Rubel muss rollen
Milliardenschwere Steuerpläne in Debatte
01.02.2010
Hier ein Überblick über die Maßnahmen, die die Regierung zwecks Budgetsanierung erwägt.
Angesichts des hohen Budgetdefizits bereitet die Große Koalition die Österreicher langsam aber sicher auf Steuererhöhungen vor. Die SPÖ wälzt entsprechende Pläne schon länger, am Wochenende sind auch drei ÖVP-Politiker mit Vorstößen an die Öffentlichkeit gegangen.
Mitterlehner, Spindelegger, Pühringer
Am Konkretesten wurde
ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der eine höhere
Mineralölsteuer in den Raum stellte. ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger
plädierte für eine Bankenabgabe, der oberösterreichische ÖVP-Landeshauptmann
Josef Pühringer für eine Vermögenszuwachssteuer. Beides hat auch die SPÖ
bereits gefordert. Ein Überblick über die Steuerideen der Koalitionsparteien:
Mineralölsteuer
Mit der Mineralölsteuer hat der Staat im
Vorjahr 3,8 Mrd. Euro verdient. Je Liter Benzin bezahlen Autofahrer derzeit
44,2 Cent in die Staatskasse, für Diesel sind es 34,7 Cent. Weil der
Steuersatz im benachbarten Deutschland aber deutlich höher ist (um 21,2 Cent
je Liter Benzin bzw. 12,3 Cent je Liter Diesel), kommen viele Deutsche zum
Tanken nach Österreich - ein gutes Geschäft für die Tankstellen in der
Grenzregion, aber auch eine Belastung der heimischen Klimabilanz um 8 Mio.
Tonnen CO2 pro Jahr. Mitterlehner stellt daher die Anhebung der MöSt auf
deutsches Niveau in den Raum. Die Mehreinnahmen dürften beträchtlich sein:
Laut einer Wifo-Studie würde allein ein Plus von 10 Cent je Liter eine Mrd.
Euro zusätzlich bringen.
Vermögenszuwachssteuer
Sowohl die SPÖ als auch Teile der ÖVP
sprechen sich für eine Ausdehnung (ÖVP) bzw. Streichung (SPÖ) der
Spekulationsfristen auf Aktiengewinne und Immobiliengeschäfte aus. Gewinne
aus Aktiengeschäften müssen derzeit nur dann versteuert werden, wenn sie
innerhalb eines Jahres nach Kauf der Aktie erzielt werden. Für Anleger, die
Wertpapiere nach Ablauf dieser einjährigen Spekulationsfrist verkaufen, sind
die Gewinne steuerfrei. Bei Immobiliengeschäften beträgt die Frist 10 Jahre.
Eine Streichung der Spekulationsfrist könnte nach Ansicht des Wifo rund 200
Mio. Euro bringen. Die AK rechnet sogar mit Einnahmen von bis zu 400 Mio.
Euro. Das Finanzministerium bezweifelt diese Größenordnung allerdings, da
auch Verluste mit Aktiengeschäften steuermindernd gegengerechnet werden
müssten.
Bankenabgabe
Reichlich unkonkret sind die Vorstellungen der
Regierung zu einer Bankensteuer - fest steht nur, dass die SPÖ sie will und
auch die ÖVP zunehmend darauf einschwenkt. ÖVP-Finanzminister Josef Pröll
hat kürzlich betont, "dass die Banken mitzahlen müssen". Spindelegger schlug
beim Weltwirtschaftsforum in Davos eine risikoabhängige Abgabe vor, die 500
Mio. Euro bringen könnte. Die selbe Summe nannte kürzlich auch SPÖ-Kanzler
Werner Faymann, der die Abgabe an die Höhe der Bilanzsumme der Banken
knüpfen möchte.
Finanztransaktionssteuer
Sowohl SPÖ als auch ÖVP plädieren für
eine Finanztransaktionssteuer. Diese nach einem Wirtschaftsnobelpreisträger
benannte "Tobin-Tax" belastet jede Art von finanzieller Transaktion (etwa
Devisengeschäfte) mit einer Steuer im Promillebereich. Sie könnte Experten
zufolge aber nur im europäischen Gleichklang eingeführt werden. Das IHS hält
für Österreich, je nach Höhe der Abgabe, zusätzliche Einnahmen von 320 bis
2,2 Mrd. Euro für möglich. Ähnliche Zahlen hat auch das Wifo errechnet:
Demnach würde ein Steuersatz von 0,1 Prozent des Transaktionsvolumens in
Österreich 1,6 Mrd. Euro bringen, ein Satz von 0,01 Prozent etwa 500 Mio.
Euro.
Stiftungen
Die SPÖ drängt bereits seit Jahren auf höhere Steuern
für Stiftungen. Konkret will die Partei die ermäßigte Kapitalertragssteuer
innerhalb von Stiftungen streichen: Nicht entnommene Kapitalgewinne werden
derzeit nämlich nur mit 12,5 statt 25 Prozent KESt belastet. Die AK hält
hier mehrere 100 Mio. Euro an Zusatzeinnahmen für möglich. Allerdings wäre
ein Gutteil dieser Mehreinnahmen wohl ein Nullsummenspiel: Die ermäßigte
KESt gilt nämlich schon jetzt nur innerhalb der Stiftung. Wird das Geld aus
der Stiftung entnommen, müssen die restlichen 12,5 Prozent auf die volle
Kapitalertragssteuer von 25 Prozent nachversteuert werden.
Börsenumsatzsteuer
Sollte die Einführung einer europäischen
Finanztransaktionssteuer nicht gelingen, plädiert die SPÖ für die
Wiedereinführung der von der schwarz-blauen Koalition abgeschafften
Börsenumsatzsteuer. Bis 1. Oktober 2000 mussten Anleger für alle
Aktiengeschäfte 0,15 Prozent des Geschäftsvolumen an den Staat abführen.
Derzeit haben laut Wifo noch neun EU-Staaten inklusive Großbritannien mit
dem wichtigen Börsenplatz London eine derartige Abgabe. Bringen könnte die
Abgabe laut Kammer der Wirtschaftstreuhänder 100 bis 150 Mio. Euro. Bei
ihrer Abschaffung im Jahr 2000 bezifferte der damalige FPÖ-Finanzminister
Karl-Heinz Grasser den Steuer-Ausfall mit 2 Mrd. Schilling (145 Mio. Euro).
Mehrwertsteuer
Der einfachste Weg zur Budgetsanierung wäre wohl
eine Anhebung der Mehrwertsteuer. So hatte Deutschland die Mehrwertsteuer
Anfang 2007 von 16 auf 19 Prozent erhöht. In Österreich liegt der
Mehrwertsteuersatz derzeit bei 20 Prozent. Eine Anhebung um einen
Prozentpunkt würde rund eine Mrd. Euro bringen. Vor allem SPÖ-Chef Faymann
hat eine Anhebung der "Massensteuern", insbesondere der Mehrwertsteuer,
zuletzt abgelehnt. Möglich wäre aber auch eine Streichung von Ausnahmen - so
würde allein die Abschaffung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes im
Kulturbereich (Museen, Kino etc.) laut Experten rund 250 Mio. Euro bringen.