"Klug entschieden"

Missethon bestätigt Vertuschung im Fall Kampusch

08.02.2008

Aus dem Innenministerium wird bestätigt, dass sie den Ermittlungsfehlern im Fall Kampusch 2006 bewusst nicht nachgegangen sind.

Zur Vollversion des Artikels
Zur Vollversion des Artikels

Zumindest vor der Wahl im Jahr 2006 sollte nichts von den Ermittlungsfehlern an die Öffentlichkeit gelangen. ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon bestätigte diese Tatsache am Freitag im Ö1-"Morgenjournal" mit dem Satz: "Liese Prokop hat klug entschieden." Er meinte damit die Einscheidung der damaligen ÖVP-Innenministerin, die Panne, die unter ihrem SPÖ-Vorgänger Karl Schlögl passiert sei, erst nach der Wahl aufklären zu lassen.

"Evaluierung war das Ziel"
Der ÖVP-Generalsekretär fügte aber hinzu, dass Prokop die Ermittlungspanne nach der Wahl im Oktober 2006 aufklären lassen wollte. Er, Missethon, schließe das aus dem nunmehr aufgetauchten E-Mail-Verkehr zwischen Herwig Haidinger und einem Mitarbeiter Prokops. Es sei nie gesagt worden, dass es keine Evaluierung gibt. "Wenn das nicht schon im September passieren hat müssen, in der heißesten Phase des Nationalratswahlkampfs, dann verstehe ich das, aber das Ziel war immer, dass eine Evaluierung stattfindet", sagte Missthon.

Missethon fühlt sich missverstanden
Wenig später wollte Missethon jedoch nichts mehr davon wissen. Die ÖVP hat erneut alle Vorwürfe des ehemaligen Leiters des Bundeskriminalamts Herwig Haidinger zurückgewiesen. Generalsekretär Hannes Missethon fühlt sich zudem missverstanden. Für ihn sei immer klar gewesen, dass die Evaluierung des Falles Kampusch erst nach Abschluss der Ermittlungen beginnen könne, meinte er wenige Stunden nach dem Ö1-Interview. Einen Zusammenhang mit der Nationalratswahl habe es nie gegeben.

Auch nach der Wahl keine Evaluierung
Doch auch nach der Wahl passierte nichts. Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, erklärt auf seiner Website, dass Haidinger die Evaluierung - auch nach der Wahl - verlangt habe. Auf der Homepage des Abgeordneten ist zu lesen: "Schon am 26. September schrieb er (Haidinger, Anm.) an Kabinetts-Mitarbeiter Treibenreif (Cobra-Chef Bernhard): 'Inhalt dieser Weisung war auch eine zeitliche Komponente: Nämlich bis zu dem Nationalratswahlen damit zuzuwarten. Dieser Termin ist mit kommendem Sonntag erreicht. Danach beabsichtige ich eine Evaluierung des Falles zu beauftragen. Ich hoffe, die Ressortleitung ist damit einverstanden (hebt also die derzeit noch bestehende Weisung auf).'"

Auch Platter verweigerte Untersuchung
Obwohl sich die Ministerin laut Pilz weigerte, den Fall untersuchen zu lassen, habe Haidinger am 21. November 2006 ein Konzept für die Evaluierung vorgelegt. Laut Pilz wurde die Weisung der Ministerin, den Fall nicht untersuchen zu lassen, nicht aufgehoben. "Die Ministerin ließ weiter vertuschen", schrieb der Grüne Mandatar. Auch unter Günther Platter (V) habe es Haidinger erneut versucht. Der aktuelle Innenminister habe sich aber ebenfalls geweigert, die Weisung aufzuheben.

Platter gibt sich unschuldig
Innenminister Günther Platter (V) hatte am Donnerstagabend in Abrede gestellt, dass Prokop die Untersuchung von Fahndungsfehlern im Fall Kampusch unterdrückt haben könnte. Er stellte die Frage, warum Prokop so etwas nicht hätte untersuchen lassen sollen, wo es doch unter einem SPÖ-Minister passiert sei.

SPÖ droht ÖVP mit U-Ausschuss
Die Opposition reagiert auf den Behörden-Skandal mit Schimpf-Attacken auf die ÖVP. Koalitionspartner SPÖ droht der ÖVP mit dem U-Ausschuss. Lesen Sie hier alles weitere.

Experte: Vertrauen der Bevölkerung ist weg
Das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden ist durch die Vertuschung und mögliche Korruption im Innenministerium jetzt endgültig zerstört. Lesen Sie hier mehr dazu.

Nataschas Mutter: "Die Alpträume beginnen wieder"
Auch die Mutter von Natascha Kampusch, äußert sich in einem Interview: "Die Alpträume beginnen wieder." Lesen Sie hier mehr dazu.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel