Aus dem Innenministerium wird bestätigt, dass sie den Ermittlungsfehlern im Fall Kampusch 2006 bewusst nicht nachgegangen sind.
Zumindest vor der Wahl im Jahr 2006 sollte nichts von den Ermittlungsfehlern an die Öffentlichkeit gelangen. ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon bestätigte diese Tatsache am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" mit dem Satz: "Liese Prokop hat klug entschieden." Er meinte damit die Einscheidung der damaligen ÖVP-Innenministerin, die Panne, die unter ihrem SPÖ-Vorgänger Karl Schlögl passiert sei, erst nach der Wahl aufklären zu lassen.
"Evaluierung war das Ziel"
Der ÖVP-Generalsekretär
fügte aber hinzu, dass Prokop die Ermittlungspanne nach der Wahl im Oktober
2006 aufklären lassen wollte. Er, Missethon, schließe das aus dem nunmehr
aufgetauchten E-Mail-Verkehr zwischen Herwig Haidinger und einem Mitarbeiter
Prokops. Es sei nie gesagt worden, dass es keine Evaluierung gibt. "Wenn
das nicht schon im September passieren hat müssen, in der heißesten Phase
des Nationalratswahlkampfs, dann verstehe ich das, aber das Ziel war immer,
dass eine Evaluierung stattfindet", sagte Missthon.
Missethon fühlt sich missverstanden
Wenig später wollte
Missethon jedoch nichts mehr davon wissen. Die ÖVP hat erneut alle Vorwürfe
des ehemaligen Leiters des Bundeskriminalamts Herwig Haidinger
zurückgewiesen. Generalsekretär Hannes Missethon fühlt sich zudem
missverstanden. Für ihn sei immer klar gewesen, dass die Evaluierung des
Falles Kampusch erst nach Abschluss der Ermittlungen beginnen könne, meinte
er wenige Stunden nach dem Ö1-Interview. Einen Zusammenhang mit der
Nationalratswahl habe es nie gegeben.
Auch nach der Wahl keine Evaluierung
Doch auch nach der Wahl
passierte nichts. Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, erklärt auf
seiner Website, dass Haidinger die Evaluierung - auch nach der Wahl -
verlangt habe. Auf der Homepage des Abgeordneten ist zu lesen: "Schon
am 26. September schrieb er (Haidinger, Anm.) an Kabinetts-Mitarbeiter
Treibenreif (Cobra-Chef Bernhard): 'Inhalt dieser Weisung war auch eine
zeitliche Komponente: Nämlich bis zu dem Nationalratswahlen damit
zuzuwarten. Dieser Termin ist mit kommendem Sonntag erreicht. Danach
beabsichtige ich eine Evaluierung des Falles zu beauftragen. Ich hoffe, die
Ressortleitung ist damit einverstanden (hebt also die derzeit noch
bestehende Weisung auf).'"
Auch Platter verweigerte Untersuchung
Obwohl sich die Ministerin
laut Pilz weigerte, den Fall untersuchen zu lassen, habe Haidinger am 21.
November 2006 ein Konzept für die Evaluierung vorgelegt. Laut Pilz wurde die
Weisung der Ministerin, den Fall nicht untersuchen zu lassen, nicht
aufgehoben. "Die Ministerin ließ weiter vertuschen", schrieb
der Grüne Mandatar. Auch unter Günther Platter (V) habe es Haidinger erneut
versucht. Der aktuelle Innenminister habe sich aber ebenfalls geweigert, die
Weisung aufzuheben.
Platter gibt sich unschuldig
Innenminister Günther Platter (V)
hatte am Donnerstagabend in Abrede gestellt, dass Prokop die Untersuchung
von Fahndungsfehlern im Fall Kampusch unterdrückt haben könnte. Er stellte
die Frage, warum Prokop so etwas nicht hätte untersuchen lassen sollen, wo
es doch unter einem SPÖ-Minister passiert sei.
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