Deutschland führt ab 2016 Maut für alle Straßen ein – nur für Österreicher & Co.
Lange wurde darüber gemunkelt, seit Montag ist es fix: Deutschland will am 1. Jänner 2016 tatsächlich eine Maut für alle Autofahrer einführen. Wirklich zahlen sollen aber nur Ausländer – also auch alle Österreicher, die per Auto in unser Nachbarland reisen. Hier die Details des umstrittenen Projekts:
- Gilt für alle Straßen. Geht es nach dem deutschen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), braucht künftig jedes Auto, das in Deutschland unterwegs ist, eine Vignette. Und das egal, ob es auf einer Autobahn oder bloß auf einer Landstraße fährt.
Ausländer-Maut soll jedes Jahr 625 Millionen bringen
- Nur die Ausländer zahlen. Während deutsche Autofahrer ihr Pickerl ganz bequem via Post nach Hause geschickt bekommen und im Gegenzug über die Absenkung der Kfz-Steuer entlastet werden sollen, werden ausländische Autofahrer ordentlich zur Kasse gebeten.
- Bei Tankstellen. Entweder online oder an Tankstellen gibt es künftig eine Zehn-Tages-Vignette um zehn Euro, ein Zwei-Monats-Pickerl um 20 oder eine Ganzjahres-Vignette um 100 Euro.
- 625 Millionen Euro. Insgesamt soll die „Infrastrukturabgabe“ der ausländischen Lenker dem deutschen Fiskus jährlich 625 Millionen bringen! Kein Wunder also, dass die heimische Politik ob der deutschen Abzockpläne außer sich ist!
Bures droht mit Klage vor Europäischem Gerichtshof
Im Interview mit ÖSTERREICH wettert Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) gegen die geplante Diskriminierung von österreichischen Autofahrern durch die deutsche Regierung. Doch nicht nur das: Bures droht den Deutschen bereits mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (siehe auch das Interview unten).
Unterstützung bekommt Bures dabei von den Grünen: „Diese Maut würde im Grundwiderspruch zur europäischen Solidarität stehen“, erklärt Georg Willi, Verkehrssprecher der Grünen. Der ARBÖ spricht sogar von einem deutschen „Raubrittertum“, der ÖAMTC könnte sich vorstellen, sich einer Bures-Klage anzuschließen.
Koalitions-Krach: VP hält Maut rechtlich für okay
Krach: ÖVP-Klubchef Lopatka sieht kein rechtliches Problem für die deutsche Maut.
Die Koalition aus SPÖ und ÖVP lässt keine Gelegenheit aus, um zu streiten. Auch wenn es gegen die Deutschen geht: Während SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures alle Geschütze gegen die Dobrindt-Mautpläne auffuhr und sie als EU-rechtswidrig brandmarkte, sah es VP-Klubchef Reinhold Lopatka ein bisschen anders: „Ich bin nicht so besorgt, wie es andere sind“, sagte er beim Besuch von Unions-Fraktionschef Volker Kauder in Wien. „Wenn sie europarechtskonform ist, wünsche ich uns bei einer Klage viel Erfolg“, so Lopatka. Erst als bei der SPÖ ein Empörungssturm losbrach, ruderte Lopatka ein bisschen zurück: „Ich sehe die Mautpläne weder positiv noch als unausweichlich.“
Verkehrsministerin Doris Bures droht: "Mit allen Mitteln dagegen kämpfen"
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zu den deutschen Maut-Plänen?
Doris Bures: Es gibt noch keinen Gesetzesentwurf. Aber meine Experten haben sich die heute präsentierten Pläne angesehen und halten sie nach einer ersten Prüfung für EU-rechtswidrig.
ÖSTERREICH: Ist es rechtswidrig, dass Deutsche die Vignetten-Kosten refundiert bekommen?
Bures: Ja, das ist eine Mogelpackung. Wenn alle dasselbe zahlen, okay. Aber wenn es ein System geben soll, bei dem die Deutschen nichts zahlen, die Österreicher aber zur Kasse gebeten werden, dann werde ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen ankämpfen: Zuerst wenden wir uns mit einem europarechtlichen Gutachten an die EU-Kommission – eine Klage beim EuGH wäre der letzte Schritt. Wir haben Verbündete. Die Niederlande haben signalisiert, dass sie sich anschließen würden.
ÖSTERREICH: Man könnte Zugangshürden für deutsche Studenten anheben …
Bures: Nein, ich bin gegen Revanche-Fouls. Wir verhalten uns rechtskonform.
ÖSTERREICH: ÖVP-Klubchef Lopatka hält die deutsche Regelung rechtlich für okay.
Bures: Ich habe das gelesen. Ich finde diese Stellungnahme für etwas eigenartig angesichts unserer Bemühungen, österreichische Autofahrer vor einer ungerechten Behandlung zu schützen.
(gü, mud)