Innenpolitische Situation, "die mir Sorgen macht".
Der zurückgetretene Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner hat am Mittwochvormittag seine Amtsgeschäfte offiziell an seinen Nachfolger Harald Mahrer übergeben. Bei der kurzen Zeremonie im Marmorsaal des Wirtschaftsministeriums appellierte Mitterlehner an alle politischen Kräfte, (verbal) "abzurüsten" und wieder zur "Gesprächsfähigkeit" zurückzukommen.
Mitterlehner sagte, die aktuelle innenpolitische Situation habe eine Entwicklung genommen, "die mir Sorgen macht". Derzeit habe der "Machtpoker in der Republik in einem enormen Ausmaß die Oberhand übernommen". Es sei eine Situation "nahe an einer Staatskrise", da die Kooperationsbereitschaft "offensichtlich nicht mehr so ist, wie sie sein sollte". Sein Appell zur Abrüstung und Einschränkung gelte nicht nur für die Regierungsfraktionen, sondern auch für die Opposition, merkte Mitterlehner an. Es dürfe nicht zu einer Situation des Stillstandes kommen, die womöglich auch nach der Neuwahl andauern könnte.
Warnung vor "teuren Geschenken"
Gleichzeitig warnte Mitterlehner - wohl auch angesichts des von SP-Seite in den Raum gestellten "freien Spiels der Kräfte" -, in der "Übergangszeit nun teure Geschenke auf Kosten der Steuerzahler zu verteilen.
Seine nach dem angekündigten Rücktritt in den letzten Tagen konsequent weitergeführte Sacharbeit sei auch darin begründet gewesen, dass er eben einem solchen Stillstand entgegenwirken wollte, gab Mitterlehner zu verstehen. Seinen Dank richtete der scheidende Minister an alle Mitarbeiter des Hauses, immerhin habe er "3.089 Tage" im Ministerium arbeiten dürfen. Dabei habe er 340 Regierungssitzungen "mitabgewickelt", nur zehn Ministerräte versäumt und insgesamt rund 600.000 Kilometer beruflich zurückgelegt.
Seinem Nachfolger, dem bisherigen Wirtschaftsstaatssekretär Mahrer, wünschte er "viel Erfolg - das Land wird es brauchen". Angesichts dessen, dass Mahrer schon bisher im Ministerium als Staatssekretär tätig war, bedürfe es keinerlei Einarbeitungszeit, so Mitterlehner. Mahrer besitze auch die fachliche Kompetenz für das Amt sowie die notwendige "Diskursfähigkeit", um bis zur Wahl noch wichtige Projekte umzusetzen.
Fitnessarmband mit Pulsfunktion als Abschiedsgeschenk
Zum Abschluss überreichte Mitterlehner seinem Nachfolger ein Fitnessarmband, das unter anderem die Pulsfrequenz aufzeichnen kann. Es sei oft gut, den Puls in der Politik unten zu halten, merkte Mitterlehner an. Und der integrierte Schrittzähler solle dazu motivieren, auch zu Fuß und nicht nur mit dem Dienstauto unterwegs zu sein. "Er ist schlank, er hat die besten Voraussetzungen", scherzte Mitterlehner.
Mahrer wiederum dankte seinem Vorgänger für das auch schon in seiner Zeit als Staatssekretär geschenkte Vertrauen, Mitterlehner habe ihm stets viel Handlungsspielraum gelassen. Gleichzeitig versicherte er, die verbleibende Zeit bis zum Wahltag zu nutzen, "mit Augenmaß, Besonnenheit und Ruhe" noch "zentrale Projekte abzuarbeiten" - etwa die Studienplatzfinanzierung, die Anhebung der Forschungsprämie oder den Beschäftigungsbonus.
Das offenbar gute Verhältnis der beiden spiegelte sich auch im Geschenk Mahrers an Mitterlehner wider: Er überraschte seinen Vorgänger mit einem Trikot des englischen Fußballklubs Chelsea. Damit "Fußball-Auskenner" Mitterlehner dieses auch bald überstreifen kann, gab es als Draufgabe einen Gutschein für einen "gemeinsamen Trip" zu einem Match des Klubs nach England. Die Reise werde man im Herbst gemeinsam absolvieren, kündigte Mahrer an.