Die Regierung hat nach jahrelanger Debatte endlich die Grundsicherung fixiert. Die Landesgesetze müssen aber noch angepasst werden.
Der Ministerrat hat am Dienstag die Mindestsicherung endgültig auf den Weg gebracht. Die Beschlüsse des Bundes etwa bezüglich einer Anhebung der Notstandshilfe wurden von der Regierung abgesegnet. Trotzdem dürfte die Mindestsicherung nicht überall wie geplant schon im September in Kraft treten. Oberösterreich hat heute bereits eine Verschiebung auf Anfang 2011 angekündigt. Terminprobleme gibt es etwa auch in Kärnten und Salzburg.
Das Prinzip der bedarfsorientierten Mindestsicherung ist es, dass Menschen in Notlagen nicht unter einem bestimmten Mindeststandard fallen. Dieser orientiert sich an der so genannten Ausgleichszulage für Pensionisten und beträgt abzüglich der Krankenversicherungsbeiträge derzeit 744 Euro netto monatlich für Einzelpersonen, 1.116 Euro für Paare und 134 Euro pro Kind. Wer also weniger zur Verfügung hat, bekommt seine Einkünfte - sei es aus Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit - auf diesen Mindeststandard aufgestockt.
Diese Mindeststandard-Beträge setzen sich zusammen aus einem 75-prozentigem Grundbetrag und einem 25-prozentigem Wohnkostenanteil. Letzterer fällt weg, wenn man zum Beispiel bei den Eltern wohnt oder über eine Eigentumswohnung verfügt und daher keine Miete zahlt.
270.000 Empfänger
Von der Mindestsicherung profitieren
werden etwa 270.000 Menschen, darunter 165.000 Sozialhilfebezieher und
90.000 Notstandshilfeempfänger. Ein wesentlicher Vorteil der
Mindestsicherung ist, dass bisher Nicht-Versicherte in die
Krankenversicherung aufgenommen werden und so eine E-Card erhalten. Der
Bezug der Mindestsicherung ist an Arbeitsbereitschaft geknüpft und sieht bei
Arbeitsweigerung Leistungskürzungen und im Extremfall den Entfall des
Leistungsanspruches vor.
Hängematten-Diskussion
Dementsprechend wandte sich
Bundeskanzler Werner Faymann (S) auch gleich prophylaktisch gegen
Darstellungen, wonach es sich bei der Mindestsicherung um eine soziale
Hängematte handeln würde. Es gebe keine Wahl zwischen Mindestsicherung oder
Arbeit, versicherte der SPÖ-Chef. Die Mindestsicherung sei eine konkrete
Maßnahme zur Armutsbekämpfung, aber auch zur Wiedereingliederung von
Menschen in den Arbeitsprozess.
Umsetzungsprobleme
Probleme gibt es allerdings noch bei der
Umsetzung in den Ländern, die erst die entsprechenden Beschüsse für das
Inkrafttreten der Mindestsicherung fällen müssen. Kärnten und Salzburg waren
heute nicht sicher, dass es sich bis September ausgeht. Oberösterreich
kündigte bereits eine Verschiebung an. Für den Zeitraum zwischen 1.
September und dem tatsächlichen Inkrafttreten denkt man an Regelungen, die
einen adäquaten Übergang von der Sozialhilfe zur Mindestsicherung
gewährleisten sollen. Caritas und Volkshilfe appellierten an die Länder, den
Zeitplan einzuhalten.
"Husch-Pfusch-Aktion"
Kritik kam von der Opposition.
Grünen-Chefin Eva Glawischnig hält die Höhe der Zahlungen für zu niedrig, um
existenzsichernd zu sein. Von einer "Sicherung der Faulen" sprach hingegen
BZÖ-Chef Josef Bucher. Die FPÖ befürchtet eine "Husch-Pfusch-Aktion".