Das sagt ÖSTERREICH – ein Kommentar von Wolfgang Fellner.
Jetzt ist also tatsächlich das eingetreten, was für viele undenkbar und für andere unausweichlich schien: Herbert Kickl hat den Regierungsauftrag bekommen und ist am Weg ins Kanzleramt.
Damit geht unsere Republik nicht nur in dramatische sondern vor allem auch in völlig unberechenbare Zeiten. Keiner weiß, wie Kickl als Kanzler agieren wird: Eher als Wolf im Schafspelz – einigend, schmeichelweich, staatsmännisch? Oder eher als Polit-Rambo - polarisierend, aggressiv, chaotisch?
Fix ist nur: Österreich steht vor einem kompletten Neuanfang. Das Programm der FPÖ unterscheidet sich fundamental von der bisherigen Regierungslinie. Auch die ÖVP wird ohne die Fußfessel Grüne eine ganz andere (Wirtschafts-)Politik machen als bisher.
Wir brauchen dringend den Neu-Anfang - aber wer hat das Programm dafür?
Natürlich ist ein „Neu-Anfang“ für Österreich dringend nötig. ÖVP und Grüne haben unsere Wirtschaft an die Wand gefahren. Es hat fast drei Jahre völligen Stillstand gegeben - keine Reformen bei Bildung, Digitalisierung, Wirtschaft-Standort. Gleichzeitig hat der Politik-Dilettant Nehammer völlig die Kontrolle über das Budget verloren, unser Land in eine Rezession geführt. Und auch bei der Zuwanderung sind wir enorm unter Druck.
Die Frage ist nur: Wie wird dieser so dringend nötige „Neu-Anfang“ aussehen?
Die FPÖ hat sich bei ihren Regierungsplänen bisher bedeckt gehalten: Mit Ausnahme der klar formulierten Anti-Zuwanderungspolitik und der „Festung Österreich“ (wie immer sie umgesetzt werden soll) sind die Details ihres Regierungs-Programms (bewusst) zurückgehalten worden. Wo soll gespart werden (außer bei Sky-Shield)? Wo soll investiert werden ? Wie soll das Bildungssystem unserer Zukunft aussehen ? Wie starten wir die so dringend nötige Digitalisierung ? Wie bringen wir die Unternehmen wieder in Schwung?
All diese Punkte müssen Kickl und die ÖVP jetzt unter großem Zeitdruck neu gestalten. Es braucht die viel beschworenen „Leuchtturm-Projekte“, die großen Visionen.
Die Befürchtung: Es regieren die Partei-Soldaten, nicht die Reformer
Vom neuen ÖVP-Obmann Stocker ist da nicht viel zu erwarten - er ist eher Blockierer und Machtpolitiker als Visionär und Offensivgeist. Die ÖVP braucht deshalb dringend neue Köpfe: Das kann Flughafen-Chef Ofner als Finanzminister sein, Wirtschaftskammer-Generalsekretär Hattmansdorfer als Wirtschaftsminister, jemand wie Andreas Salcher als Bildungsminister - und die ÖVP sollte Sebastian Kurz für neue Visionen einbinden.
Auch Herbert Kickl fehlt (bisher) das Team für die großen Neustart-Projekte. Im Gegensatz zum seinerzeitigen Neu-Anfang der Ära Kreisky gibt es keine 1.000 Experten, kein Team der besten Köpfe. Auch in der FPÖ regieren Parteisoldaten wie Bellakowitsch, Schnedlitz, Schiefer. Die Visionäre für einen Neustart fehlen den Blauen (bisher noch).
So kann man – je nach Orientierung – nur hoffen oder beten, dass der Neustart unter Blau-Schwarz für Österreich erfolgreich wird und nicht im Chaos, im gegenseitigen Macht-Poker und im Budget-Chaos versinkt.
Hoffentlich haben möglichst viele Österreicher das Marzipan-Schweinderl und den Glücks-Klee von Silvester aufgehoben – jetzt brauchen wir beides...