autonomiebestrebungen, der Interoperabilität der Streitkräfte und deren Kooperation sowie der gemeinen Beschaffung von Rüstungsgütern in der EU einbringen. "Das steht in keinem Gegensatz zur Neutralität", betonte die Ministerin.
Was das wichtige transatlantische Verhältnis zu den USA unter der Regierung von Präsident Donald Trump angeht, sagte Meinl-Reisinger: "Unser Wille, und auch mein Wille zu einer starken Partnerschaft mit den USA ist ungebrochen. Aber ich muss auch zur Kenntnis nehmen, dass da jetzt viel Volatilität und Unsicherheit drinnen ist, und die Konsequenz ist, dass wir uns in Europa selbstbewusster und autonomer aufstellen." "Selbstverständlich" werde sie sich um Gespräche mit der Trump-Administration bemühen, betonte die 46-Jährige.
Vorgehen gegen Spionage
Angesprochen auf ein verstärktes Vorgehen gegen Spionagetätigkeit in Österreich, wie es im Programm der neuen Regierung von ÖVP, SPÖ und NEOS vorgesehen ist, und auf Diplomaten, die unter dem Deckmantel ihrer offiziellen Tätigkeit für Geheimdienste arbeiten, verwies Meinl-Reisinger auf das Justizressort. Dieses wird von Ministerin Anna Sporrer (SPÖ) geleitet.
Einerseits gibt es für Meinl-Reisinger zu beachten, dass Wien Sitz vieler internationaler Organisationen, darunter UNO und OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit) ist. Andererseits kann sie sich vorstellen, dass es neue Regelungen gibt, konkret eine Abkehr von der bisherigen Gesetzeslage, wonach Spionage nur strafrechtlich verfolgt wird, wenn sie gegen Österreich gerichtet ist.
Indes berichtet die "Kleine Zeitung", dass Meinl-Reisinger den bisherigen österreichischen Botschafter in der Ukraine, Arad Benkö zu ihrem Kabinettschef gemacht hat. Davor hatte er Österreich u.a. in Lettland und Georgien vertreten.