Strafrechtler Frank Höpfel meint, damit könnte die Regierung oder das Parlament für Klarheit in der Causa sorgen.
Der Bund hätte in der Ortstafel-Causa die Möglichkeit einer Ministeranklage gegen den Kärntner BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Darauf macht der Strafrechtler Frank Höpfel aufmerksam. Die Regierung könnte einen Anklage beim Verfassungsgerichtshof erheben, bzw. der Nationalrat eine solche beschließen.
Präzedenzfall Haslauer
Eine derartige Anklage gegen einen
Landeshauptmann durch die Regierung hat es bereits einmal gegeben - Mitte
der 80er Jahre gegen den Salzburger ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
Er hatte am 8. Dezember 1984 entgegen einer Weisung des Sozialministers die
Geschäfte offen gehalten. Der VfGH verurteilte sein Vorgehen damals und
stellte fest, dass eine Rechtsverletzung vorliege - weitere Konsequenzen gab
es aber nicht.
Zur Klärung der Vorsatzfrage
Wenn der Mangel an Vorsatz, der
sogenannten Wissentlichkeit als Hindernis angesehen wird (wie in dem gegen
Dörfler eingestellten Verfahren), dann könnte man das Ganze mittels
Ministeranklage klären, so Höpfel. Nach Meinung des Experten würde diese
auch dem politischen Charakter der Angelegenheit entsprechen und wäre damit
eine "saubere Vorgehensweise".
Mayer widerspricht Bandion
Der Verfassungsexperte Heinz Mayer
teilt die Auffassung von ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner in
Sachen Vorsatz nicht. Das Kernargument von Bandion-Ortner: Der
Verfassungsgerichtshof habe mehrmals ausgesprochen, dass es kein subjektives
Recht des Einzelnen bzw. einer Gruppe von Minderheitenangehörigen auf
Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln gibt. Und, wo keine Schädigung eines
Rechts möglich ist, dort ist auch kein Schädigungsvorsatz möglich.
"Hat damit nichts zu tun"
Für Mayer ist die
Begründung, dass keine Schädigungsabsicht vorlag, nicht nachvollziehbar: "Richtig
ist zunächst, dass es kein subjektives Recht der Volksgruppen auf
Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln gibt. Das hat aber mit der Frage,
ob jemand Amtsmissbrauch begeht, weil er sie rechtswidriger Weise nicht
aufstellt, nichts zu tun."
Objektive Rechtsverletzung
"Amtsmissbrauch setzt nicht
voraus, dass irgendjemand in seinen subjektiven Rechten geschädigt wird.
Sondern es genügt an sich objektive Rechtsverletzung. So ist zum Beispiel
ein Betriebsprüfer oder ein Verwaltungsbeamter wegen Amtsmissbrauchs zu
verurteilen, wenn er einen Steuerpflichtigen Vorteile gewährt, oder wenn er
Verwaltungsstrafsachen verjähren lässt. Und es wurden eine Reihe von
Bürgermeistern verurteilt, die gegen Schwarzbauten nicht vorgegangen sind.
Und bekanntlich hat ja niemand ein Recht darauf, dass er bestraft wird oder
dass er viel Steuer zahlen muss."
"Wenn man will, kommt nichts heraus"
Der Staat habe
ein Recht darauf, dass seine Gesetze eingehalten werden, betont der
Verfassungsjurist und nennt als Beispiele die Steuergesetze oder das
Verwaltungsstrafrecht. Für eine gesetzliche Klarstellung sieht Mayer keine
Notwendigkeit. Die Rechtslage sei ausreichend genau und durch Rechtsprechung
und Lehre klargestellt. "Wenn man will, kann man auch die eindeutigste
Rechtslage so interpretieren, dass nichts herauskommt."
Gegen politische Lösung
Anders als Justizministerin
Bandion-Ortner glaubt Mayer nicht, dass zur Durchsetzung der Ortstafelfrage
eine Verordnung des Bundesregierung notwendig ist. Der Staatsvertrag sei
unmittelbar von den Behörden zu vollziehen. Es wäre zwar besser, wenn man
politische Konflikte ohne Strafrecht lösen könnte. "In
manchen Fällen ist aber das Strafrecht als ultima ratio notwendig",
sagt Mayer. Eine Verordnung würde die Situation außerdem überhaupt nicht
ändern. Das Problem sei eben, dass man keine zweisprachigen Ortstafeln will.