Langsam melden sich Stimmen in der ÖVP gegen den jüngsten Koalitionsbeschluss zur abgespeckten Variante.
Der ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB hat dafür gesorgt, dass die Debatte um die Mindestsicherung weiter anhält. Dessen Generalsekretärin Beatrix Karl brach am Sonntag mit der Parteilinie und kritisierte die - von der Regierung bereits ausgemachte - gekürzte Variante. Hoffnung machte dieser Vorstoß wiederum SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, der nun weitere Gespräche starten will. ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger würgte die Debatte aber sofort ab.
"Keine soziale Hängematte"
Karl plädierte dafür,
die Mindestsicherung wie ursprünglich geplant mit 14 Monatsraten
auszuzahlen. Dass die 733 Euro als "soziale Hängematte" - wie es Parteichef
Josef Pröll bezeichnet hatte - interpretiert werden könnte, glaubt sich
nicht. "So hoch ist die Summe auch nicht." Karl gab zu, dass die Kürzung der
Mindestsicherung auf zwölf Monatsraten für sie "überraschend" gekommen sei.
Sie hofft noch auf eine Nachbesserung.
Keine "Lizenz zum Nichtstun"
Hoffnung lösten Karls
Aussagen in der SPÖ aus. Deren Bundesgeschäftsführer meldete sich zu Wort,
um "sofortige konkrete Verhandlungen" anzubieten. Schon in der kommenden
Woche könnten die "Nachbesserungen" der monatlichen Mindestsicherung außer
Streit gestellt werden. Zudem forderte Kräuter eine Informationskampagne der
Bundesregierung um einerseits die Anspruchsberechtigten zu informieren,
andererseits um jeglichen Anschein einer "Lizenz zum Nichtstun" auf Kosten
der Allgemeinheit zu zerstreuen.
ÖVP-Spitze strikt gegen Mehr
Kaltenegger stoppte schließlich
die beim Koalitionspartner ausgebrochene Euphorie. Der schwarze
Generalsekretär Kaltenegger ließ wissen, dass der Beschluss "von der
Regierung gemeinsam gefasst worden" sei und daher auch gemeinsam getragen
werde. Für die ÖVP sei "oberste Priorität, die Menschen in Beschäftigung zu
halten". Deshalb dürfe auch kein finanzieller Anreiz geschaffen werden,
Arbeitszeiten zu reduzieren oder aktive Arbeit gänzlich aufzugeben, so
Kaltenegger.
"75 % bekommen mehr als bisher"
Koalitionsdisziplin
bewies auch SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der die Kürzung der
Mindestsicherung verteidigte. Schon bei zwölfmal 733 Euro würden 75 Prozent
aller Notstands- oder Sozialhilfebezieher mehr bekommen als derzeit. Der
Kreis der Bezieher würde sich so erweitern. Hundstorfer wäre es zwar "auch
lieber, die Mindestsicherung würde 14 Mal ausbezahlt". Die Frage sei aber:
"Erreicht man nur zwölfmal - oder gar keinen Beschluss?"
Auch die Opposition mischte sich in die Debatte um die Mindestsicherung ein. BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner sprach von einem "absurden Streit auf dem Rücken der Betroffenen" und forderte die anderen Bundesländer auf, das "Kärntner Modell" der Mindestsicherung zu übernehmen. Die Grünen nannten die ÖAAB-Kritik einen "brauchbaren Vorstoß der Vernunft", dieser solle in der ÖVP nicht abgewürgt werden.