Merkel telefonierte mit Kurz:
Deutsche wollen Grenzen bis 15. Juni öffnen
12.05.2020
Es werde an vielen Stellen ein zweistufiger Prozess sein, sagte Merkel am Dienstag.
Deutschland bereitet eine Lockerung des in der Coronakrise verhängten Grenzregimes vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte am Dienstag gegenüber Parteikollegen im Bundestag einen "zweistufigen Prozess" an, berichteten Teilnehmer. Ab Mittwoch sollten einige deutsch-österreichische Grenzübergänge für Pendler und Anrainer geöffnet werden, die komplette Öffnung dürfte aber noch dauern.
Ihr sei wichtig, dass die Grenzkontrollen nicht "bis ultimo" fortgesetzt werden, sagte Merkel am Dienstag nach Angaben von Teilnehmern einer virtuellen Sitzung der Unionsfraktion. Demnach soll am Mittwoch in der deutschen Bundesregierung über die weiteren Schritt beraten werden. Ebenfalls am Mittwoch will die EU-Kommission Leitlinien für eine schrittweise Grenzöffnung vorstellen.
Wie die "Bild" unter Berufung auf Informationen aus dem Innenministerium berichtet, soll die Öffnung schrittweise erfolgen. Die Grenzkontrollen sollen demnach stichprobenartig verlaufen. Ab 15. Juni könnten die Grenzübergänge dann schon komplett geöffnet sein - also ganz ohne Kontrollen.
Telefonat mit Kurz - erste offene Grenzübergänge in OÖ und Tirol
Wie aus dem Bundeskanzleramt in Wien gegenüber der APA verlautete, telefonierte am Dienstag auch Bundeskanzler Sebastian Kurz mit seiner deutschen Amtskollegin. Am morgigen Mittwochabend wurde Kurz im Vorarlberger Kleinwalsertal erwartet, das als lediglich von Deutschland aus erreichbares Zollausschlussgebiet besonders unter den Corona-Grenzbeschränkungen zu leiden hat.
Die deutsche Bundespolizei und die österreichischen Behörden einigten sich indes auf die Öffnung mehrerer kleinerer Grenzübergänge. In Oberösterreich geht es um die Grenzübergänge Breitenberg-Hinteranger/Vorderanger und Voglau, die von 7:00 bis 20:00 offen sein werden, sowie Bad Füssing-Obernberg (6:00 - 20:00 Uhr). Wie das Innenministerium der APA auf Anfrage mitteilte, wird auch der Salzburger Grenzübergang Großgmain-Bayerisch Gmain geöffnet, allerdings nur für Berufspendler mit Wohnsitz bzw. Arbeitsplatz in diesen beiden Gemeinden bzw. Bad Reichenhall. Zu Tirol sollten deutschen Angaben zufolge die Grenzübergänge Reit im Winkl-Kössen sowie Oberjoch-Schattwald geöffnet werden.
Für Dänemark und Luxemburg könnte es schon kommende Woche weitere Lockerungen geben. "Es gibt Anzeichen dafür, dass die strengen Grenzkontrollen am 15. Mai aufhören" - zumindest an der Grenze zu Luxemburg, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn der "Süddeutschen Zeitung". An den Grenzen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz könnte die Zahl der Übergänge, an denen ein Grenzübertritt erlaubt ist, zudem erhöht werden, erfuhr die dpa. Merkel sagte dazu, eine Öffnung der Grenzübergänge insgesamt seit das "Allernotwendigste". Frankreich steht allerdings bezüglich Grenzöffnung noch auf der Bremse. So hieß es aus Paris nach einem Telefonat des deutschen Innenministers Horst Seehofer mit seinem Amtskollegen Christophe Castaner, die von Frankreich gerade erst bis 15. Juni verlängerten Einreisebeschränkungen sollen "zu gegebener Zeit" aufgehoben werden.
Die deutsche Regierung wollte bei ihrer Sitzung am Mittwoch besprechen, wie mit den Grenzkontrollen weiter verfahren wird. Beispielsweise wird überlegt, an den aktuell noch geschlossenen kleineren Grenzübergängen demnächst nur noch stichprobenartig zu kontrollieren. Im Gespräch ist auch eine Regelung, die eine grundsätzliche Einreiseerlaubnis für Einwohner grenznaher Regionen vorsieht. In einzelnen deutschen Bundesländern gibt es darüber hinaus Pläne, die Corona-Quarantäne für Einreisende zu kippen.
Telefonat mit Kurz
Ähnliches gelte für Österreich und für die Schweiz, sagte die deutsche Kanzlerin nach einem Telefonat mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Zwischen Oberösterreich und Bayern werden am morgigen Mittwoch drei weitere Grenzübergänge geöffnet. Darauf haben sich laut Bundespolizei Passau deutsche und österreichische Behörden geeinigt. Konkret geht es um die Grenzübergänge Breitenberg-Hinteranger/Vorderanger und Voglau, die von 7:00 bis 20:00 offen sein werden, sowie Bad Füssing-Obernberg (6:00 - 20:00 Uhr).
Oberösterreichs Tourismus- und Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) hofft indes auf baldige weitere Grenzerleichterungen. "Ziel wäre natürlich eine vollständige Öffnung der Grenzen zumindest mit Deutschland und auch Tschechien für den Sommer", so Achleitner. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) versicherte in einem Arbeitsgespräch mit dem Landesrat, dass man "mit Bayern und der deutschen Bundesregierung in intensiven Gesprächen über die weitere Vorgangsweise im Bezug auf die Grenzsituation" sei.
Binnen 30 Tagen sollen EU-Grenzen wieder offen sein
Am Mittwoch will die EU-Kommission ihre Pläne für den Weg zurück in die Normalität der Reisefreiheit offiziell präsentieren. Einige Details davon sind schon durchgesickert, wie das "Handelsblatt" berichtet: Da der Druck aufgrund der sinkenden Coronavirus-Infektionszahlen auf alle Innenminister der EU steigt, sollen Reisen ins EU-Ausland raschest wieder möglich werden.
Allerdings will die EU-Kommission dabei "ein koordiniertes Vorgehen", also keine bilateralen Aktionen, schreibt das "Handelsblatt": Die Grenzkontrollen im Schengenraum sollen bald schrittweise aufgehoben werden. Und: Diesen Prozess länger als nötig zu verzögern, würde "nicht nur das Funktionieren des Binnenmarktes schwer belasten, sondern auch das Leben von Millionen von EU-Bürgern, denen die Vorteile der Freizügigkeit vorenthalten werden". Da für die EU-Außengrenzen noch Beschränkungen bis Mitte Juni empfohlen werden, dürften die Grenzen zwischen den EU-Ländern schon früher geöffnet werden, also in den nächsten 30 Tagen.
Fallen die Grenzkontrollen und Reisebeschränkungen zwischen den EU-Ländern, wären auch schon in diesem Sommer wieder Ferientage am Meer möglich - das Sicherheitsrisiko eines Auslandsurlaubs wird jeder für sich selbst einschätzen müssen.