Die Wirtschaft wollte eine Entschärfung - Kritiker befürchten mehr Korruption im öffentlichen Dienst.
ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner will die Entschärfung des Antikorruptionsgesetzes noch vor dem Sommer ins Parlament bringen. Auf Details der Novelle will man sich im Justizministerium noch nicht einlassen. Bestätigt wird aber, dass der Begriff des "Amtsträgers" - für sie gelten besonders strenge Antikorruptionsbestimmungen - enger definiert werden soll.
Bis zu 3 Jahre Haft
Das Antikorruptionsgesetz regelt seit dem
Vorjahr, unter welchen Bedingungen Beamte und Mitarbeiter staatlicher Firmen
("Amtsträger") sowie Privatpersonen Geschenke von Geschäftspartnern annehmen
dürfen. Privatpersonen machen sich strafbar, wenn sie Mitarbeiter eines
anderen Unternehmens mittels Bestechung zur "unlauteren Vornahme oder
Unterlassung einer Rechtshandlung" bringen bzw. wenn sie sich bestechen
lassen. Der Strafrahmen beträgt drei Jahre.
Mehr Strenge für Beamte
Besonders strenge Bestimmungen
gelten für öffentliche Amtsträger: Während Geschenkannahme in der
Privatwirtschaft nur dann strafbar ist, wenn sie mit einer pflichtwidrigen
Handlung verknüpft ist, machen sich Beamte auch dann strafbar, wenn sie für
die "pflichtgemäße Vornahme einer Rechtshandlung" ein Geschenk annehmen.
Hier droht ein Jahr Haft (Par. 304 StGB). Außerdem ist auch das sogenannte
"Anfüttern" strafbar, also die beständige Annahme kleiner Geschenke, die
vorgeblich nicht im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beamten stehen.
Wirtschaft gegen Gesetz
ÖVP-nahe Wirtschaftskreise mobilisieren
seit Inkrafttreten der Antikorruptionsbestimmungen dagegen. So bekundete der
oberösterreichische Raiffeisen-Chef Ludwig Scharinger im Vorjahr offen, "das
Gesetz widerspricht der österreichischen Gemütlichkeit" und forderte eine
Entschärfung. Auch die Präsidentin der Salzburger Festspiele, Helga Rabl
Stadler, forderte eine Entschärfung und warnte vor einem Absprung wichtiger
Sponsoren.
Kritiker wie der Finanzwissenschafter Werner Doralt warnen jedoch, dass damit der Korruption im öffentlichen Dienst wieder Tür und Tor geöffnet würde, weil sich beispielsweise Finanzbeamte von Wirtschaftsprüfern auf teure Festspielbesuche einladen lassen dürften.
"Sozial adäquate Handlungen"
Wie weit das
Justizministerium mit der nun geplanten Entschärfung gehen will, ist noch
unklar. Bestätigt wird im Büro von Bandion-Ortner nur, dass der Begriff des
"Amtsträgers" näher definiert werden soll. Außerdem will man eine Lösung für
den Umgang mit "sozial adäquaten Handlungen" (z.B. Essenseinladungen) finden
und wieder zwischen der Entgegennahme eines Geschenks für pflichtgemäße und
pflichtwidriges Verhalten unterscheiden. Für letzteres sollen die
Strafdrohungen im Gegenzug erhöht werden.
Das Gesetz soll nach Angaben des Justizministeriums noch vor dem Sommer in Begutachtung gehen und vom Nationalrat beschlossen werden.
Abgeordnete dürfen korrupt sein
Straffrei ist in Österreich
übrigens die Bestechung von Abgeordneten. Aus der 2008 in Kraft getretenen
Neuregelung hatte sich das Parlament erfolgreich herausreklamiert. Den
damals zugesagten Gesetzesentwurf, um die Lücke zu schließen, haben die
Abgeordneten allerdings bisher nicht vorgelegt.