Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Seit gestern gehen die politischen Uhren in Österreich anders: Die mächtigste Grande Dame in der ÖVP, die „Hanni“, hat die Koalitions-Regeln in der Kanzler-Partei neu geschrieben. Schluss mit Türkis-Grün, „Pfui“ zu Schwarz-Rot – ab jetzt regiert Schwarz-Blau !
Es war Johanna Mikl-Leitner, die vor vier Jahren aus lauter Zorn über Herbert Kickl und seine Enttarnung der schwarzen Netzwerke in „ihrem“ Innenministerium ihren Ziehsohn Basti Kurz zwang, die damals relativ gut funktionierende schwarz-blaue Koalition vordergründig wegen Ibiza (in Wahrheit wegen Kickl) platzen zu lassen.
Es war Johanna Mikl-Leitner, die zuließ, dass Kurz den taktischen Unsinn einer türkis-grünen Koalition erfand und seine ÖVP und auch sich selbst in den politischen Selbstmord führte.
Es war Johanna Mikl-Leitner, die aus Zorn auf die Grünen eine schwarz-rote Nostalgie-Koalition schmieden wollte – zuerst in NÖ und dann am Ballhausplatz bei ihrem Karli.
Das wäre mit dem roten Polit-Verlierer Franz Schnabl eine „g’mahte Wiesn“ gewesen. Doch dann wechselte die SPÖ ihren NÖ-Chef aus, schickte den jungen, engagierten, übermütigen Sven Hergovich ins Rennen gegen Mikl: Und der verpokerte sich als Polit-Greenhorn total, forderte von Mikl das gesamte rote Parteiprogramm als Koalitions-Pakt, wollte ihr buchstäblich die schwarze Unterwäsche ausziehen – übersah aber, dass die „Hanni“ statt Unterwäsche eine Stahl-Rüstung trägt. Und alles verzeiht – nur keine politische Erpressung ihrer vermeintlichen Schwäche.
Mikl setzte das „rote Buberl“ vor die Tür, vergaß all ihre schwarz-roten Pläne und „heiratete“ stattdessen ihren ärgsten Feind: den FPÖ-Burschenschafter Udo Landbauer, den sie seit Jahren eigentlich politisch „ermorden“ wollte.
Jetzt regiert in NÖ statt Schwarz-Rot in Zukunft Schwarz-Blau. Und jeder Polit-Insider ahnt: Ausgehend von NÖ wird Schwarz-Blau zum neuen Polit-Trend werden. Nach St. Pölten ziemlich sicher auch 2024 (oder früher) in Wien.
Viele Linke sehen jetzt die Welt untergehen: Die „Nazis“ und „Rechtsextremen“ würden jetzt regieren, unser Land „menschenfeindlich“ und „retro“ machen.
Ich kann diese Hysterie – bei all meinen (auch zahllosen gerichtlichen) Auseinandersetzungen mit der FPÖ – nicht teilen.
Schlechter als derzeit Türkis-Grün kann eine Regierung nicht agieren, weniger Zuspruch (21 %) sind auch nicht möglich.
Eine Demokratie muss es vertragen, dass Wahl-Gewinner auch regieren. Und eine stark an der (mittlerweile halt weitgehend blauen) Basis orientierte Regierung tut unserem Land nicht schlecht.
Unkontrollierte Massen-Zuwanderung gehört gebremst – wir brauchen Integration statt Zustrom. Die Spaltung der Bevölkerung seit Corona gehört beendet. Wirtschaftspolitik muss wieder offensiv, Umweltpolitik realistisch und Bildungspolitik endlich zukunftsorientiert werden. Gegen die Teuerung muss es endlich Hilfen geben.
Dieses Land braucht einen Neubeginn. Mit Türkis-Grün geht das nicht mehr, mit Schwarz-Rot wohl auch nicht. Und sehr viele Alternativen gibt es leider nicht.
Franz Beckenbauer würde sagen: Schau ma mal …
… was die politischen Todfeinde Hanni und Udo in ihrem neuen Polit-Flirt in NÖ zusammenbringen.